Drei Alben, drei Tipps, drei Meinungen. In unserer samstäglichen Filter-Kolumne wirft die Redaktion Musik in die Runde, die erwähnenswert ist. Weil sie neu ist, plötzlich wieder relevant, gerade entdeckt oder nie vergessen. Und im Zweifelsfall einfach ein kurzweiliger Zeitvertreib ist.
##German Error Message – Haunts
Susann: Wenn ich eine Liste mit schrulligen-aber-irgendwie-guten-und-warum-ist-mir-das-nicht-eingefallen Bandnamen erstellen müsste, dann rangiert German Error Message ganz sicher auf den vorderen Plätzen. Unter diesem Namen macht Paul Kintzing aus Nashville mit wechselnder Besetzung, die vermutlich aus dem Freundeskreis rekrutiert wurde, in allerschönster DIY-Mentalität Folk-Musik. Das dazugehörige Cover, ein analoges, verwackeltes Foto von einem Teenagerjungen in Halloween-Montur und der letzte Song „Everything is scary“ haben dann endgültig mein Herz gewonnen. Das passende Musikvideo zeigt ein diffuses, skurriles Schattentheater mit naiv-ausgeschnittener Kulisse, fallenden Blättern und Glaslichtspielen. Ich wüsste nicht, wann ich in letzter Zeit eine derart günstige Albumpromotion sah, die so poetisch und berührend ist. Denn trotz aller DIY-Mentalität hört sich German Error Message nach Qualität an: Gute Melodien, vielfältige und interessante Instrumentierung, ein bisschen phlegmatische und düstere, aber dennoch evokative Texte. Außerdem scheint Paul Kintzing ein sympathischer und kauziger Typ zu sein: Die Nachricht, dass der Kater eines Fans seine Musik lieben und immer dazu einschlafen würde, kommentierte der Musiker auf seinem Blog mit einem fast unironisch-kurzen „This is my goal in making music“.
##V/A – Beatitude 2
Thaddeus: Lowriders Recordings aus Rotterdam kämpft schon seit 2010 an der Bass-Music-Front. Bass, das ist bei diesem über alle Maße sympathischen Label als kunterbunter Sammelbegriff zu verstehen, veröffentlicht wurde hier bereits so ziemlich alles von HipHop über House bis zu Skweee und Elektronika. Und kunterbunt ist auch das Stichwort für die neue Compilation „Beatitude 2“, die den aktuell prokrastinierenden Sommer mit Beats bespielt. Und mit Bass. Wer das Label in den vergangenen Jahren verfolgt hat, trifft hier einige alte Bekannte (FilosofischeStilte zum Beispiel, aber auch Strand und Marsman), einige immer wieder angeheuerte Remixer, aber auch Produzenten, die auf dieser Compilation ihr Lowriders-Debüt geben und von denen in der Zukunft neues Material kommen soll. Das Tolle an „Beatitude 2“ ist, dass die Tracks mehr oder weniger unberechenbar durch den Garten schieben, immer ein bisschen weird sind und eben nicht auf die aufgeblähten Produktionstechniken setzen, die einem sonst so ins Ohr fliegen und sich dann dort verfangen: Wir wissen ja alle, wohin das führt oder führen kann. Esgar zum Beispiel legt mit „Listen“ einen paradebeispieligen musikalischen Aufsatz in Sachen Leere vor. Nur das Wobbeln zieht einen tief hinein. Kypsi reagiert mit „Thank You“ (muss man ja eigentlich sowieso viel öfter sagen!), einem Stück, das so klingt, als stünde das Harmonic-313-Revival endlich ins Haus. Oder eben Strand, der mit „The Russians“ (wo das nun wieder herkommt?!) genau den Moment orchestriert, in dem die Sonne vermeintlich hinter dem 8Bit-Himmel verschwindet. Nur Hits, leider alles super. Und noch besser: Die Compilation ist kostenlos. Ein paar Euro sollte man beim Download auf Bandcamp dann aber doch in Richtung Rotterdam kippen. Bittedanke.
Abra – Princess
Benedikt: Synthiesounds direkt aus den 80ern, gepaart mit einem teils rudimentären Arrangement von verwaschenen Beats zwischen HipHop, R’n’B und mal mehr mal weniger schrillem Pop. Darüber Abras Stimme: flüchtig ins billige Mikro gesungen und doch gerade deshalb so auf den Punkt. Wieder ist ein Feature dabei mit Tommy Genesis und ihrem wunderbaren Flow, der immer zwischen Dehnungen und Stakkato changiert. Cloud-Rap, Bedroom Pop, Tumblr-chic – typische Zuschreibungen, mit denen jedes Release aus dem Umfeld von Awful Records, zu dem auch Abra zählt, geschmückt wird. Einfaches Equipment, DIY-Kultur und eine dicke Staubschicht auf der Akustik wirken wie ein Instagram-Filter auf der Tonspur fast aller Künstler der Clique. Das von Father gegründete Label aus Atlanta ist (bislang) weniger für die unter seinem Dach veröffentlichten Platten bekannt, als vielmehr für seinen Dunstkreis, in dem sich Künstler wie Tommy Genesis, Lord Narf oder eben Abra bewegen und eine bestimmte Ästhetik prägen, akustisch wie visuell. Ob eine Platte dann letztendlich überhaupt über dieses oder gleich ein anderes Label erscheint (wie hier), ist in der Wahrnehmung schon nicht mehr wirklich relevant. Überraschen oder mit wirklich neuem Aufwarten kann Abra auf ihrer gut zwanzig Minuten langen EP nicht. Macht aber nichts. Wenn die Musik aus ihrem heimischen Laptop-DIY-Studio schon so klingt, müssen wir uns nur gedulden. Sie wird den Schritt ins große Studio noch gehen. Die Sache mit dem Instagram-Filter ist nämlich irgendwann durch. #nofilter.