This Is So Contemporary! Das Filter guckt Kunst# 2: Kristina Schuldt bei EIGEN+ART
25.11.2020 • Kultur – Text: Matti HummelsiepVernissagen, Pop-Up-Galerien, Art Weeks hier, Art Happenings da. Berlin hat ein Übermaß an Kunst-Events und Ausstellungen. Oft hat man bestenfalls die Ankündigung gelesen, dann hängen schon die neuen Plakate. Im Dickicht an Terminen geht’s in unserer neuen Rubrik in jeder Folge nur um eine Ausstellung – genauer gesagt um ein ausgewähltes Kunstwerk: Welche aktuelle Brisanz steckt in der Installation? Was ist die Essenz dahinter? Bei „This Is So Contemporary!“ wird gespoilt und geteast, allerdings ohne fachliche Hemmschwellen, Status und elitäre Kunstdiskurse. Dafür in aller Kürze und direkt.
Die abstrakten Figuren, die Kristina Schuldt malt und die ihr Markenzeichen sind, sehen manchmal eher aus wie Gebilde, Kreaturen, oder stehen sinnbildlich für etwas: zerfetzt vor Leid, verzerrt vor Begierde, rebellisch im Kern, gezeichnet von zwischenmenschlich verhakelten Beziehungen. Aber es geht auch um das Loslassen, darum, weiterzuziehen, neue Optionen auszuloten. Die Werke der Leipzigerin beschreiben oft das Narrativ der anonymen, sich durchwurschtelnden Person. Sie werfen aber auch gesellschaftliche Fragen auf. Ihre Figuren seien noch nicht erwachsen und dürfen noch Blödsinn machen, erklärt die Künstlerin. Wie bei einem ihrer neuen Werke „Muse“. Die Elemente des Bildes lassen schnell darauf schließen, worum es geht: Pinsel, Farbpalette, Bücher. Aber es herrscht Chaos, die Figur ist gestolpert, unkonzentriert, vielleicht heillos überfordert. In ihren Sessions wird sie ständig durch irgendetwas vom Malen abgehalten, etwas kommt dazwischen, sagt Schuldt, und beschreibt bei „Muse“ also die Arbeit im Atelier. Wenn sie aber im kreativen Moment angekommen ist, kann es losgehen: „Wenn ich male, kämpfe ich mit dem Bild. Denn man kann nie das ganze Bild bearbeiten, man kann immer nur angreifen, dicht herangehen und einen Teil malen, und dann nimmt man wieder Abstand und das Bild schlägt zurück. So geht das immer hin und her.“
Zur Person
Kristina Schuldt kommt aus dem Dunstkreis der Leipziger Schule rund um Professor und Maler Neo Rauch. Bei ihm war sie zwei Jahre lang Meisterschülerin. Die in Moskau geborene Künstlerin gilt als neue, eben weibliche Hoffnung unter den Biskys, Polkes, Richters und Mühes am immer noch männlich dominierten deutschen Kunsthimmel. Selbst das gewichtige Forbes-Magazin widmete ihr Anfang November 2020 einen Beitrag.
Zur Ausstellung
EIGEN+ART, Auguststraße 26, 10117 Berlin
Die Ausstellung „Sans Souci“ läuft noch bis zum 12. Dezember 2020
Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag, 11 bis 18 Uhr
Eintritt frei, keine vorherige Buchung notwenig