Am Anfang eines langen WegsDer ehemalige „Hassprediger“ Sven Lau im Interview mit Sascha Bisley
20.3.2020 • Gesellschaft – Text: Jan-Peter WulfAls Salafist und „Hassprediger“ erlangte der Mönchengladbacher Sven Lau eine zweifelhafte Berühmtheit. 2017 wurde er wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung zu einer fünfeinhalbjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Mitte 2019 kam er vorzeitig frei und nimmt an einem Aussteigerprogramm teil. Was nun? Sascha Bisley traf ihn zum Interview.
Wie es ist, wenn man mit dem Gesetz in Konflikt kommt und zur Gewalt (in seinem Fall körperliche) greift, weiß Sascha Bisley: Er hat einen Obdachlosen so schwer verletzt, dass dieser an den Spätfolgen starb. Über seine kriminelle Jugend und seine Zeit im Gefängnis hat er ein Buch geschrieben, wir haben vor ein paar Jahren darüber mit ihm gesprochen. Dieses Buch wiederum hat Sven Lau während seiner Zeit im Knast gelesen – es ist offizielles Arbeitsmaterial im Aussteigerprogramm, an dem er teilnimmt – und nahm Kontakt zu Bisley auf. Der besuchte ihn in der Haft, nach der Entlassung trafen sie sich zum Interview. Daraus ist dieser Film entstanden, „Vom Hassprediger zum Familienvater“. Wir erfahren, wie der katholisch getaufte Lau in die islamistisch-salafistische Szene schlitterte. Wie kam es zu der Radikalisierung? Und was will Lau – übrigens gleich fünffacher Familienvater – nun, wieder auf freiem Fuß, mit seinem Leben anfangen? Ein aufschlussreiches Gespräch über Selbstbestätigung durch gesellschaftliche Ächtung und mediale Zuschreibungen. „Wir haben uns gesagt: Wenn da jetzt ‚Liebesprediger‘ stehen würde, dann würde uns keiner ernst nehmen“, sagt Lau an einer Stelle. Er spricht über seine Kinder, die für die Vergehen des Vaters „büßen“ müssen und die Schwierigkeiten, nach der Abwesenheit in das System Familie zurück zu finden. Einblicke in die Welt eines Menschen, dem man seinen Willen zum Wandel abnimmt, der aber noch einen weiten Weg vor sich hat. Bisley ist seit 26 Jahren straffrei, Lau steht noch ganz am Anfang, und das merkt man seinen zurückhaltenden Aussagen auch an. Die Erkenntnis steckt in den Zwischentönen.