Leseliste: 8. März 2015 - andere Medien, andere ThemenÜber Berg-Hass, William Gibson, virtuelle Hilferufe und Susan Sontag

Leseliste Maerz 2015

Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.

Pillen via Shutterstock

Foto: Pillen via Shutterstock

##Der Freitod nach dem Hilferuf
Chris Peak hat sich in die Untiefen des Internets begeben und ist dort auf eine Website gestoßen, in der Menschen über Selbstmord schreiben. Tatsächlich schreiben sie nicht nur darüber, sondern sie scheinen es auch wahr zu machen – anders sei kaum zu erkären, dass Nutzer nach einer Abschiedsnotiz nicht mehr in Erscheinung treten. Über eine Website voller Hilferufe. Schwere Kost für den Sonntagnachmittag.

„We have bad days. Everybody does. That’s normal. But sometimes they add up and turn into bad weeks. For some, the weeks turn into months or unfortunately, years, like the man mentioned in the beginning of this story who hasn’t celebrated his birthday in a decade.“

A Journey To the Dark, Sad, Lonely Internet

berge

Foto: Berge via Shutterstock

##Scheiß Berge
Manfred Klimek sollte unbedingt mit Ulrich Seidl einen Film in einem österreichischen Skigebiet drehen. Unbedingt. Wir wissen nicht, ob die beiden sich kennen. Aber sie werden sich gut verstehen. Denn dass Seidl bechern kann, hat er in der besten Folge der Arte-Serie „Durch die Nacht“ bewiesen. Klimek wiederum ist unter anderem einer der profiliertesten deutschsprachigen Weinjournalisten. Einer, der so schreibt, dass man sich den Wein sofort kaufen und austrinken will. Dass Seidl ein Problem mit seinem Land hat, aber auch nicht davon los kommt, stellt er mit jedem neuen Film unter Beweis, und dass sein Landsmann Klimek ein Problem mit Skifahren, Skigebieten und überhaupt den Bergen hat, hält er hier nicht hinter selbigen. Bitte dreht einen Film zusammen.

„Berg Heil, Ski Heil, Sieg Heil. Nur logisch, dass sich die Leibstandarte des Braunauer Massenmörders in ihrer Alpenfestung verbarrikadierte, denn die Berge sind seit der Erfindung der Verkehrsmittel beliebtes Rückzugsgebiet für allerlei schräge Vögel.“

Geht nicht in die Berge! Überflüssig wie ein Kropf

##William Gibson über Mode
Ein gutes Buch wird ja oft auch als „guter Stoff“ bezeichnet, für SciFi-Autor Gibson hat dieser Zusammenhang noch eine ganz andere Bedeutung: Er kennt sich aus mit Mode, Stoffen und Schnitten. Vor allem alten. Bevor er Schriftsteller wurde, durchkämmte er Second-Hand-Läden in seiner kanadischen Heimat, um die Fundstücke weiterzuverkaufen. Und in seinem Roman „Pattern Recognition“ ist Mode-Design sogar ein entscheidender Handlungsstrang. Jetzt entwirft Gibson mit einer Vintage-Marke neue Modelle von Klassikern. Rugged und voller Historizität. Oldschoolige Zukunft, sozusagen. Denn genau darum geht in der Mode, sagt Gibson.

„Authentizität bedeutet mir nicht viel.“

Tech Wear

Sontag

##Leider kein Camp
Dass Susan Sontag uns ein einzigartiges theoretisches und essayistisches Oeuvre hinterlassen hat - unbestritten. Weniger bekannt ist: Sie hat auch Filme gedreht. In diesen allerdings dringt Sontags Bewunderung für „richtige“ Regisseure - Bergman, Antonioni - in einem aus Sicht von Filmkritiker und Das Filter-Autor Sulgi Lie unerträglichen Maße durch. Schreibt sie gegen eine Über-Hermeneutik von Psychoanalyse und Marxismus an, sei ihr Filmdebüt „Duet for Cannibals“ davon geradezu vollgestopft. Die Folgefilme, von einer Ausnahme abgesehen, kommen nicht besser weg. Dass sie es bald hat sein lassen, aus Lies Sicht kein Verlust. Ein amüsanter Verriss.

„Dass auch der Übermaß an Kunst-Konsum zu ästhetischen Stoffwechselproblemen führen kann, verdeutlichen diese Filme gerade im retrospektiven Rückblick nur allzu exemplarisch.

Kannibalistisches Kunstkino

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Godspeed You Black Emperor!, Leandro Fresco und Beck

»Understanding Digital Capitalism«The Times We Live In - An Introduction