Leseliste 07. Juni 2020 – andere Medien, andere ThemenDosen, Schwei-nstei-ger, Gabor Steingart und K-Pop-Fans gegen Rassismus

Leseliste

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Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.

K-Pop-Fans gegen Rassismus

Die K-Pop Fangemeinde solidarisiert sich mit den Black-Lives-Matter-Protesten in den USA auf eine ganz eigene Art: Sie kapern rassistische Hashtags und fluten sie mit K-Pop-Content, insbesondere kurzen Videos, die in der Szene als Fancams bezeichnet werden. Auch die App „iWatch Dallas“ mit der die dortige Polizei Film und Fotomaterial sammeln wollte wurde unbrauchbar gemacht. Die K-Pop-Szene ist seit längerem für diese Art von Aktivismus bekannt. Netzpolitik hat sich das Phänomen genauer angeschaut.

Auch das Hinweisportal der Polizei von Grand Rapids wurde zum Ziel der Stans. Dort sicherte man das Portal so ab, dass man eine Telefonnummer angeben musste, berichtet Newsweek.com. Schnell tauchte die Idee auf, dass man doch dort die Nummern anderer Polizeireviere eingeben solle.

K-Pop-Stans mischen US-Proteste im Netz auf | Netzpolitik

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Foto: Keenan Barber on Unsplash

Getränkedosen

Kurzer Appell zum Nachdenken jenseits des Virus. Die Getränkedose ist in Deutschland wieder massiv auf dem Vormarsch. 3,9 Milliarden Dosen gingen im letzten Jahr über den Tresen und die Scanner der Supermarkt-Kassen. Ein unglaublicher Negativ-Rekord in den Augen von Umweltschützer*innen. Verantwortlich für diesen Trend seien vor allem die Discounter Aldi und Lidl – die „normalen“ Supermärkte sind nicht viel besser. In Zeiten, in denen die „Wiederankurbelung“ der Wirtschaft im Mittelpunkt des Interesses steht, spielt der Umweltschutz für immer mehr Menschen eine immer geringere Rolle. Kein gutes Zeichen. Die Dose dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren.

„Nachdem die Getränkedose mit nur noch 100 Millionen verkauften Stück im Jahr 2005 weitgehend vom Markt verschwunden war, kehrt sie nun immer stärker in die Regale zurück“, stellt das Forum fest.

2019 mit Dosen-Rekord

Schwei-nstei-ger

Aufwendige Sport-Dokus haben dieser Tage Konjunktur. „The Last Dance“ über Michael Jordan und die Chicago Bulls oder auch „Drive To Survive“ (beide Netflix) haben Millionen Zuschauer*innen gefesselt und es gab nicht wenige, die zuvor mit Sportarten wie Basketball oder Formel 1 nichts am Hut hatten. Nun hat der große Til Schweiger einen Film über seinen Freund und Ex-Fußballer Bastian Schweinsteiger gedreht, der dieses Wochenende auf Amazon Prime startet und naja, wie der Titel im angesoffenen 90er-Jahre-Werberstyle „Schw31ns7eiger: Memories – Von Anfang bis Legende“ vermuten lässt, ist die Angelegenheit holprig geworden. Aber lest den süffisanten Verriss von Jürn Kruse für Übermedien am besten selbst.

Die Doku scheint mit der gleichen Motivation entstanden, mit der Sabine für ihren Vater Heinz zum 70. Geburtstag einen kleinen Film aus Fotos zusammenschneidet: der Heinz als kleiner Bub, der Heinz mit seiner Frau Annemarie, der Heinz, wie er bei der Wattwanderung im Schlick steckengeblieben ist, der Heinz mit den Enkelkindern. Die Festgemeinde ist ganz gerührt. Der Manfred, der den Heinz schon so lange kennt, lacht auch mal. Und der Wolfgang, der Bruder vom Heinz, fragt die Sabine, ob sie das ganz allein gemacht habe. Und sie sagt stolz „Ja“ und ist froh, dass der Beamer funktioniert hat, und denkt sich, iMovie ist doch ein tolles Programm. Und der Wolfgang hofft, dass er auch so einen Film von seinen Kindern bekommt, wenn er in zwei Jahren 70 wird. Der Vorteil bei solchen Happy-Birthday-Filmen: Sie sind fünf Minuten lang. „Schw31ns7eiger“ dauert fast zwei Stunden.

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Gabor Steingart

© Superbass / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons), 2019-06-12-Gabor Steingart-Maischberger-5805, Ausschnitt von Redaktion, CC BY-SA 4.0

Steingarts Nichtjournalismus

Es ist schon ein bisschen schade, dass die innovativsten Medienprojekte hierzulande oft in Verbindung mit dem unsäglichen Springer-Verlag (dessen Inhalte Rezo dieser Tage sehenswert auseinander nahm) stehen. In Sachen Digitaltrends hat der Verlag leider oft einen guten Riecher und beteiligt sich an vielen Projekten. Auch in Gabor Steingarts Digital-Startup „Media Pioneer“ hat man investiert. Hier trifft man auch inhaltlich einen Bruder im Geiste: Der ehemalige Handelsblatt-Herausgeber mag mit seinem Podcast „Morning Briefing“ und weiteren Audioformaten zwar ein politisch ausgewogeneres Angebot produzieren, seine Haltung gegenüber der „Wahrheit“ ist aber auch nicht ganz unproblematisch: Als Argument ins Feld geführt bzw. ins Mikro gesprochen wird vor allem das, was dem Journalisten gerade in den Kram passt – im Prinzip ist es ein Meinungspodcast, auch wenn „100 % Journalismus. Keine Märchen“ drüber steht. Steingarts fragwürdige Vorgehensweise analysiert und kritisiert Medienjournalist Thomas Knüwer in seinem Blog „Indiskretion Ehrensache“ sehr genau. Das ist nicht nur für Mediennerds interessant zu lesen, sondern für alle, die morgens mangels Alternativen das „Morning Briefing“ hören und sich gut informiert fühlen. Das ist das Problem: Es fühlt sich wie etwas an, das es nicht ist. Am Ende ist es weniger Journalismus, mehr Märchenerzählung.

Wahrheit ist natürlich immer ein problematisches Wort, doch behauptet Steingart regelmäßig Zusammenhänge und Sachlagen, die auf nachweislich falschen, falsch wiedergegebenen oder bestenfalls gefühlten Informationen ohne Quellenlage beruhen.

(Fast) sechs Monate mit Gabor Steingart: Fazit

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Haftbefehl, Paloma Records, John Tejada

Mix der Woche: Hypnotic Groove Mix #312 – JulianoWie der Dub es richtet