Als wir klein waren, dachten wir: Wer über Musik schreibt, hört den ganzen Tag Musik. Stimmt leider nicht ganz. Vieles fällt unter den Tisch, Hypes werden verpennt oder die Bucketlist mit Platten, die man sich schon immer anhören wollte, wird immer länger. Das soll sich ändern. Unsere Redakteure stellen ihr Walkman-Futter für die arbeitsfreien Tage vor. Da darf gerne auch mal was Seltsames, Altes oder Peinliches dabei sein.
##Alec Empire - Generation Star Wars
Thaddeus: Alec Empire ist ein Genie. Muss man aushalten, diese Wahrheit, stimmt aber. Auch wenn er sich regelmäßig und vornehmlich hinter der Frontal-Bekrachung von seiner Band Atari Teenage Riot versteckte, die auch einen guten Teil seiner Solo-Produktionen dominierte. Ich fand das immer, vor allem die Geschwindigkeit. Nicht die BPM-Zahl, sondern den Takt seines Outputs. Track um Track um Track um Track releaste der Berliner. Entweder auf seinem eigenen Label DHR oder aber in seiner alten „Kinderstube“ Force Inc., dem Label von Achim Szepanski. Und als letztere das Nicht-Dancefloor-Label Mille Plateaux ins Leben rief, war Empire natürlich auch dabei. Zum Beispiel mit diesem Album hier. An das sich wenige Menschen zu erinnern scheinen. Eine Schande. Geht es heute um Empires „ambiente“ Seite von damals, dann fällt immer das Stichwort „Low On Ice.“ Auch eine gute LP, aber nicht so gut wie diese hier. Gerade aus der Distanz wachsen die hier versammelten Stücke stetig weiter. Zwischen klaren Aphex-Twin-Anleihen, wabernden Ozeanen der Stille und klassischer Proto-Elektronika. Und genau die ist am wichtigsten, wenn es um die weniger krachige Seite von Empire geht. Stücke wie „Konsumfreiheit“ zeigen, wie Empire auch sein kann.
Die Platte ist in ihrer digitalen Version heute natürlich in gewisser Weise zensiert. Auf dem Cover prangten ursprünglich Sturmtruppen mit Hakenkreuz auf dem Helm. Und der „Sieg über die Mayday“ hieß „Sieg über die Mayday-HJ“. Diese Zugeständnisse machen die Musik nicht schlechter.
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##Kanye West presents GOOD Music - Cruel Summer
Benedikt: Am Wochenende ist - mal wieder - Zeit für die Label-Compilation aus Kanye Wests Musikschmiede GOOD Music. Zwei Jahre hat das gute Stück mittlerweile auf dem Buckel, hört sich aber nach wie vor sowas von 2014 an. Man kann von Kanye und dem Gott-Film, den er lebt, halten was man will. Aber die Produktionen, auf denen er seinen Daumen hat, die stimmen einfach. „Cruel Summer“ ist der Beweis dafür. Natürlich ist die Power dieser Platte nicht nur Kanye geschuldet: Jay-Z, Big Sean, Pusha T, 2 Chainz, Common und Kid Cudi geben sich neben weiteren First-Class-Rap-Faces das Mikro in die Hand. Auf der Produktionsseite drehen unter anderem Travi$ Scott und Hudson Mohawke an den Knöpfchen. Was soll da schon schief gehen? Eben.
##Moiré - Shelter
Ji-Hun: Irgendwie eine typische Geschichte. Typ aus London gibt sich besonders mysteriös und will auch nicht, dass irgendeiner seinen Namen kennt. Also Typ macht offenbar gute Musik und wird von Actress für sein Label Werkdiscs entdeckt. Nun hat dieser Moiré sein erstes Album mit dem wuchtigen Namen „Shelter“ rausgebracht und wenn man einen synästhetischen Hang zur Musik hat, meint man zu hören, dass Moiré ein Stücke weit auch Programm ist. Dezent lagert Moiré die Patterns und Spuren mit leichten Verschiebungen übereinander, vor allem die Triolen scheinen es dem Produzenten angetan zu haben, so dass permanent neue Klangebenen entstehen. Sonst wird Deepness dekliniert, sehr klug und wohlklingend. Könnte eines der UK-House-Alben des Jahres werden.
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