Als wir klein waren, dachten wir: Wer über Musik schreibt, hört den ganzen Tag Musik. Stimmt leider nicht ganz. Vieles fällt unter den Tisch, Hypes werden verpennt oder die Bucketlist mit Platten, die man sich schon immer anhören wollte, wird immer länger. Das soll sich ändern. Unsere Redakteure stellen ihr Walkman-Futter für die arbeitsfreien Tage vor. Da darf gerne auch mal was Seltsames, Altes oder Peinliches dabei sein.
##Kindness - Otherness
Ji-Hun: Adam Bainbridge hat diese Woche sein zweites Album als Kindness herausgebracht. Das erste „World, You Need a Change of Mind“ war schon ziemlich cool und wurde seinerzeit vom französischen Star-Produzenten Philippe Zdar (Phoenix, OneRepublic, Cassius, Drake) mit produziert. Diesmal tummeln sich die Features vor allem vor dem Mikro. Schwedens Tanzkäfer Robyn ist genau so mit von der Partie, wie auch Devonte Hynes/Blood Orange oder auch der Rapper M.anifest. Exakt, selbst Raps gibt es auf dem Album zu hören. Man könnte jetzt eine dicke Überproduktion wie bei FKA Twigs oder dem neuen Caribou-Album erwarten und ein bisschen ist es auch so. „Otherness“ ist fantastisch-soulig arrangiert. In einigen Momenten funkelt D’Angelos monumentales „Voodoo“ durch, in anderen meint man Wham liegend in einer Panton-Wohnlandschaft durch eine Ray Ban Wayfarer aus schwarzem Afghanen zu sehen. Aber die Platte bleibt dezent, lässt das große Potential subtil aufblitzen und man denkt schnell: Das könnte eines der Pop-Alben des Jahres sein. Denn trotz seiner Ausgefeiltheit und großen Melodien, sperrt es sich gegen den mainstreamigen Harmonie-Konsens. Es könnte wie Ryhe klingen, tut es aber nicht. Es bleibt ein bisschen Punk, auch ein bisschen Kunst und Bedroom. Ein Album wie ein guter Freund: zurückhaltend, liebevoll und voll klug.
##The Detroit Escalator Co. - Excerpts
Thaddeus: Natürlich gibt es das entscheidende Album von Neil Ollivierra nicht in der digitalen Welt. Sein „Soundtrack [313]“ erschien 1996 auf dem britischen Label „Ferox" und verschwand dann wieder relativ schnell wieder in der Versenkung. Zumindest aus der heutigen Erinnerung. Bei Ollivierra geht es nicht um den Dancefloor. Sondern um Loops. Widerspruch? Keineswegs. Den Tracks fehlt eigentlich nur die plockernde Bassdrum, dann wären es träumerische Tracks, die auch heute noch jede Afterhour auseinandernehmen würden. Aber die Bassdrum fehlt eben (fast) immer und so ist diese Platte als prototypisches Beispiel der anderen Seite Detroits in die Geschichte eingegangen. Neil Ollivierra machte dann noch ein Album, wieder bei einem britischen Label: „Peacefrog“. Auch gut, aber nicht so gut wie die erste LP. Sein Sound ist ein Faszinosum. Mit ganz wenigen Sounds und umso mehr rhythmischem Delay schichtet er seine Musik. Durch die immer im richtigen Moment zuckenden Echos bekommt die Musik eine gefühlte Wuchtigkeit, Bedeutung, die die Sounds gar nicht zwingend vorgeben. Eine der besten LPs aller Zeiten. Von der auf dieser Compilation hier zumindest ein paar Tracks überliefert sind. Den Rest gibt es auf YouTube.
Detroit Escalator Co
##Lorde - Pure Heroine (Extended Version)
Benedikt: Zugegeben: Ich bin ziemlicher Lorde-Fan. Es gibt einige Künstler, deren Popzaubereien ich mich nicht entziehen kann. Jessie Ware gehört zum Beispiel auch dazu. „Pure Heroine“ ist vor ziemlich genau einem Jahr und zwei Wochen erschienen. Die aktuelle, wirklich geniale Lorde-Bedroom-Producer-Parodie bei South Park hat mich wieder drauf gebracht. Bei Lorde passt eben alles zusammen: Minimalistisches Sounddesign, dem es trotzdem nicht an Power mangelt. Eine wundervolle Stimme. Erwachsene Texte aus der Feder eines Teenagers - Lorde ist noch drei Wochen lang 17 Jahre alt. Natürlich hat Universal da den Daumen drauf, immerhin hatte sie den Major-Deal schon mit zwölf Jahren in der Tasche. Doch zum Glück hat man Ella Marija Lani Yelich-O’Connor nicht zum charakterlosen Pop-Püppchen à la Miley Cyrus gemacht. Wäre es so gewesen, ständen mit Sicherheit noch keine zwei Grammys im Schrank der Neuseeländerin.