Leseliste 15. Mai 2016 – andere Medien, andere ThemenBeate Zschäpe, Smartphones, Giftspritzen, Menschenhandel

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Bild: Roboter via Shutterstock

Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.

LL-Gefängnis

Foto: Gefängniszellen via Shutterstock

##Im Knast mit Beate Zschäpe
Für einige Tage saß die Journalistin Astrid Ebenhoch im Gefängnis. In der gleichen JVA wie Beate Zschäpe, in München-Stadelheim. Von ihrem Fenster aus hatte Ebenhoch freien Blick auf Zschäpes Zelle. Ebenhoch protokollierte das Leben der im NSU-Prozess Angeklagten im Knast und berichtet im Interview mit der Zeit Erstaunliches. Zschäpe ist Dreh- und Angelpunkt, hält Hof, verteilt freizügig Zigaretten, verfügt über deutlich mehr Geld als andere Insassen, hat Privilegien wie einen Laptop und wird von den Schließerinnen vollkommen in Ruhe gelassen, kann sich so Dinge und ein Benehmen leisten, das sonst sofort geahndet wird. Ihr zurückhaltendes Auftreten bei Gericht sei reine Schauspielerei, sagt Ebenhoch. Zschäpe ist die Chefin in Stadelheim, und wem das nicht passt, wird gemobbt. Das bekommen auch und besonders Ausländerinnen zu spüren.

„Sollte sie zu einer längeren Haftstrafe verurteilt werden, lasse sie sich ins Gefängnis in Chemnitz verlegen. Dort wartet der größte Fanclub von ihr.“

Die andere Beate

iPhone SE Review - lead

Foto: Das Filter

##Digital-Junkies
Es ist keine neue Erkenntnis, dass die zunehmende Smartphone-Nutzung Auswirkungen auf unser Denken und Handeln hat. Konstante Ablenkung, der selbst gewählte Zwang zum Multitasking sind Dinge, die in unserem Gehirn Schalter umlegen, die man besser nicht umlegen sollte. Zahlreiche Selbstversuche, in denen die Probanten das Telefon für einen bestimmten Zeitraum nicht mehr nutzen, bestätigen neu erlangte Freiheit, bessere Konzentrationsfähigkeit und Interesse an Dingen, für die man bislang keine Zeit zu haben glaubte. Mike Johnson macht aktuell so einen Versuch. Und berichtet nach einem Monat in einer sehr persönlichen Analyse, gespickt mit wissenschaftlichen Fakten, wie es sich anfühlt ohne iPhone. Hervorragend.

„Our technology has become incredibly good at stimulating the dopamine systems in our brain. Just like cocaine, sex, or chocolate. Checking your email releases dopamine. Shopping online releases dopamine. There is a whole world of online pleasure now at our fingertips, we just have to press a button.“

Your iPhone Might Be Killing You

LL-Giftspritze

Foto: Giftspritze via Shutterstock

##Stau in der Todeszelle
Der Pharmakonzern Pfizer hat sich dazu entschieden, die für Hinrichtungen benötigten Wirkstoffe und Medikamente nicht mehr an die entsprechenden Behörden zu liefern. Damit versiegt in den USA auch die letzte legale Möglichkeit, die Giftschränke in den Bundesstaaten, in denen die Todesstrafe noch vollstreckt wird, zu füllen. Gefängnisse und Justizbehörden haben schon seit einigen Jahren ein „Versorgungs-Problem“, fortan lässt sich die Mischung nur noch als nicht legale Grauimport besorgen. Die betroffenen Justizbehörden schweigen sich über diese Schwarzmarkt-Aktivitäten kategorisch aus, Häftlings-Anwälte fordern Aufklärung und in einigen Bundesstaaten werden für Hinrichtungen bereits Erschießungskommandos bestellt. Die New York Times dokumentiert die Entwicklungen.

„States are shrouding in secrecy aspects of what should be the most transparent government activity.“

Pfizer Blocks the Use of Its Drugs in Executions

LL-Illegale Arbeiter England

Foto: UK Referendum via Shutterstock

##Illegal in UK
Wer das nächste Mal Erdbeeren kauft, sollte darüber nachdenken, war die Pflückerin oder der Pflücker wohl verdient. Felicity Lawrence hat für den Guardian eine Geschichte aufgeschrieben, die in East Anglia spielt, im Herzen der britischen Landwirtschaft. Dort warten jede Nacht Illegale, vor allem aus Osteuropa, um sich als Tagelöhner anzubieten. Kontrolliert wird das Geschäft von osteuropäischen Geschäftsleuten, die die von den Supermarktketten eingeforderte schnelle und punktgenaue Belieferung mit frischem Obst und Gemüse ausnutzen, ein kleines Imperium aus Menschenhandel, Kriminalität und Unterdrückung aufzubauen. Großbritannien ist natürlich nur ein Platzhalter, das Prinzip dürfte in ganz Europa genau so funktionieren. Eine packende Reportage und ein aufschlussreicher Blick auf das, was in Europa falsch läuft.

„The scene that plays out at the BP garage each day is not simply about migration or the human cost of cheap goods or isolated rogue operators. It is the manifestation of a profound social and economic change that has been enacted in little more than two decades.“

The Gangsters On England's Doorstep

Wochenend-WalkmanDiesmal mit You + Your D. Metal Friend, Aesop Rock und Drake

Auf den Kopf gefallenFilmkritik: „Remainder“