Leseliste 11. November 2018 – andere Medien, andere ThemenAlexandria Ocasio-Cortez, Klima, das Comeback und John Sinclair

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Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.

Vom Taco-Restaurant in den Kongress

Alexandria Ocasio-Cortez, 29, ist die jüngste Frau, die jemals in den US-Kongress gewählt worden ist. Und so etwas wie die neue Hoffnung der Demokraten: Jung, weiblich, mit puerto-ricanischen Eltern den people of color zugehörig. Ein kleiner amerikanischer Traum: in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, avancierte sie zur Topforscherin, erhielt Auszeichnungen, ein Asteroid wurde gar nach ihr benannt – um nach Beendigung der Uni im Taco-Restaurant ihrer Mutter mitzuarbeiten. Auch, als sie sich bereits mitten im Kongresswahlkampf befand, stand sie noch regelmäßig hinter einem Tresen. Food, so sagt sie in diesem Portrait, ist für sie durch und durch politisch, der nachvollziehbarste Indikator für die Ungleichheit ihres Landes: Ein geschätztes Drittel der Beschäftigten in der Gastronomie hat keine Papiere, und die Trump-Regierung hat viele von ihnen aus den Jobs gescheucht. Gleichzeitig dominieren die national-globalen Foodkonzerne die Supermärkte und Essgewohnheiten der Amerikaner. In ihrem neuen Amt will sie sich für eine allumfassende Krankenversicherung einsetzen – etwas, das 85% der in dieser Branche Beschäftigten nicht haben. Und für eine Verdopplung des Mindestlohns auf 15 Dollar. Im Gegensatz zu vielen Kongressabgeordneten, so sagt sie, weiß sie, wie es ist, mittellos zu leben.

“The food industry is the nexus of almost all of the major forces in our politics today,” she says. “It’s super closely linked with climate change and ethics. It’s the nexus of minimum wage fights, of immigration law, of criminal justice reform, of health care debates, of education. You’d be hard-pressed to find a political issue that doesn’t have food implications.”

Alexandria Ocasio-Cortez Learned Her Most Important Lessons from Restaurants

Klima

Der Mensch ist ja bei aller Evolution und Fortschritt ein recht einfältiges Tier. Er erkennt Probleme immer nur dann, wenn sie wirklich vor der Haustür stehen. Das ist beim Klimawandel nicht anders. Denn noch immer reden die allermeisten darüber, als handle es sich um dystopische Science-Fiction. Von vielen wird er weiterhin geleugnet. Die massiven Unwetter in diesem Herbst in Italien, Frankreich, so wie der Wüstensommer dieses Jahres sind allerdings mehr als nur ein eindeutiges Signal. Aber was wird getan und was kann man überhaupt tun? Tobias Winterkorn hat für die Zeit einen ausführlichen Essay verfasst und der Titel „Die Sintflut kommt“ deutet an, dass wir alle nicht so weitermachen können, wie gehabt.

Der Klimakrieg, in dem die Welt sich längst befindet, ist anders als alle anderen. Er wird nicht nur asymmetrisch geführt wie die vielen Regionalkonflikte seit dem Ende des Kalten Krieges. Der Wärmekrieg verläuft im Wortsinn atmosphärisch, die Atmosphäre verschleppt die Aggression der Treibhausgase in Raum und Zeit. Der Frontverlauf ist so berechenbar wie das Wetter: Jahre und Jahrzehnte im Voraus weiß man, dass die Temperatur steigen und dass es mehr Dürren, Stürme und Überflutungen geben wird. Genau vorhersagen, wo, wann und mit welcher Heftigkeit die Attacken erfolgen, kann man erst Tage oder Wochen zuvor.

Die Sintflut kommt

Die 5 Stufen des Comebacks

Comebacks und Reunions gehören mindestens so zur Popkultur wie Neueinsteiger und Feature-Songs. Der Guardian beschreibt worum es beim Comeback geht, wie es gelingen kann – oder eben auch nicht. Nicht der erste und der letzte Text dieser Art aber die kurzweiligen Schmunzler ist er allemal wert:

„So, you’re finally back together. Gigs are booked. Rehearsals begin. And you realise how much you still hate the bass player. You now have to sell tickets. Press releases are issued. Social media channels activated. And you talk to the NME, which, it transpires, is no longer in print.“

The five stages of a rock reunion - from Shiiine On to supporting Hard-Fi

John Sinclair

Seit rund 40 Jahren schreibt Helmut Rellergerd Gruselgeschichten. Er selbst nennt sie Krimis, sein Held John Sinclair würde das aber vielleicht anders sehen. Die Auflage? Mehrere hundert Millionen, verteilt auf das, was man früher Groschenhefte nannte, und Romane. Rellergard ist 73, lebt in Bergisch Gladbach und nennt sich als Autor Jason Dark. Er hat kein Handy, keine E-Mail und schreibt nach wie vor an einer Schreibmaschine: über Werwölfe, Vampire, Untote und wie die von John Sinclair zur Strecke gebracht werden. Viele werden nie eines der Hefte gelesen haben, kennen vielleicht nur die Hörspiele aus Kindheitstagen und starben 1.000 Tode unter der Bettdecke des Kinderzimmers. David Hugendick hat dem Schriftsteller für Die Zeit einen Besuch abgestattet und sich die Welt von dem Mann erklären lassen, der den Geisterjäger salonfähig machte – lange bevor an die Ghostbusters überhaupt zu denken war.

„Von einem Schrank holt er einen Aschenbecher mit Sinclair-Logo und dem Schriftzug Der schwarze Tod. "Lustig, nicht?"“

Dämonendauerdienst

Wochenend-WalkmanDiesmal mit System, J Mascis und Matthew Dear

„Wir brauchen ein Internet-Copyright“Interview: Jean-Michel Jarre über KI, das Netz und sein neues Album „Equinoxe Infinity“