Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.
Der Lügenpräsident
Dass das weiterhin ungebremst seinen Lauf nehmende Trump’sche Unheil in der Geschichte der US-Präsidenten (und weit darüber hinaus) bislang einmalig ist, bezweifeln nur noch wenige. Keine Statistik zeigt das allerdings besser, als die der New York Times zur Anzahl der Lügen von Donald Trump. Nun hat man die quantitative Erhebung mit den gleichen Kriterien auf die Präsidentschaft Obamas angewendet. Es steht 103, seit Amtseinführung Trumps, zu 18 – in den gesamten acht Jahren der Obama-Regierung. Aber nicht nur die Zahlen sind schockierend. Die Statistik beschreibt nicht nur einen Indikator, sondern das Kernproblem mit der Trump-Regierung: Das Verhältnis von Wahrheit und Lüge ist längst aus der Kraft gesetzt. Die konkreten Belege verdeutlichen das auf erschreckende Art und Weise.
„We have used the word “lies” again here, as we did in our original piece. If anything, though, the word is unfair to Obama and Bush.“
Sicherer Style
Es muss schon lange nicht mehr die dick auftragende Schutzweste sein, mit denen Polizistinnen und Polizisten dieser Tage über die Weihnachtsmärkte patrouilieren. In den USA – wo auch sonst – ist schusssichere Bekleidung ein Trend, der mittlerweile die Mode-Industrie erreicht hat: Auch andere Länder und Kontinente versprechen große Wachstumsraten und Gewinnmargen. Der Wunsch nach vermeintlichem Schutz vor Anschlägen wird weltweit größer und ist wie immer natürlich nur für diejenigen eine Option, die es sich leisten können und dabei auch noch gut aussehen wollen. Denn Anzüge, Hemden und Polo-Shirts, die nach US-amerikanischen Sicherheitsstandards gefertigt werden, sind teuer: Ein Anzug kann schon mal 5.000 Dollar kosten. Chelsea Greenwood hat sich für Racked auf die Reise gemacht und Hersteller besucht, die genau diese Klientel mit den unterschiedlichsten Produkten erfolgreich bedienen, und mit Experten gesprochen, die das gesellschaftspolitische Ausmaß dieses Trends kritisch und warnend begleiten. Die Schneider freut es, so oder so: In wenigen Jahren soll sich aus der schusssicheren Mode ein Geschäft entwickeln, bei dem über 5 Milliarden US-Dollar Umsatz winken. Auch, weil die Preise sinken und die Teile so für noch mehr Menschen erschwinglich werden.
„People don’t feel safe anymore in public gatherings, and it’s sad.“
Wie man ein Restaurant und einen Hype erfindet
TripAdvisor ist vor allem für Touristen eine wichtige Quelle, wenn es um die kulinarische Abendgestaltung im Urlaub geht. Insofern sind schlechte Ratings geschäftsschädigend für Restaurants und ihre Betreiber tun sehr viel für einen guten Score. Bezahlte positive Reviews von Menschen, die nie in dem Restaurant aßen, sind daher sicher keine Seltenheit. Doch der Vice-Autor Oobah Butler nahm sich vor, diese Mechanik um TripAdvisor genauer zu untersuchen und erfand kurzerhand ein Restaurant, gab ihm ein exklusives Auftreten (natürlich ohne Adresse und ohne festes Menü) mit einer Webseite und bat Freunde und Bekannte bei TripAdvisor positive Rezensionen zu schreiben. Sein Experiment verselbstständigte sich, „The Shed At Dulwich“ kletterte auf Platz 1 und so sah sich Butler am Ende gezwungen, das Restaurant sogar wirklich zu öffnen.
„This is London's first appointment-only, boutique restaurant. After running the spot for years privately, we've decided to open our doors to the public. The advertised address is a meeting point than the location of the Shed. As anybody who has eaten with us before knows, we make an appointment that works for us both ahead of the meal. This enables us to make for a unique, intimate experience. It's what makes us unique!“
Seltene Krankheiten
Das Gute an seltenen Krankheiten: Sie sind selten. Das Schlechte: Sie sind selten erforscht. Denn die Pharmaindustrie, die einen Großteil der Forschung pusht, interessiert sich folglich eher für die cashcows unter den Krankheiten als für die poor dogs. Und wenn es Medikamente gibt, sind sie – mangels Wettbewerb – nicht besonders effektiv. In Summe sind es aber laut EU-Analysen 7.000 als selten identifizierte und eingestufte Krankheiten, insgesamt 30 Millionen Menschen leiden allein in der EU an ihnen. Wie Abhilfe aussehen könnte, zeigt dieses Beispiel aus den USA: Hier tat sich ein unabhängiges Forschernetzwerk zusammen, um der seltenen Krankheit Morbus Castleman auf die Schliche zu kommen, initiiert von einem selbst daran erkrankten Mann. Eine kleine medizinische Erfolgsgeschichte.
„Der Assistent, der die Diagnose überbrachte, sagte: „Sie haben Morbus Castleman. Aber ich habe keine Ahnung, was das ist.““