Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.
Männer in der Gaming-Industrie
Dass Sexismus, Rassismus und Misogynie in der männlich dominierten Domäne der Games eine große Rolle spielen, ist keine Neuigkeit und überrascht auch nur bedingt. Wieso sollte es auch hier anders sein als in anderen Bereichen der Welt – gerade im Jahr 2018, in dem auch hierzulande der entsetzliche Rassismus eine neue Ebene erreicht und sich erneut im Mainstream-Jargon etabliert hat. Für Polygon ist diese kluge Multi-Interview entstanden, in dem sich ForscherInnen, WissenschaftlerInnen und SpielerInnen zu Fragen wie „Wie konnte es soweit kommen?“ und „Warum sind Gaming-Männer so vergiftet wütend?“ reflektiert und ausführlich äußern. Lesenswert, nicht nur um zu lernen, dass die ersten Coder der Computergeschichte allesamt Frauen gewesen sind.
„This story is not another attempt to chronicle the activities of racist and misogynist men who harass women and people of color on social media and in multiplayer games. Nor is it an existential inquiry into their particular niche in the video game community. Rather, this story asks: Where do they come from? Why they are here? And what allows them to stay?“
Auf der „Kill List“
Bilal Abdul Kareem sieht sich als Journalist, doch ihm wird vorgeworfen, jihadistische Propaganda zu produzieren. Der Amerikaner konvertierte zum Islam, ging in den Nahen Osten und gehört zu den wenigen Menschen, die lange Interviews mit Al-Quida-Führern führen durften und aus jenen Gebieten berichteten und berichten, die während des Syrien-Konflikts in Hand der syrischen Rebellen lagen. Seine Rolle ist umstritten, seine US-amerikanische Staatsangehörigkeit ist es indes nicht. Bilal Abdul Kareem hat berechtigte Gründe für die Annahme, dass sich sein Name auf der nie offiziell bestätigten, aber trotz dessen berühmten „Kill List“ der amerikanischen Geheimdienste befindet. Als US-Amerikaner klagt er nun dagegen. Eine unglaubliche Geschichte, die nicht nur von Bilal Abdul Kareem selbst, sondern vor allem von der offensichtlichen Nichtjustizierbarkeit des amerikanischen Drohnenkriegs handelt. Der Rolling Stone erzählt sie ausführlich.
„In 2014, former CIA and NSA director Michael Hayden said in a public debate, “We kill people based on metadata.”“
Wework
In Städten wie Berlin gibt es sie an jeder Ecke: so genannte Coworking-Spaces, in denen Freiberufler oder kleine Gruppen ohne eigenes Büro Arbeitsplätze bzw. einen Raum anmieten können, um den eigenen vier Wänden zu entkommen. Ein nachvollziehbares Konzept – zugeschnitten auf die digitalen Nomaden, die für ihren Job nur ihre Laptops und WiFi brauchen. Mittlerweile ist das Prinzip längst im Mainstream angekommen – mit Wework, einem global agierenden Anbieter. Hoch bewertet, mit Softbank als Investor und reichlich Wachstumspotenzial, aber auch deutlich teurer als der wackelige Ikea-Tisch im eigenen Kiez. Michael Seemann hat für golem.de eine bemerkenswerte Reportage über den Anbieter geschrieben und sich den Standort am Berliner Potsdamer Platz genau angesehen. Sein Fazit: Auch wenn der digitale Nomade als Begriff in unserer technisierten Welt jegliche Hipness verloren hat – Wework ist eine merkwürdige Metapher für unser digitalisiertes Leben.
„Irgendwann wird vielleicht das ganze Leben so funktionieren wie der Kaffeeautomat im Wework-Foyer. Mein Leben wird dann frisch gebrüht überall dorthin serviert, wo es mich gerade hin verschlagen hat.“
Das Schlimmste abwenden
Viele Gespräche mit TV-Köchen zum Thema Ernährungskultur sind nicht gut. Hier ein gutes: Ole Plogstedt, durch die starcaternde „Rote Gourmet Fraktion“ bekannt geworden und heute Oxfam-Botschafter, spricht anlässlich der zutiefst ernüchternden Supermarkt-Studie der Hilfsorganisation über Kinder, die krank sein oder sich als Sklaven verdingen müssen, damit wir gesunde Bananen essen und leckeren Kakao trinken können. Über Verbraucherverarschung und falsche Preispolitik, über Wachstumsgrenzen und warum es falsch ist, nur auf den Faktor Verbraucher zu setzen, wenn es darum geht, den Wahnsinn namens Foodindustrie zu verändern.
„Normalerweise müssten doch Sachen deklariert werden, wo Gifte oder Zusatzstoffe drin sind. Ich erwarte, dass in den Produkten, die ich kaufe, keine Ausbeutung drinsteckt, das ist kein nice-to-have, sondern eine Grundvoraussetzung.“