Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.
Halluzination Hauptstadt
Peter Glaser, Österreicher, wohnhaft in Berlin, Journalist, Schriftsteller und Ehrenmitglied des Chaos Computer Clubs hat für die NZZ einen Text über die deutsche Hauptstadt geschrieben. Einen Text, dessen Thema die typische Berliner Unfähig- und Unfertigkeit, dessen Aufhänger der Flughafen BER ist, kurz: einen Text der schon hunderte Male geschrieben wurde – doch sprachlich gehört dieser zu den schöneren. Es geht um Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, Immobilien, Mentalitäten und so weiter. Man kennt es. Doch die Funken der Wahrheit in solchen Stücken glimmen eben immer noch ziemlich hell.
„Wo bliebe die Sehnsucht, wenn der S-Bahn-Fahrplan eingehalten würde?“
Comedy im Sprachgebrauch
Sager in Filmen finden immer wieder Einzug in den alltäglichen Sprachgebrauch. Sätze wie „I’m your father“ oder „I have a bad feeling about this“ wurden dank Star Wars beflügelt, und auch hier wissen die meisten was damit anzufangen. Die Washington Post hat 40 US-Komödien der letzten 40 Jahre aus dieser interessanten Perspektive gesammelt und ihre legendärsten Punchlines natürlich gleich mit dazu.
„Looking back at the past 40 years, we picked 40 movies that changed the way we talk, and selected some of the most-repeated quotes. Some comedies, such as “Clueless,” have copious lines to choose from. Others grabbed our attention with a single snippet of dialogue. You’ll notice there aren’t a lot of examples from recent years. For one thing, Hollywood doesn’t make many comedies anymore, and when it does, the movies don’t necessarily get an audience big enough to shift our collective habits. The most likely contender for a future list would be last year’s “Girls Trip,” but it’s still too soon to tell whether “grapefruit” will become a verb or not.“
‘As if’: 40 comedies from the past 40 years that changed the way we talk
Faschismus in Brasilien?
Brasilien: Ein Land, das sich immer mehr spaltet. Als gäbe es nicht schon Probleme genug – Armut, Drogenkriminalität, Umweltschäden – trennt sich die Gesellschaft immer mehr entlang der eigentlich doch überwunden scheinenden Schwarz-Weiß-Linie. Ein multikulturelles Land? Dieser Text vermittelt ein ganz anderes Bild: Vor dem Hintergrund der offenbar kaltblütig geplanten Ermordung der (schwarzen) Stadträtin Marielle Franco (wir hatten dazu schon einen Text im März vorgestellt) schildert Marcelo Backes, wie das Land in den Faschismus abzugleiten droht. Die neue, ultrarechte Regierung, die sich abzeichnet, würde dieses Schicksal nur noch wahrscheinlicher machen.
„Es ist eine völlig aus den Fugen geratene Gesellschaft.“
Filesharing-Paradies
Was machen eigentlich die Raubkopierer? In Zeiten von Streaming und Abmahnanwälten mit nervösen Fingern könnte man ja davon ausgehen, dass das einst große Thema nicht mehr ganz so groß ist. Vielleicht ist das auch so. Aber: Diejenigen, die audiovisuelle Bootlegs immer noch als Thrill verstehen, haben sich einfach neue Plattformen gesucht. Pirate Bay war gestern. Einer dieser Plattformen ist der Messenger „Telegram“. Hier wird Ende-zu-Ende verschlüsselt, es gibt unbegrenzte Uploads und die Macher des Services schauen offenbar nicht so genau hin. Die Folge: eine blühende Filesharing-Szene, der nur schwer beizukommen ist. Hier findet man alles. Und schnell. Die Musikindustrie rauft sich (mal wieder) die Haare, Netflix ist nicht amüsiert. Apple und Google werden immer wieder aufgefordert, die App aus den Stores zu entfernen, bislang ohne Reaktion. Das wäre alles zu verzeihen oder zumindest ein bisschen egal, wenn bei Telegram nicht auch jede Menge aktive Kundendaten gehandelt werden würden. Ein Spotify-Account gefällig? Bitte sehr. Netflix? Dito. Dem Gründer Pavel Durov ist das alles egal, solange es nicht um Gewalt oder Kinderpornographie geht. „The Outline“ hat die Hintergründe recherchiert.
„Facebook frequently bans our groups. Telegram doesn’t police things like them“.