Drei Alben, drei Tipps, drei Meinungen. In unserer samstäglichen Filter-Kolumne wirft die Redaktion Musik in die Runde, die erwähnenswert ist. Weil sie neu ist, plötzlich wieder relevant, gerade entdeckt oder nie vergessen. Und im Zweifelsfall einfach ein kurzweiliger Zeitvertreib ist.
##Pearson Sound – s/t
Ji-Hun: Es kommt wie eine Ewigkeit vor. Es war um 2008 als alle Musikkenner, -wisser und -checker vom Dubstep-Fieber infiziert waren. Labels wie Hyperdub oder Hessle Audio boten ausreichend Wunschprojektionsfläche für die Befreiung der stoischen Technobassdrum. Ob Diskurs, Bassfetischismus oder pure Soundgewalt, alles fand sich dort unter einem zackigen 140 BPM-Zelt wieder. Neben Dubstep fiel oft das Wort Wunderkind. Vor allem seinerzeit sehr junge Produzenten wussten Begeisterungsfeuer zu entfachen. Ob James Blake, Joy Orbison, Hudson Mohawke oder auch Ramadanman aka David Kennedy. Und eben dieser Kennedy hat nun endlich sein erstes Album als Pearson Sound herausgebracht. Natürlich auf Hessle Audio. Das Alias Ramadanman legte Kennedy 2011 ab. Die Erwartungen sind hoch, auch wenn Dubstep in der Folgezeit schneller auseinander gefleddert wurde als die Hypemaschine ihre Klappen wieder schließen konnte: In den USA wurde daraus Brostep inklusive Drop, die klugen UKler machten daraufhin Post-Step oder gleich Housemusik. Und Dubstep war offenbar schneller Geschichte als MySpace. Vielleicht kommt mit diesem Album das UK Continuum wieder aus seinen Löchern gekrochen. Vielleicht steht jetzt schon das große Revival an?
##John Foxx - Metamatic
Thaddeus: New Wave kommt ja zurück, das ist mir nur Recht. Als John Foxx „Metamatic“ 1980 veröffentlichte, hatte er die schauerliche Band Ultravox bereits verlassen und überließ Midge Ure sein „Vienna“-Feld. Und legte mit dieser Track-Sammlung einen der wichtigsten Blueprints für elektronische Pop-Musik vor. Mit ganz viel Zukunft und irgendwie nah dran an diesem schmierigen Gefühl, dass der Soundtrack von „A Clockwork Orange“ und die Lektüre von J.G. Ballard in den britischen Köpfen hinterlassen hatte. Der Clash zwischen Mensch und Maschine wurde Anfang der 1980er-Jahre zum bestimmenden Thema, vermischte sich mit Trends in Architektur, Stadtplanung und Soziologie. Und wenn John Foxx dann durch die „Underpass“ schreitet, den „New Kind Of Man“ trifft, im „Burning Car“ sitzt und den „Metal Beat“ schlägt, dann ist das wie die gewittrige Verdichtung der Themen, die westliche Gesellschaften damals so umtrieben. Oft ohne es wirklich zu wissen. Slammt auch heute noch vorbildlich. Und ist das Abziehbild für den Erfolg von Bands wie Depeche Mode, die sich hier freimütig bedienten. Nicht schlimm. Ein bisschen von ihrem Erfolg hätten sie aber John Foxx ruhig abgeben können.
##Little Simz - E.D.G.E.
Benedikt: „Little Simz ist die große Hoffnung in Sachen Female-Rap aus Großbritannien. Nein, lassen wir „Female“ weg, sie ist die große Hoffnung des UK-Rap – und zwar völlig zurecht. Simbi Ajikawo, wie die Londonerin bürgerlich heißt, ist gerade mal gute 20. Dafür aber verdammt hungrig, talentiert und mit ordentlich Output auf einem Niveau, von dem der Durchschnitt nicht einmal zu träumen wagt. Das gilt für Flow und Lyrics gleichermaßen. „Conscious Rap“ würden die einen sagen. Obwohl sich Little Simz beim ersten Hinhören so gar nicht „conscious“ anhört, eher nach Spitting bis in die Doubletime. Doch Little Simz lässt einen die Härte des echten Lebens spüren. Brutal und ehrlich erzählt sie vom ständigen Grenzgang abseits des im Hip-Hop üblichen Gangsterlebens. Eben on the E.D.G.E.. Die junge Londerin, die ihre Beats irgendwo zwischen Grime und Trip-Hop auswählt, hat alle ihre bisherigen Releases via Bandcamp veröffentlicht. Auf ein Label hat sie kein Bock oder noch nicht das richtige gefunden oder beides. Sorgen muss sie sich deshalb nicht, die ganz großen werden sich noch um sie reißen.