Leseliste 20. August 2017 – andere Medien, andere ThemenWhite Power Music, Cro, Drogenpolitik und Trump-Caligula

Glen Noble Unsplash Leseliste 20170820

Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.

White Power Music

Die White-Power-Gruppierungen in den USA haben sich mit den Ereignissen in Charlottesville zurück ins Bewusstsein der Amerikaner katapultiert. Rassisten und Neonazis sind wieder sichtbar, im Land der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten, im Einwanderungsland schlechthin. Und auch die der Musik verschriebenen Neonazis produzieren Rechtsrock-Müll am Laufenden Band. Streaming-Services wie Apple Music und Spotify wehren sich dagegen, führen Listen, reagieren. Wie gut das klappt oder nicht klappt, hat Marc Hogan für Pitchfork recherchiert.

„After last weekend’s horrifying rally by white nationalists in Charlottesville, Va., Digital Music News reported that they’d found 37 racist bands on Spotify alone.“

Is White Power Music Finally Getting Booted from the Internet?

Panda LL 20082017

Foto: CSBaltimore Perfection via photopin (license)

Cro

Als die Das-Filter-Redakteure Kim und Herrmann vor vielen Jahren noch bei dem Magazin De:Bug arbeiteten, war da ein damals noch unbedarfter, aber ambitionierter junger Praktikant mit Leinensegelschuhen und dem Namen Jan Wehn. Heute ist Jan Wehn einer der profiliertesten Journalisten und Chronisten der deutschen Rap-Szene und hat dieser Tage für sein Online-Magazin All Good den Panda-Rapper Cro aus Stuttgart portraitiert. Ob Cro aka Carlo Waibel für unser musikalisches Spektrum relevant ist, bleibt zwar auch nach diesem Feature fraglich. Allerdings schafft es der Autor, eine nicht nur handwerklich gute, sondern auch persönliche, wie auch eindrückliche Reportage abzuliefern, die auf jeden Fall lesenswert ist und ein Popstarleben in Schwaben beschreibt, das mit Substanz und vielen feinen Details überzeugen kann.

„Schau mal, ich bin vier Jahre lang einfach nur gerannt. Wie Forrest Gump. Oder wie Crash Bandicoot. Ich bin immer nur weitergerannt, gesprungen und habe Coins gesammelt. Und irgendwann stand ich im Ziel, habe mich umgedreht und diese ganzen Leute hinter mir gesehen. Da habe ich gemerkt, dass es Zeit wird, mal durchzuatmen und zu zeigen, wer ich wirklich bin.“

Wartet kurz, ich brauch noch einen Moment

Gebt das Hanf frei und die Pillen gleich mit

Wenn es um Drogenpolitik geht, kommen die interessantesten Vorschläge oft von Volkswirten. Ihre Betrachtungsweise der Thematik, orientiert an Angebot und Nachfrage, ist erfrischend anders. Justus Haucap, einer der renommiertesten Ökonomen des Landes, hält die deutsche Drogenpolitik für komplett gescheitert und spricht sich für eine vollständige Legalisierung aus: Mit den milliardenschweren steuerlichen Einnahmen durch den Verkauf könnten Aufklärungs- und Präventionsprogramme finanziert werden, es gäbe Produktsicherheit. Und: Erfahrungswerte aus anderen Ländern weisen darauf hin, dass Freigabe nicht zu Mehrkonsum führt. Allein, es gibt keine Partei, die sich so weit rauswagt. Zum „tipping point“ könne es aber dennoch bald kommen – US-Trends schwappen schließlich regelmäßig herüber in die Alte Welt.

„Also wären das für Deutschland zwischen drei und vier Milliarden Euro pro Jahr, einmal durch die Steuereinnahmen und einmal durch eingesparte Gerichtskosten und Ermittlungsarbeit.“

Die deutsche Drogenpolitik ist gescheitert

Mediales Impeachment

Für die US-Medien sind es eigentlich ja gute Zeiten. Seit der Verrückte im Weißen Haus „regiert“, stimmen Verkaufszahlen, Einschaltquoten und Werbeerlöse. Man könnte also schwungvoll auf der Welle weitersurfen. Jetzt aber scheint die gefährliche Brandung erreicht: Es ist endgültig klar, dass Donald Trump nicht nur verrückt ist, sondern einen Schaden für die Demokratie darstellt. Er muss weg. Jetzt. Nach Steven Colberts glänzender Dekonstruktion von Trumps Statement zu Charlotteville äußert sich nun Paul Krugman, Wirtschaftsguru und Nobelpreisträger: Er vergleicht Trump mit dem römischen Kaisers Caligula. Dessen entledigte sich Rom per Tyrannenmord, Krugman will es mit den legitimen Mitteln getan sehen, welche die wettergegerbte, älteste Demokratie der Welt zu bieten hat. Es gibt nur ein Problem: Die republikanische Partei braucht die Rassisten. Und die bedient Trump derzeit vorzüglich.

„So the odds are that we’re stuck with a malevolent, incompetent president whom nobody knowledgeable respects, and many consider illegitimate. If so, we have to hope that our country somehow stumbles through the next year and a half without catastrophe, and that the midterm elections transform the political calculus and make the Constitution great again.“

Trump Makes Caligula Look Pretty Good

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Karen Gwyer, House of Feelings und der Mondscheinsonate im Remix

Rewind: Klassiker, neu gehörtThe Housemartins – The People Who Grinned Themselves To Death (1987)