Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.
##Großmeister AI
Pandoras Büchse oder die nächste technologische Revolution? Spätestens nachdem eine von Google entwickelte künstliche Intelligenz namens „Alpha Go“ den südkoreanischen Go-Großmeister Lee Sedol besiegen konnte, scheinen die Zukunftspotentiale unbegrenzt. Denn das komplexe asiatische Brettspiel Go galt lange Zeit als nicht durch künstliche Intelligenzen „knackbar“. Die kommende Ausgabe der Wired widmet sich dem Thema Artificial Intelligence und behauptet: Die Ära des Codens sei vorbei. Nun müsse der Mensch lernen, Maschinen zu trainieren. Cade Metz erklärt in ihrem ausführlichen Artikel „What the AI behind AlphaGo can teach us about being human“ die Geschichte hinter der AI und die Implikationen, die dieser historische Sieg gesellschaftlich und technologisch mit sich bringen könnte.
AlphaGo was making decisions based not on a set of rules its creators had encoded but on algorithms it had taught itself.
##Harte Zeiten in der Skateboard-Szene
Skateboarden, das war mal Underground, Szene, eine große weltweite Familie, ein Lebensgefühl. Heute ist das Skaten im Mainstream angekommen und große Sportmarken wie Nike und Adidas dominieren immer mehr das Geschäft und winken viele Pros mit viel Geld in ihre Fittiche. Mike Carroll ist eine Skate-Legende und zugleich Mitbegründer der Marken Lakai und Girl. In der vergangenen Zeit sind Carroll viele Stars Richtung oben genannten Übermarken abgewandert. Kürzlich erst Marc Johnson, der zu Adidas wechselte, ohne vorher ein Wort davon zu sagen. In einem Interview mit dem Magazin Jenkem wird nun richtig schmutzige Wäsche gewaschen.
But, with the combination of big brands and outside money coming in at a time when our favorite skaters are aging into retirement, that family mentality seems to be eroding. It’s impossible not to notice the rapid changes. In an ironic twist it seems skateboarders have created an industry too valuable for them to run anymore.
##Die Graus-Verwaltung
Will man in Berlin eine bezahlbare Wohnung finden, ist die Reaktion im Freundeskreis heutzutage ein leicht zynisches Lächeln, so als würde man berichten, man hätte gerade gelernt, ohne Flügel zu fliegen. Der Mietmarkt in der Hauptstadt ist zum harten Pflaster geworden, in dem mit nicht minder harten Bandagen gekämpft wird. Das gilt auch für unseriöse Hausverwaltungen, die die Not der Wohnungssuchenden ausnutzen, wenn sie schnellstmöglich eine Unterkunft suchen. Unfaire Staffelmieten, üble Schikanen und horrende Betriebskostenrechnungen gehören dazu. Die Firma GMRE zählt zu den besonders finsteren Schafen im Geschäft. Für Correctiv sind die Autoren Matthias Bolsinger und Benedict Wermter den Machenschaften des Unternehmens auf den Grund gegangen.
Es ist acht Uhr morgens, die Mieter in den anderen Wohnungen gehen auf ihre Toiletten. Literweise Kot, Urin und Abwasser landen in Paula Webers Badezimmer. Plötzlich packen die Handwerker ihre Sachen und gehen. Zurück bleiben Weber und ein Zuhause voller Fäkalien.
##Fischer vs. Schwarzer und Schirach
Der Bundesrichter Thomas Fischer mausert sich immer mehr zum Top-Autoren der deutschen Journalismuslandschaft. Seine Artikel und Kolumnen für Die Zeit sind seit jeher kluge Analysen schwieriger zeitgenössischer Themen und sind in der Lage Rechtslehre und den richtigen Umgang mit ihr dem Leser faszinierend verständlich nahe zu bringen. Dieses Jahr sprach Fischer auf der re:publica und auch da wurde klar, dass er, gerade in der Rolle des neutralen Richters, die Konfrontation nicht scheut, weder in seinen Texten noch auf der Bühne. Dass Fischer aber auch einen scharfsinnigen Kulturkritiker geben kann, beweist er in seiner neuesten Kolumne. Im Zentrum seiner Betrachtung liegen das Theaterstück „Terror“ von Bestsellerautor Ferdinand von Schirach und das neue Buch von Alice Schwarzer „Der Schock – die Silvesternacht von Köln“. Vielleicht ist es gerade Fischers Beruf des Richters geschuldet, dass man hier kein Marketing-Anzeigen-verweichlichtes Gewäsch findet, das den Kulturbetrieb und die Feuilletons heute immer mehr dominiert. Ein wunderbares Lesestück. Was Reich-Ranicki dazu gesagt hätte?
Das ist – Verzeihung – schrecklich. Ich habe nichts gegen das frühe GRIPS-Theater, und selbst den Baggerführer Willibald kann man rührend finden nach all den Jahren. Aber muss Herr von Schirach den Peter Lustig des unvermeidbaren Verbotsirrtums oder des übergesetzlichen Notstands geben?