Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.
Der Missbrauch der Erntehelferinnen
Bald gibt’s im Supermarkt wieder heimische Erdbeeren. Doch bis es soweit ist, müssen die spanischen reichen. Die meisten kommen aus Huelva in Andalusien, die Region ist der größte Produzent von Erdbeeren in Europa. Das Pflücken auf den Feldern übernehmen tausende Erntehelferinnen, zum Großteil Arbeitsmigrantinnen aus Ländern wie Marokko. Ähnlich sieht es in den großen Anbaugebieten für Tomaten in Italien aus. Die Frauen sind den Farmern weitestgehend schutzlos ausgeliefert. Ihre Unterkünfte befinden sich zwischen den riesigen Feldern, isoliert, die meisten sprechen die Sprache nicht. Und deshalb sind Demütigung, Gewalt und Missbrauch an der Tagesordnung – wie BuzzFeed News für dieses ausführliches Feature recherchiert hat. Da bleibt einem die Erdbeere im Halse stecken.
„‚Er hat die Telefonnummern aller Frauen.‘ Er zwingt sie, Sex mit ihm zu haben, sagt Kalima. Jede Nacht mit einer anderen Frau. ‚Wenn du nein sagst, bestraft er dich bei der Arbeit.‘ Kalima hat Angst, ist verzweifelt.“
Die letzten Tage des Robin Williams
Der Schauspieler und Komiker Robin Williams nahm sich im August 2014 das Leben. Williams war ein Weltstar, hatte in seinen letzten Lebensjahren aber mit vielen Problemen zu kämpfen. Die großen Aufträge blieben aus, finanziell musste er ebenfalls eine Gänge runterschalten. Am Ende kämpfte er zudem gegen die Lewy-Körper-Demenz, eine tödliche neurodegenerative Krankheit. Der Reporter für die New York Times Dave Itzkoff hat eine neue Biografie über den Oscar-Gewinner geschrieben. „Robin“ erscheint nächste Woche in den USA und in der Vanity Fair wurde ein erster exklusiver Ausschnitt veröffentlicht, der Robin Williams in seinen letzten Monaten begleitet.
„So why did Robin persist in making these films, each one a far cry from the Hollywood features he had once thrived on, and which were lucky to receive even a theatrical release? Why did he continue to fill every free block of time in his schedule with work, whatever work he could find? Yes, he needed the money, especially now that he had two ex-wives and a new spouse he wanted to provide with a comfortable home. “There are bills to pay,” he said. “My life has downsized, in a good way. I’m selling the ranch up in Napa. I just can’t afford it anymore.” He hadn’t lost all his money, but, he said, “Lost enough. Divorce is expensive.”“
Googles KI-Ethik
Das hätte sich Sundar Pichai, der CEO von Google, wohl nicht träumen lassen. Da präsentiert er „Duplex“, einen neuen Service, bei dem die Künstliche Intelligenz ganz oldschool Telefonate führt und Termine ausmacht, und die Hölle bricht los. Keine Begeisterungsstürme, ob der ganz und gar nicht künstlich wirkenden Stimme, die sogar kurze „Mmmmhhh“ und „Ah ha“ einstreut, um so menschlich wie möglich zu wirken. Vielmehr Grundsatzdebatten. Nicht darüber, was KI kann, sondern darf. Im Silicon Valley, so der Tenor, habe man mittlerweile jegliche ethischen Grundsätze verworfen. Auch wenn man bei Google mittlerweile verspricht, zu Beginn solcher Telefonate das menschliche Gegenüber darauf hinzuweisen, dass hier gerade ein Bot anruft, war diese fünfminütige Demo eine Vorschau auf die Zukunft, die niemand will. Vor allem nicht von einer Firma wie Google, die ihr Geld mit Werbung verdienen. Natasha Lomas legt die Fakten auf den Tisch.
„Though for a company on a general mission to ‘organize the world’s information and make it universally accessible and useful’ what’s to stop Google from — down the line — deploying vast phalanx of phone bots to ring and ask humans (and their associated businesses and institutions) for all sorts of expertise which the company can then liberally extract and inject into its multitude of connected services — monetizing the freebie human-augmented intel via our extra-engaged attention and the ads it serves alongside?“
Duplex shows Google failing at ethical and creative AI design
Du bist (nicht) das Produkt
In der kürzlich entfachten Social-Media-Kritik, insbesondere der an Facebook seit dem Bekanntwerden der Causa Cambridge Analytica (ein Unternehmen, das übrigens gerade zerlegt und dann unter neuem Namen wieder zusammengefügt wird), tauchte immer wieder die Aussage auf, dass hier der Nutzer das Produkt sei. Facebook, Google und Co. verkaufen ihren Nutzer an die Industrie – doch die zunächst einmal plausibel wirkende Behauptung ist diesem Text zufolge falsch: Facebook, Google und Co. behandeln ihre Nutzer wie ein Produkt, doch das Produkt sei immer noch das Herstellen von Beziehungen. Warum dieser feine Unterschied wichtig ist? Weil sonst jede Kritik, jedes Bestreben nach Veränderung, hinfällig ist. Denn wie soll ein Produkt die Einstellung seines Herstellers verändern oder, um es zur Tautologie zu bringen, sein Produkt? Ein zäher Text, aber ein guter.
„There’s something nihilistic about telling people they’re the product of a gigantic corporation and there’s nothing they can do about it.“