Drei Alben, die Weihnachten schöner machen. Oder erträglicher. Ganz so, wie ihr die Feiertage seht oder mit ihnen umgeht. Jedem das Seine. Alles Liebe aus der Redaktion, so oder so.
##Low - Christmas
Thaddeus: Ich hätte mich vor einem Monat deutlicher ausdrücken sollen. Alben von Low sind nicht immer schwierig. Nicht zu Weihnachten. 1999 erschien diese Platte, wurde seither brav nachgepresst und bringt sich in meinem Kopf nicht nur am Jahresende immer wieder in Erinnerung. Ich habe mich kurz gefragt, ob Mormonen eigentlich auch Weihnachten feiern. Denn Mimi und Alan sind Mormonen und ja, sie feiern das Fest. Also die Mormonen. Ob die beiden Musiker das auch tun, ist nicht überliefert, aber eigentlich spricht nichts dagegen. Sonst müssten man dem Slowcore-Ehepaar ja kommerzielles Kalkül unterstellen, diese Platte hier veröffentlicht zu haben, und das will ich nicht. Richtig los geht diese Platte mit „Little Drummer Boy“, der meines Wissens nach besten Interpretation dieses verschneiten Gassenhauers. So wie die Distortion ganz weit hinten im Mix als leise stehende Welle bitzelt, lässt sich alles ertragen. Auch Weihnachten.
##Tracey Thorn - Tinsel & Lights
Ji-Hun: Ich habe ehrlich dieses Weihnachtsalbum von Tracey Thorn zuvor noch nicht gekannt. Es kam 2012 heraus. Bekannt wurde Tracey als Sängerin des großartigen UK-Duos „Everything But The Girl“. Dieses Vakuum zwischen dem damals sogenannten Trip-Hop und Dancefloor hat keiner mit so großartigen Vocals gefüllt. Was ich auch nicht wusste ist, dass Tracey Thorn und Ben Watt (der andere bei EBTG) seit 2009 verheiratet sind. Klingt nach einer sehr späten Entscheidung, gibt es das Projekt doch eigentlich schon seit den frühen 1980er Jahren. Was ich auch nicht wusste ist, dass Ben Watt seit vielen Jahren das äußerst veritable House/Techno-Label Buzzin' Fly betreibt. Jetzt weiß ich endlich auch, wie das Label damals Tracey Thorn für diese eine tolle Tevo Howard-Platte bekommen konnte. „Tinsel & Lights“ ist also eine Family Affair. Ben Watt spielt in der Christmas-Band Gitarre und Keyboards und der umtriebige Ewan Pearson (Kompakt) schraubt an den Synthesizern. Auch Ewans Frau die Berliner Start-up-Heroine Caroline Drucker (Soundcloud, Etsy) klatscht Handpercussions in einem Song. Den Rave braucht hier auch keiner zu suchen, was auch gut ist. Interpretiert werden neben eigenen Songs auch Stücke von Randy Newman, Ron Sexsmith oder Jack White. Alles mit der Sprache und Sound des klaren, eindeutigen Pop und dezent mit dieser britischen Cheesiness, die auch so große England-Klassiker wie „Last Christmas“ ausmacht.
##Sufjan Stevens - Songs for Christmas
Ji-Hun: Musik und Weihnachten bei meiner Familie haben eine sehr einfache wie pragmatische Geschichte. Meine Eltern, die beide in Korea aufgewachsen sind und erst in ihren 20ern nach Deutschland kamen, wussten am Anfang mit Weihnachtstraditionen nicht so viel anzufangen. Irgendwann mit uns Kindern wurde dann ein zusammensteckbarer Weihnachtsbaum aus Plastik gekauft und Geschenke verpackt. Aber auch ohne Gänsebraten, Bratapfel und vorgetragenen Gedichten waren es immer schöne Feiertage. In den frühen 90ern kaufte meine Mutter eine Weihnachts-CD bei Tchibo. Kirchengebimmel am Anfang und dann in einer Tour mittelmäßige Kinderchöre, die die üblichen Verdächtigen plärrten. Jedes Jahr das Gleiche. Täglich grüßt das Murmeltier. Bis es irgendwann zu viel war. „Dann such du doch mal Musik aus. Du kennst dich damit doch aus", war die Ansage. Aber was gibt es da schon Gescheites, außer die großen amerikanischen Crooner wie Dean Martin, Bing Crosby, Frank Sinatra oder meinetwegen auch Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium, was wiederum aber auch keiner so ernsthaft während des Abendessens, noch davor, noch danach hören will. Außer man hat einen Stock im Hintern. 2006 erschienen die „Songs for Christmas“ von Sufjan Stevens. Zur Zeit macht er seltsame Elektronik-Kunst-Findungsphasen aus. Aber seine Alben von 2000 bis 2006 gehören zu meinen wichtigsten persönlichen Folk-Platten aus der Zeit. „Songs for Christmas“ ist mit fünf CDs üppig angelegt und von Stille Nacht, Joy to the world, Jingle Bells bis The Little Drummer Boy gibt es Interpretationen vieler bekannter Hits. Alles im Wohnzimmersound aufgenommen. Gitarren, Banjos, Blockflöten, intime Gesangsarrangements, Country, da darf es auch mal rau sein und charmant krächzen. Also legte ich die CD vor einigen Jahren daheim im Wohnzimmer ein. In der Hoffnung ein bisschen amerikanisches Hollywoodschaukel-Feeling zu schaffen. Am Ende gefiel es meiner Mutter fast wie zu erwarten doch nicht so gut. Muss wie mit teurem, rauchig-torfigem Whisky sein, dachte ich. Schmeckt halt nicht jedem. Dieses Jahr werde ich es noch mal angehen und die Tchibo-CD versuchen vorher zu verstecken.