Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.
##Star-Trek-Kommunismus
Seit 50 Jahren begleitet uns mit Star Trek nicht nur eine geographisch romantische zu-den-Sternen-fliegen-Saga, sondern auch eine soziologisch romantische: Es gibt keine Konkurrenz mehr, kein Geld, es herrscht Quasi-Endkommunismus. Eine Welt, die sich die Autorin dieses Textes herbeiwünscht: Replikatoren, mit denen sich Captain Picard allabendlich seinen Earl Grey baut, brauche es nicht – es sind doppelt so viel Nahrungsmittel vorhanden, wie verbraucht werden. Und mittels des Cockshott‘schen Verteilungssystems, das Produktivität in Gegenwerte umrechnet, für die man Anspruch auf Güter erheben kann, könne man eine postkapitalistische Allokation vornehmen. Praktischerweise sei Monogamie dank Tinder auch ein Teil der Vergangenheit. Was hat das mit Wirtschaft zu tun? Ein herrlich naiver Millennial-Text: eine sexy Utopie, ein so konzise wie eine Instagram-Timeline strukturierter Gedankengang. Außerdem: Wer, wenn nicht Wesley Crusher, ist der Prototyp des postkapitalistischen, intergalaktischen Yuppie, dem es nur noch ums Bestersein und Ansehen geht?
Geldgegebene Weltordnung statt gottgegebener Weltordnung. Das klingt zwar irgendwie moderner, liegt aber immer noch weit unter unseren Möglichkeiten.
##Žižek nicht kennen
Den Philosophen Slavoj Žižek könnte man sich ja ganz gut an Bord eines endkommunistischen (s. Text gegenüber) Raumschiffs vorstellen, fraglich nur wäre, ob er seine verschwitzten Hemden gegen Uniformen eintauschen und sein betont leicht ungepflegtes Äußeres in die Star-Trek-Gestriegeltheit eingliedern lassen würde. Wer Slavoj Žižek ist, wissen wir ja alle. Nicht? Rosa Lyster treibt gerne mal ein Spielchen mit Konversationspartnern: Einfach mal jemanden (angeblich) nicht kennen. Es treibe das Gegenüber in den Wahnsinn! Wie kann man den nicht kennen? Morrissey? Nie gehört. Banksy wer? Twin Peaks? Und besonders wirksam: Steampunk. Welche Spielregeln einzuhalten sind, damit der Treffer sitzt, verrät die Autorin praktischerweise auch gleich. Und man möchte hinzufügen: Mit genug Selbstbewusstsein kann man auch so tun, als kenne man Žižek nicht, obwohl man ihn echt nicht kennt (und wer tut das schon wirklich).
This is the beating heart of the Žižek Game: the disbelief that something you care about has failed to register on the consciousness of another. The agony of suspecting that someone has looked at Slavoj Žižek’s Wikipedia page and thought “I do not need to know about this man.”
##Die Menschen hinter den Playlisten
Man kann es für eine Bevormundung halten oder einfach als Inspirationsquelle dankend in Anspruch nehmen. Fest steht, dass die Playlist im Zeitalter des Musik-Streamings immer mehr an Bedeutung gewinnt. Sagen die Anbieter und können dies mit Zahlen auch belegen. Die Playlisten sind auch der Ort innerhalb der Software, an dem es heftig menschelt. Denn Algorithmen hin oder her: Bei Apple, Spotify und Google sitzen Menschen, die den ganzen Tag nichts anderes tun, als genau diese Listen zu befüllen. Reggie Ugwu von Buzzfeed hat sie besucht. Es sind Profis, Nerds, Junkies mit langjähriger Erfahrung im Musikgeschäft. Und doch werden sie namentlich nie erwähnt, sind lediglich kleine Rädchen im Spiel um kostenpflichtige Abonnements. Ugwu bekommt umfassenden Einblick. Über die Ausgangspunkte zu neuen Listen, über inhaltliche Abwägungen, über die technischen Möglichkeiten zu prüfen, wie gut eine Liste funktioniert oder nicht, wie nachgebessert wird und mit welchen Problemen die Teams oft zu kämpfen haben. Es gibt sie wirklich, die Menschen hinter der Software.
„1 out of every 5 plays across all streaming services today happens inside of a playlist. And that number, fueled by prolific experts, is growing steadily.“
##Die ultimative Geschmacksformel
Der koreanisch-amerikanische Koch David Chang ist in den USA ein richtiger Star. Er führt mittlerweile über 20 Restaurants in New York, Sydney, Toronto und Washington. Sein Franchise Momofuku steht für eine der einflussreichsten Kochstile Amerikas zu Zeit, da es asiatische, europäische und amerikanische Küche wie selbstverständlich zusammenbringt. Für Wired beschreibt Chang seine Suche nach dem Code des guten Geschmacks und was Logik mit der ganzen Sache zu tun hat.
„Normally we think of a balanced dish as being neither too salty nor undersalted. I think that’s wrong. When a dish is perfectly seasoned, it will taste simultaneously like it has too much salt and too little salt. It is fully committed to being both at the same time.“
The secret Code to unleashing the world’s most amazing flavors