This Is So Contemporary! Das Filter guckt Kunst# 3: Pamela Rosenkranz im Schinkel Pavillon, Berlin
29.3.2021 • Kultur – Text: Matti HummelsiepVernissagen, Pop-Up-Galerien, Art Weeks hier, Art Happenings da. Berlin hat ein Übermaß an Kunst-Events und Ausstellungen. Die Kolumne „This Is So Contemporary!“ nimmt in jeder Folge nur eine Ausstellung in den Blick – genauer gesagt um ein ausgewähltes Kunstwerk: Welche aktuelle Brisanz steckt in der Installation? Was ist die Essenz dahinter? Es wird gespoilt und geteast, allerdings ohne fachliche Hemmschwellen, Status und elitäre Kunstdiskurse. Dafür in aller Kürze und direkt.
Er ist groß, grün beleuchtet, und müffelt leicht. Der Erdhaufen „Infection“ ist eine mehrgleisige Kunsterfahrung. Verschiedene Sinnesorgane werden angesprochen. Und jetzt? Künstlerin Pamela Rosenkranz hat die Erde mit einem synthetischen Katzenhormon behandelt, das sexuell anziehend wirken soll. Das grüne Licht lässt den Wirkstoff dabei leicht verdampfen. Es riecht also, und je nach individuellem Geruchssinn, geht man bisweilen automatisch weiter.
Mit dieser Installation arbeitet die Schweizerin explizit an der Schnittstelle von Mensch und Natur, Zivilisation und Wildnis. Auch, wann wir uns lieben oder besser meiden, wann wir uns begehren oder abstoßen. Wie fruchtbar dieses Wechselverhältnis allgemein sein kann, aber auch wie zerstörerisch: Denn diese Substanz spielt offenbar eine Rolle bei der Übertragung der ansteckenden Toxoplasmose, die vor allem bei Katzen vorkommt. Der Erreger ist dabei ein Parasit, der sich durch Katzen vermehrt und selbst auf den Menschen übertragen werden kann.
Übrigens: Schon allein der Schinkel Pavillon selbst – mit seiner achteckigen Halle – ist einen Ausflug wert. Hier lässt sich nämlich ein bißchen DDR-Glitzer und -Glamour nachfühlen. Erich Honecker schwofte hier heimlich mit seinen Genoss*innen und Gästen auf gediegenen Cocktailpartys. Heute ist der Schinkel Pavillon eine feste Adresse, wenn es um experimentelle Kunst in Berlin geht.
Zur Person:
Pamela Rosenkranz ist bekannt dafür, sich in ihren Arbeiten immer wieder mit evolutionären, biologischen und neurologischen Aspekten auseinanderzusetzen. Neben der ästhetischen Erfahrung blitzen selbstverständlich gesellschaftskritische Fragen auf. So experimentierte sie an derer Stelle mit Silikonen, die unter anderem zur Herstellung von Prothesen und Make-up in der Filmproduktion verwendet werden und beschäftige sich mit Hautfarben und ihrer Repräsentation und Kommunikation in den Medien. Seit 2019 ist sie Professorin an der Akademie der Bildenden Künste München und leitet eine Klasse für Malerei und Grafik.
Zur Ausstellung:
Schinkel Pavillon, Oberwallstraße 1, 10117 Berlin
Gruppenausstellung Sun Rise | Sun Set mit:
Monira Al Qadiri, Karl Blossfeldt, Dora Budor, Max Ernst, Joan Fontcuberta, Karrabing Film Collective, Max Hooper Schneider, Pierre Huyghe, Emma Kunz, Richard Oelze, Precious Okoyomon, Neri Oxman, Jean Painlevé, Pamela Rosenkranz, Rachel Rose, Henri Rousseau, Torbjørn Rødland, Ryuichi Sakamoto and Anj Smith
Die Ausstellung läuft noch bis zum 25. Juli 2021.
Die Buchung eines Zeitfensters über die Webseite ist erforderlich.
Öffnungszeiten: Freitag bis Sonntag, 12 bis 19 Uhr
Vor Ort ist nur Barzahlung möglich.
6 € / 4 €