Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.
Dr. Larry Nasser
Hierzulande ist der Name Larry Nasser bis jetzt eine große Unbekannte gewesen. Nasser war die letzten 30 Jahre aber so etwas wie einer der wichtigsten Sportärzte der USA. Er betreute vor allem das olympische Turner-Team und nun wurde Nasser in einem Gericht in Michigan im Rahmen eines spektakulären Prozesses zu 40-175 Jahren Gefängnis verurteilt. Mehr als 160 Frauen sagten gegen Nasser aus. Nasser missbrauchte junge Mädchen und Frauen über Jahre hinweg sexuell und wie bei Harvey Weinstein muss man sich wieder fragen: Wie kann jemand mit solchen grausamen Verbrechen so lange durchkommen? Die New York Times hat dazu einen Bericht bestehend aus O-Tönen veröffentlicht. Keine leichte Kost, aber wichtig, um zu verstehen, wie verrottet das System immer noch ist.
„My parents, who had my best interest at heart, will forever have to live with the fact that they continually brought their daughter to a sexual predator, and were in the room as he assaulted me.“ (Marie Anderson, Schwimmerin)
More than 160 women say Larry Nassar sexually abused them. Here are his accusers in their own words.
In Loving Memory
Am vergangenen Mittwoch starb Mark E. Smith im Alter von 60 Jahren. Mit seinem Tod verliert die Musikwelt erneut einen Querdenker und Eigenbrötler, der im Laufe seiner Karriere als Frontman und Sänger von „The Fall“ immer wieder für Irritaionen gesorgt hat – ganz im Sinne des aufrührerischen Post-Punk, den er entscheidend geprägt hat. Neutral konnte man ihm gegenüber nicht sein. Für die einen war er ein ignorantes Arschloch, für die anderen einfach nur ein strahlendes Genie – immer unberechenbar, meistens vollgepumpt mit Substanzen aller Art. Alles nagte ständig an Mark E. Smith. Wie runtergewirtschaftet und inkompatibel mit der Welt er war, trat spätestens bei seinem Interview im BBC-Fernsehen zum Tode von John Peel zutage: Nun muss er das alles selbst nicht mehr ertragen. Im Guardian erinnern sich Freunde, aber auch Musiker, die mit ihm zusammenarbeiteten oder von ihm beeinflusst wurden, an eine der größten Kodderschnauzen Manchesters.
„A magic shaman of words, and a man who could rock a jumper like no other.“
'An agent of chaos, fuelled by fire': stars' memories of Mark E Smith
Apple Cash FAQ
Dass Apple ein gigantisches Barvermögen im Geldspeicher hat ist keine News. Weil ein großer Teil dieses Vermögens im Ausland liegt, sind dessen Nutzungsmöglichkeiten allerdings eingeschränkt. Für die Auszahlung der Dividenden an Teilhaber in den USA nimmt das Unternehmen Kredite auf, weil die Rückführung des Barvermögens mit 35 Prozent besteuert würde. Trump möchte das ändern und wird es auch wohl, doch darum geht’s hier gar nicht. Industrie-Analyst und Blogger Horace Dediu erklärt in diesem Artikel bzw. FAQ nicht nur die Cash-Situation Apples, sondern beschreibt verständlich wie kein anderer, wie der Unternehmenswert zustande kommt, was es mit dem Rückkauf von Anteilen auf sich hat, was Kurz- und Langzeit-Investments bedeuten. Ein hochinteressantes Stück Erklär-Journalismus am Beispiel des Apfels aus Cupertino.
„Companies are valued on their future cash flows, meaning their ability to generate cash, not how much they managed to keep. In other words, cash is a measure of past success and investors are interested only in future value.“
Agrar-Kolonialismus
Doppelt so groß wie Deutschland ist die Fläche, die es braucht, um all das anzubauen und heranzuziehen, was zusätzlich zum innerhalb der Landesgrenzen Erzeugten verbraucht wird. Das ist extensive Landwirtschaft im wahrsten Sinne des Wortes. Deutschland könnte sich quasi selbst versorgen, ist aber drittgrößter Importeur von Lebensmitteln. Warum? Weil ein Großteil heimischer Agrarflächen direkt oder indirekt für die Fleischproduktion reserviert, sprich blockiert ist. Das urban oft zu vernehmende „Ich esse ja immer weniger Fleisch, und wenn, dann ...“ ist angesichts dieses Faktums nicht mehr als einfach nur ein Satz. Diese „imperiale Lebensweise“ ist allerdings für Deutschland kein großes Problem (vom Insektensterben mal abgesehen), deswegen ändert sich auch nicht viel, dafür umso mehr für die Länder, in denen diese Flächen für den eigenen Bedarf fehlen. Wie das eben so ist mit Kolonialismus.
„Weltweit ernten Sklaven in Plantagen und Gewächshäusern im Giftregen unser Importobst und -gemüse, während wir auf weniger als einem Prozent unserer Ackerflächen Gemüse anbauen. Bereits heute könnten sich vier Milliarden mehr Menschen gut ernähren, wenn auf den Äckern der Welt nicht Futter- und Energiepflanzen wachsen würden. Stattdessen ist die Zahl der Hungernden wieder gestiegen.“