Drei Alben, drei Tipps, drei Meinungen. In unserer samstäglichen Filter-Kolumne wirft die Redaktion Musik in die Runde, die erwähnenswert ist. Weil sie neu ist, plötzlich wieder relevant, gerade entdeckt oder nie vergessen. Diesmal basteln wir uns eine Klimaanlage aus Sound.
##Horace Andy - Dance Hall Style
Thaddeus: Meine Reggae-Sammlung ist ausgesprochen übersichtlich. Ein paar 7"s, erstaunlicherweise auch die eine oder andere 12" und einige wenige LPs. Diese hier zum Beispiel. Ohne mich wirklich gut bei Horace Andy auszukennen, ist mir dieses Mini-Album doch sehr ans Herz gewachsen. Und bestimmt nicht, weil sich hier auch die beiden Tracks finden, die er mit Massive Attack nochmal aufgenommen hat. Andy ist so verdammt elegant in seinen Vocals. Und während die Musiker um ihn herum kaum gegen die Dub-Wände der Studiotechnik ankommen, legt Andy einfach die Ohren an und schwimmt mit. Das war früher gut, ist heute gut und morgen erst recht. Großes Projekt für den Sommer: den Wackies-Katalog von vorne bis hinten durchhören. Dort erschien diese Platte 1982.
##Calexico - Hot Rail
Ji-Hun: Ich stelle mir die Frage: Was ist eigentlich die perfekte Musik für ein Wochenende, an dem nicht nur die Sonne scheint, sondern auch noch lähmende 40 Grad Hitze herrschen? Open-Air-Minimal-Gedingel, Cafe-del-Mar-Soundtracks, jamaikanischer Dub oder doch lieber klimatisierter Ambient von Brian Eno? Auch bei Musik landet man schnell bei Saison-Klischees und zugleich taucht eine andere Frage auf: Was ist eigentlich aus den Sommerhits geworden? Spaghetti Carbonara, Vamos a la playa, Come on over, have some fun, dancing in the morning sun … Bei solchen Temperaturen fallen eigentlich immer wieder nur Calexico ein. Der in die Akkorde eingeprägte Wüstensand, die flimmernden Horizonte, blutig staubverschmierte Hände, die man sich während eines Roadtrips zuzieht und die vielleicht einzig legitime Einbindung von mexikanischen Mariachi-Bläsern in der Rockmusik. Ich geh mir jetzt einen Hut kaufen.
##Depeche Mode - Die Audiostory
Benedikt: Und wieder kein Musik-Album. Das liegt zum einen daran, dass bei mir derzeit noch Funkstörung rauf und runter läuft. Zum anderen liegt's daran, dass ich mich bei vierzig Grad auf keinen Fall bewegen will. Nicht mal ein bisschen! Da kommt eine Audiostory gerade recht, der muss man einfach zuhören. Wer ist Depeche Mode? Weiß jeder. Die Geschichte dieser Band, die als Teenagerband anfing („The Cure in defekt“) und irgendwann Musikgeschichte schrieb, kann man sich aber ruhig mal wieder vor Augen führen lassen. Und wenn dabei die kleinen Details zu Sprache kommen, dann ist das immer noch spannend und kurzweilig: David Bowies "Ziggy Stardust" war Martin "Mart" Gores erstes Album und mit ein bisschen Alk im Blut hat er gern Country-Songs zum besten gegeben. Für den ersten Syntheziser putzte Vince Clarke Flugzeugtoiletten. Zum Glück hatte Gore schon einen. Die zwischendurch eingeworfenen O-Töne der Bandmitglieder und Tonaufnahmen brechen die Geschichtsstunde angenehm auf. Trocken ist das nicht. Dazu: möglichst nicht bewegen und ein kühles Weizen.