App der Woche: MealSaverDer Foodguide für Essensreste, die sonst weggeworfen würden

Mealsaver

Der Markt für dieses Geschäftsmodell ist – leider – unerschöpflich: 40 bis 50 Prozent der Lebensmittel in Restaurants, wer weiß es schon so genau, landen in der Tonne. Und vieles davon war nie auf einem Gastteller, sondern ist direkt vom Buffet, aus der Auslage oder dem Kochtopf in den Müll gewandert. Das Berlin-Neuköllner Start-up MealSaver hat jetzt seine App gelauncht, mit der man nicht verkauftes Essen aus Restaurants und Shops im Umkreis zum schmalen Taler erstehen und abholen kann.

„Es ist unglaublich, was alles weggeworfen wird. Sogar ungeöffnete Rotweinflaschen“, erzählt Mai Olesen. Die junge Dänin war in Kopenhagen ziemlich aktiv in der Szene, die der Lebensmittelverschwendung den Kampf angesagt hat, als „Dumpster Diver“, also als jemand, der in Container hinter Supermärkten steigt, in die verpackte, frische Ware verklappt wird, weil sie schlicht und einfach nicht verkauft wurde, das Mindesthaltbarkeitsdatum naht oder die Promotion zu Ende ist. In Deutschland wurde die gelernte Umweltingenieurin dann Country Manager bei Too Good To Go, einer App – aus Dänemark –, mit der sich Boxen mit nicht verkauftem Essen aus Restaurants für wenig Geld abholen lassen. Da ist sie jetzt nicht mehr, aber die Idee hat sie weiterverfolgt und jetzt eine eigene App mit sehr ähnlichem Konzept auf den Markt gebracht: MealSaver. Geht ganz einfach: App runterladen, registrieren, checken, welche Partnerbetriebe im Umkreis Boxen mit nicht verkauftem Essen – Sandwiches, Gemischtes vom Buffet, Tagesgerichte, Kuchen, Backwaren, Suppen, Sushi und mehr – offerieren, in der App kaufen und, in biologisch abbaubaren Boxen verpackt, vor Ort abholen. Fertig. Guten Appetit, gutes Gewissen.

Ein Klon, eine Kopie – ja, aber was sollte daran schon, außer für den Wettbewerber vielleicht, ein Problem sein, wenn allein täglich in Berlin tausende Restaurants kiloweise Lebensmittel wegwerfen? Da kann es ja gar nicht genug Nachahmer geben. 15 Leute, Entwickler, Strategen und Vertriebler, haben monatelang an der App gebaut, zwei Monate war man mit rund 40 Betrieben in der Betaphase. Jetzt ist MealSaver mit 100 Partnern in Berlin richtig live gegangen, weitere große Städte sind in Vorbereitung. Neben Restaurants sind z.B. auch Backshops dabei, bei denen es zum unschönen Usus geworden ist, die Regale bis kurz vor Ladenschluss immer neu aufzufüllen – weil der Kunde aus dem Vollen schöpfen will. Übrigens: Nur bis Ladenschluss dürfen die Boxen via MealSaver verkauft werden, weil danach – deutsches Recht – frische Ware nicht mehr rausgegeben werden darf, also faktisch zum Müll degradiert wird.

Box abholen

Essensreste abholen wie normales Take-away-Food: Wenn es lifestylig anmutet, kann es in einer breiteren Zielgruppe funktionieren

Die App schafft prinzipiell eine Vorteilssituation für viele Seiten: Sparfüchse kommen günstig an gutes Essen – eine Box kostet maximal 3,50 Euro, ein für den Anbieter nicht allzu attraktiver Verkaufspreis, damit auch keiner auf die Idee kommt, daraus einen neuen Takeaway-Absatzkanal zu machen (in der Betaphase hatten es sogar Betriebe in dieser Form „mißverstanden“, berichtet die Gründerin). Experimentierfreudige Foodies können neue Anbieter ausprobieren, Ortsfremde bekommen einen digitalen Futterguide mit sozialem Mehrwert an die Hand. Ein bisschen Abenteuerlust braucht es indes schon, denn die Katze – bzw. die Box – wird im Sack gekauft: Was genau drin ist, weiß man meist nicht. „Lasst euch überraschen“ oder „Wundertüte“ ist bei manchem Partner zu lesen. Im Zweifelsfall kann man ja vorher anrufen. Restaurants machen ein paar Euro Extra-Umsatz und/oder zahlen weniger drauf: Wegwerfen kostet ja auch Geld, je nach Betriebsgröße sogar richtig viel. Und das mit einem sechsstelligen Betrag von Ananda Ventures (investiert vor allem in Social-Business-Modelle) für den Start fitgespritzte Start-up MealSaver verdient einen Euro pro verkaufter Box. Ob sich mit MealSaver, Too Good To Go und möglichen weiteren Anbietern, die dieser Markt anlockt, dann tatsächlich der tägliche Berg aus Essensresten verkleinern lässt, das wird sich zeigen.

MealSaver für iOS und Android

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