Drei Alben, drei Tipps, drei Meinungen. In unserer samstäglichen Filter-Kolumne wirft die Redaktion Musik in die Runde, die erwähnenswert ist. Weil sie neu ist, plötzlich wieder relevant, gerade entdeckt oder nie vergessen. Und im Zweifelsfall einfach ein kurzweiliger Zeitvertreib ist.
##Godspeed You Black Emperor! - F♯ A♯ ∞
Thaddeus: „The car is on fire, and there's no driver at the wheel, And the sewers are all muddied with a thousand lonely suicides, And a dark wind blows.“ Mit diesem Sample beginnt die erste Godspeed-Platte, über einem dunklen Brummen fließt ein noch dunklerer Monolog dahin und zieht mich heute noch genauso in die Untiefen dieser Band wie damals, 1997. Ich hatte und habe ein gespaltenes Verhältnis zu Godspeed, diesem kruden Kollektiv kanadischer Hippies, die eigentlich nichts anderes taten, als gesellschaftliche Realitäten (Staat – Bürger, Armut – Reichtum, Korruption – Verlogenheit) in epische Kompositionen zu packen, die oft einfach nur rockistisch fürchterlich waren. Aber immer wieder zwischen den laut anschwellenden Gitarrenwänden und -soli unfassbare Momente der Stille produzierten. Auf allen Platten, instrumental oder mit fast schon kompatiblen Songs. Wer ein Faible für Sprach-Samples hat, für Field Recordings etc., der war und ist bei Godspeed richtig. Das Vinyl ist außerdem wie eine kleine Schatztruhe. Einleger, Flyer, Umschläge und sogar ein plattgewalzter kanadischer Penny stecken in der handgefertigten Hülle, bemalt mit einem silbernen Marker, beklebt mit einem Foto des Wasserturms. Das waren gute Zeiten.
##Leandro Fresco - El Reino Invisible
Jan-Peter: Fast noch zu frisch für meine Muss-ich-hören-Bucketlist, das Album ist diese Woche erst rausgekommen. Aber egal, zumal ich mit dem Namen Leandro Fresco eine musikalische Zeit verbinde, die schon eine ganze Weile zurück liegt. Sein „Amor Internacional“ ist von 2003, von 1999 gar seine Tracks auf der Traum-Compilation „Musik aus Buenos Aires“, die Argentiniens kleine Elektronik-Szene vorstellt. Zu der zählen neben Fresco auch Namen wie Gustavo Lamas oder Leo Garcia. Jetzt also ein Album auf Kompakt, Auftakt einer Reihe unter dem Siegel „Pop Ambient”, das bisher alljährliche Compilations vorlegte. Das ist gut, weil weniger eklektizistisch. Ambient ist nicht gleich Ambient, ein Klimek und ein Ulf Lohmann zwar beide eine, ähem, Ohrenweide, aber irgendwie geht es bei Ambient auch um einen permanenten Flow, Sound aus einem Guss. You know. Das gibt´s mit diesem Album des Argentiniers zweifellos. Schön. Harmonielastig. Poppig. Ein bisschen harmlos vielleicht. Mehr Ich-gucke-mir-die-Erde-von-oben-an-und-habe-Pipi-in-den-Augen-Ambient als Ich-stehe-in-der-dunkelsten-Landschaft-der-Welt-und-nur-meine-Drones-sind-noch-dunkler-Ambient. Aber passt. Bestimmt wird die neue Ambient-Album-Reihe auch für diesen Gusto etwas zu bieten haben.
##Beck - Morning Phase
Benedikt: „Mit den letzten Alben von Beck bin ich ja nie richtig warm geworden. Bei Folk stellen sich bei mir schon ziemlich schnell die Nackenhaare auf – oder ich langeweile mich. Aber manchmal muss man sich zu seinem Glück zwingen bzw. den Dingen wenigstens eine Chance geben. Und die kürzliche Verleihung des Grammys an Beck für sein Album „Morning Phase“ hat den Musiker dann doch wieder ins persönliche Blickfeld gerückt. Bis dato habe ich „Morning Phase“ nie richtig angehört, weshalb ich bis jetzt auch gar nichts dazu sagen kann, außer was ich schon von hier und da gehört habe: Relativ klassisches Folk-Songwriting, elektronische Einwürfe, Hochglanzproduktion. Beck wird meine Abendunterhaltung. Wahrscheinlich schlafe ich sofort ein, aber dann kann mir keiner sagen, ich hätte es nicht wenigstens versucht.“