Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.
Autos über alles
Das eigene Auto ist heilig. In dieser Hinsicht nehmen sich der durchschnittliche US-Amerikaner und der Otto-Normal-Deutsche nicht viel. Deutsche sind stolz auf ihre Automarken, Amerikaner sind stolz auf die vermeintliche Freiheit, die ihnen das eigene Gefährt verschafft. Dass der große, nur durch den Fahrer besetzte, SUV eine der größten Dreckschleudern und ineffizientesten Verkehrsmittel überhaupt darstellt, interessiert dabei wenig. Edward Humes hat für den Atlantic recherchiert, was der US-amerikanische Stolz aufs eigene Auto eigentlich mit sich bringt: an persönlichen wie wirtschaftlichen Kosten, an Umweltschäden, an gesundheitlichen Schäden bis hin zu Unfalltoten. Und vor allem klärt er das Missverständnis auf, demnach das Flugzeug gegenüber dem Auto als das uneffizienteste Verkehrsmittel gilt.
„If U.S. roads were a war zone, they would be the most dangerous battlefield the American military has ever encountered.“
5 mal Grundeinkommen
Die aktuelle brand eins beschäftigt sich mal wieder mit dem Grundeinkommen. Jenem Thema, dessen Erwähnungsfrequenz in den letzten Jahren massiv zu steigen scheint. Kein Wunder. Denn auch wenn es dem Durchschnittsbürger nicht schlechter geht, so kommt vom Wachstum „unten“ deutlich weniger an, als „oben“. Ob und wie eine Art Grundeinkommen funktionieren könnte, darüber wird fleißig gestritten. Dieser Artikel stellt unterschiedliche Ansätze vor: von der Bürgerbeteiligung an Wirtschaftsunternehmen bis zur klassischen Auszahlung eines „basic income“. Unter anderem vertreten durch prominente Wirtschaftler wie Götz Werner, den Gründer der Drogerie-Kette dm und Wirtschaftswissenschaftler wie Erik Brynjolfsson und Andrew McAffee vom MIT.
„Alle diese Denker argumentieren bei einem zentralen Punkt ähnlich: Es fehlt nicht an Reichtum, die Frage ist, wie er Nutzen stiften kann – für das Gemeinwesen und die Menschen, die es ausmachen.“
Der Riese und das Nazigold
Als die Deutschen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs aus Polen flüchten mussten, versteckten sie so viele Wertgegenstände wie möglich: vom privaten Schmuck bis hin zu Goldmünzen in großen Säcken. Außerdem zerstörten sie Eingänge zu Bunkern und Höhlensystemen. Jake Halpern war für The New Yorker vor Ort, in der Gegend des bekanntesten unbekannten Stollensystems, genannt „Riese“. Ein gigantischer Komplex aus hunderten Tunneln, der allem Anschein nach nie endgültig fertiggestellt wurde. Seite an Seite mit den Schatzjägern wanderte der Autor durch dunkle Gänge, entlang verlassener Eisenbahnlinien und in alten Stollen umher. Und ließ sich über die Jagd nach dem Nazigold, das Problem mit der Illegalität und einen Mythos aufklären, der durch kleinere Funde und vermeintliche Erfolge immer wieder neu genährt wird.
„When the war ended, hardly anyone seemed to know about Riese, but clues were everywhere—collapsed cave entrances, railroad tracks leading to abandoned worksites in the mountains, and ventilation shafts built into the forest floor.“
Rechts, rechter, Kubitschek
Als der thüringische AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke in einem abartigen, skandalträchtigen Vortrag das Reproduktionsverhalten von Afrikanern implizit mit dem von Mäusen und Kaninchen auf eine Stufe stellte, befand er sich im kleinen Örtchen Schnellroda in Sachsen-Anhalt. Genauer: zu Hause bei den Kubitscheks. Götz Kubitschek und seine Frau Ellen Kositz sind der Inbegriff jener „Neuen Rechten“, die abseits der Parteienlandschaft – sie sind nicht in der AFD – aktiv daran mitwirken, dass sich unsereiner in manchen Momenten denkt: So oder so ähnlich, muss es auch 1930 gewesen sein. Zwei FAZ-Autoren haben das Ehepaar auf ihrem Rittergut besucht. Diese Reportage ist der Blick in eine schwarz-weiße Welt, die es in jeder Hinsicht zu bekämpfen gilt.
„Das Gespräch steht am Rande des Abbruchs. Kubitschek droht mit Rauswurf. In seinem Haus soll über Deutschland nicht anders als in den Erhabenheitsformeln einer radikalisierten Spätromantik gesprochen werden.“