Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.
Dara Khosrowshahi
Der im Iran geborene Geschäftsmann Dara Khosrowshahi leitete als CEO von 2005 bis 2017 das Tourismusunternehmen Expedia und galt 2016 als der bestbezahlte Firmenboss in den USA mit einem geschätzten Jahreseinkommen von 96,4 Mio. Dollar. Als Khosrowshahi im vergangenen Jahr das angeschlagene Mobilitätsunternehmen Uber übernahm, wurde er auch angeheuert, einen durch den früheren Chef Travis Kalanick verursachten Scherbenhaufen wieder zusammen zu fegen und ein „traditionelles“ Unternehmen daraus zu schaffen. Die kolportierten 200 Mio. Dollar Handgeld dürften auch ein zusätzlicher Anreiz gewesen sein. Dennoch ist über den 48-Jährigen nicht allzu viel bekannt. Was macht diesen Mann für die Wirtschaft so wertvoll? Khosrowshahi ist nämlich keine Rampensau oder sucht die Medien, vielleicht ist auch das das Geheimnis des Unternehmers. Der New Yorker hat das vielleicht erste umfangreiche Porträt über den Uber-Boss veröffentlicht.
„Since joining the company, Khosrowshahi has played the role of flatterer, diplomat, negotiator, and salesman. He was selected by Uber’s board in part because of his personality: agreeable, unthreatening, comfortable with the kind of corporate talk that investors find reassuring. Uber’s previous C.E.O., Travis Kalanick, had built the company into an extraordinary success. Under his leadership, it also acquired a terrible reputation, as the embodiment of a strain of Silicon Valley culture that values results above all else.“
Ausgeliefert
Dass etwas passiert, damit muss man immer rechnen. Das war immer so und wird auch in Zukunft so bleiben. Anschläge geschehen immer dann und dort, wann und wo man nicht damit rechnet. Bei Pitchfork hat man O-Töne von Menschen zusammengetragen, die zum vermeintlich falschen Zeitpunkt am falschen Ort waren – auf Konzerten. Im Bataclan in Paris, in der Manchester Arena, im Pulse in Orlando oder beim "Route 91"-Festival in Las Vegas. Was hat die Konfrontation mit dem Unvorstellbaren in ihnen ausgelöst? Wie hat sich ihr Leben danach verändert und: ihr Verhältnis zur Musik, zum Ausgehen und zu Konzerten?
„Knowing the music of the person who is playing is a good thing for my mind, because I know that’s how the show is going to be. And going to a place I know is better; I can’t imagine being at a show in a place that I absolutely don’t know.“
Berlins Rolltreppen
Seit gut 100 Jahren befördern Rolltreppen die Menschen von unten nach oben und andersrum. Lange Zeit waren sie gleichzeitig Objekt der Faszination, im Leben der Großstadt sind sie heute allzu oft Objekt der Frustration. Die stehende weil kaputte Rolltreppe begegnet dem geübten S- und U-Bahnfahrer nahezu täglich. Im Tagesspiegel ist nun eine fast schon rührende Reportage über die Rolltreppenwelt Berlins erschienen. Los geht’s in Begleitung der Wartungsmannschaft, die sich um die 54 Rolltreppen im Hauptbahnhof kümmert, dann der Rückblick zu den ersten bekannten Rolltreppen der Stadt vor knapp 100 Jahren im Warenhaus Tietz und im Lokal „Moka Efti“ an der Friedrichstraße. Es geht um das Broken-Escalator-Phänomen, den kurzen Moment der Unsicherheit beim Betreten der stehenden Rolltreppe, und Norman Plattner, der Head of Store und Visual Merchandising des KaDeWe spricht über die Rolltreppenproblematik im berühmten Kaufhaus. U8 Hermannplatz, Kaufhof Alexanderplatz, Gesundbrunnen – es mangelt nicht an Rolltreppenstoff. Ganz wunderbar geschrieben.
„Es ist, als blicke man dem System ins Herz, es ist, als ob sich der Kapitalismus als Umschlagplatz von Waren offenbare, als begriffe man plötzlich, dass der Mensch selbst nur eine Ware ist, die benötigt wird, um die Rolltreppen zu betreiben.“
Zucker im Rum, warum?
Zugegebenermaßen ist es eine etwas nerdige Diskussion, die um das Thema Rum entfacht ist: Aufgrund von Bestimmungen, die im Verhältnis zu anderen Spirituosengruppen sehr lax sind, dürfen Hersteller ihrem Rum jede Menge Zucker hinzufügen. Ergebnis: Der Konsument denkt, Rum schmecke halt so. Perfide zusätzlich: Auf Etiketten ist dann oft zu lesen, die Lagerung erfolge in ausgewählten Fässern, meist sind das Ex-Bourbon-Whiskey-Fässer. Die dürfen nämlich nur neu und einmalig für Whiskey verwendet werden und sind daher auf dem Gebrauchtfassmarkt gut zu haben. Der Zucker, das liebliche Aroma, die Toffee-Noten, all das kommt also aus dem Fass. Fein, was? Mitnichten, klärt dieser Artikel auf, der auch den nichtkundigen Nichtexperten abholt und mitnimmt. Das gibt kein Fass her. Ergo: Ist es süß, likörig, wurde nachgeholfen. Fun fact: In die Redaktion bekamen wir diese Woche einen flüssigen Aprilscherz geschickt – eine Flasche eines deutschen Rums, der angeblich mit der Höchstmenge an Zucker und Zusatzaromen formvollendet wurde. War aber geflunkert, alles ganz natürlich. Gut so.
„Aber egal, für welche Variante sich der Hersteller entscheidet, nie gibt das Fass derart viel Zucker in den Rum, dass er in Richtung Likör geht.“