Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.
Schädliche Selbstoptimierung
Es scheint paradox, vielleicht auch perfide: Während man seit Jahren gegen den Perfektionswahn in der Werbung kämpft – „Fühl dich gut, so wie du bist!“ – hat die Industrie der Selbstoptimierung in den letzten Jahren einen beispiellosen Aufstieg erlebt. Es reicht nicht mehr „seinen Traum“ zu leben, heute muss der Fortschritt gemessen und gleich per Social Media mit Freunden und Fans geteilt werden – im Fitnessbereich auch gern mit der Krankenkasse. Das Problem: Wir werden nicht zufriedener, glücklicher, sondern erreichen das Gegenteil. Alexandra Schwartz untersucht das Phänomen von allen Seiten, zieht Experten und Autoren zu Rate. Die Erkenntnisse sind nicht unbedingt überraschend, aber immer noch spannend und vor allem aktuell.
„If the ideal of the optimized self isn’t simply a fad, or even a preference, but an economic necessity, how can any of us choose to live otherwise?“
Manchester City Limited
Kurz vor Weihnachten veröffentlichte der britische Guardian eine Fußball-Geschichte, die selbst für diejenigen interessant ist, die sich für den Sport überhaupt nicht interessieren. Ein Stück über Macht, Konkurrenz, Weltbeherrschung und Kapitalismus. Auf diesen Säulen fußt das Prinzip „Manchester City“. Der Club gehört zu 100 Prozent der „City Football Group“, einem Unternehmen, an dem sowohl die bekannten arabischen Scheichs, aber auch chinesische Investoren beteiligt sind. Bei der „City Football Group“ (CFG) arbeitet man stetig daran, zum wichtigsten Player des Sports weltweit zu werden, der erste multinationale Fußball-Konzern. So groß wie Coca-Cola und so einflussreich wie Facebook oder Google. Alles wird kontrolliert. Der heimische Verein genauso wie immer mehr Clubs weltweit, die man vollständig oder anteilig übernommen hat, die Nachwuchsförderung, der Verkauf der Spieler. Mittendrin: der Man-City-CEO Ferran Soriano. Wirtschafts-Globalisierung, von der Dortmund oder Bayern nur träumen kann. Noch.
„Soriano started work as CEO of Manchester City on Saturday 1 September 2012. Two days later, he arrived in New York to create a new football club.“
Geld stinkt
Manfred Zauter hat sein Leben lang in einer Bank am Berliner Wittenbergplatz gearbeitet. Angefangen in einer Zeit, in der es kaum Girokonten gab, bis zur Einführung des Euro. Bereits 2009 beschrieb Herr Zauter seine Arbeit für die taz. In der tollen Oral History „Geld stinkt ganz furchtbar“ werden Jahrzehnte Berliner und deutscher Geschichte reüssiert, aus einer ganz speziellen Perspektive.
„Als ich anfing bei der Bank damals, da war noch alles offen, das Geld war noch nicht mal hinterm Tresen gesichert. Und wer ist denn überhaupt zur Bank gegangen? Das waren die Firmen und Handwerksbetriebe, die Geschäftskunden. Und die Volksbank ist ja eine mittelständische Bank. Die Firmen sind zur Bank gegangen, haben vorher angerufen und den Gesamtlohn für ihre Firma geholt.“
Tiefer
Man könnte ja glauben, das so etwas wie unsere Stimme wirklich rein physisch ist. Denkste: Auch sie ist gegendert, Baustein dessen, was das soziale Geschlecht formiert. Früher nämlich war die weibliche Sprechstimmlage, haben Forscher an der Uni Leipzig ermittelt, deutlich höher als heute. Die weibliche Stimme liegt im weltweiten Schnitt bei 220 Hertz, die von Männern bei 110 – das ist genau eine Oktave Unterschied. Allerdings sprechen Frauen heute im Alltagsleben betont tiefer, nämlich bei rund 165 Hertz, das ist eine halbe Oktave tiefer. Grund dafür sind keine Hormone, sondern ist das veränderte Rollenbild der Frau. Ist reale Gleichberechtigung dann ein Sich-Treffen nicht nur auf Augen-, sondern auch auf Stimmhöhe?
„Frauen sind heutzutage selbstbewusster, beruflich erfolgreich, verdienen mehr Geld. Das zeigt sich in der tieferen Stimme.“