Leseliste 30. September 2018 – andere Medien, andere ThemenWhatsApp, Instant-Nudelsuppe, KI-Autokratie und Good Bye Hambi

Leseliste-30092018-lede

Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.

Whatsapp-LL-30092018

Foto: Facebook

Wassup, WhatsApp?

Keine gute Woche für Facebook. Erst wurde bekannt, dass die beiden Instagram-Gründer Kevin Systrom und Mike Krieger sich bis auf weiteres anderen Dingen widmen wollen. Eine große Sicherheitslücke wurde aufgedeckt, von der 50 Millionen Kunden betroffen sein sollen. Und dann veröffentlicht Forbes auch noch eine lange Reportage über Brian Acton, den WhatsApp-Macher. Er hat schon länger mit Zuckerberg und Sandberg gebrochen – und dafür sogar auf 850 Millionen Dollar verzichtet. Der Graben zwischen dem Programmierer und dem Sozialen Netzwerk ging so weit, dass Acton anlässlich des Cambridge-Analytica-Skandals sogar #DeleteFacebook twitterte. Die Details der Streitigkeiten blieb er jedoch schuldig – bis jetzt. Vermutungen bestätigen sich. Facebook will alles monetarisieren, koste es was es wolle. Dem Verschlüsselungs-Advokat war das zu viel, ähnlich wie den Instagram-Gründern. Wieder einmal werden die Facebook-Tentakel erklärt, wieder einmal wird einem angst und bange.

„They are businesspeople, they are good businesspeople. They just represent a set of business practices, principles and ethics, and policies that I don’t necessarily agree with.“

WhatsApp Cofounder Brian Acton Gives The Inside Story On #DeleteFacebook And Why He Left $850 Million Behind

Instant Ramen

Photo by Kevin McCutcheon on Unsplash

Die Geschichte der Instant Ramen

Die Instant-Nudelsuppe ist heute weltweit zum Grundnahrungsmittel geworden. Alleine im letzten Jahr wurden 100 Mrd. Packungen verkauft. Das sind 13 für jeden Menschen auf der Erde. Ob als Kindersnack direkt aus der Tüte, überlebensnotwendiges Studentenessen oder als Währung in US-Gefängnissen, hat die Tüten-Nudelsuppe heute unterschiedlichste Spielwiesen geschaffen. In Japan gibt es alleine drei Museen, die sich der Instant-Nudel widmen. Für die BBC hat Celia Hatton diese spannende Reportage geschrieben, die es auch als Radiobericht gibt. Über eine ganz besondere kulinarische Erfolgsgeschichte, wahrscheinlich größer als Pizza und Burger zusammen.

„You might have a certain book from the outside that I want to read. You might say, ‘I’ll give you 10 soups - 10 packages of ramen noodles - in exchange for that book,’ or to even borrow that book. I’m sure it’s been used for payment for sexual acts.” Noodles can ease social interactions inside a prison, Chandra says. “It can be used as a gratuity. So a lot of times there’s a laundry worker who washes people’s clothes, and even though you’re not required to do that, they might hand over a package of noodles when the laundry worker gives an inmate back her clothes, when they’re folded and dried.“

The Eternal Life of the Instant Noodle

KI und Autokratie

Krystian Woznicki hat bei der Rosa Luxemburg Stiftung über KI und Gesellschaft geschrieben. Während die erste Hälfte des Textes vor allem Merkmale umreißt, die der aufmerksame Leser unserer Reihe „Understanding Digital Capitalism“ längst kennt, wird der Text im weiteren Verlauf spannender. Menschen überlassen Entscheidungen zunehmend den Algorithmen und machen sie so zur Autorität, ohne die Grundlage der Entscheidung überhaupt zu kennen. Annahmen der KI werden so als objektive Wahrheit akzeptiert. Das überträgt sich auf die politische Realität und ist einer der Gründe für die Renaissance der Autokratie, die die Werte der Aufklärung weiterführt, aber nur einer bestimmten Gruppe – cis – zugesteht. Woznicki weiß das natürlich viel besser zu auszudrücken:

„Die Autokraten-Renaissance vermittelt uns nicht zuletzt, dass die Welt, in der wir heute leben, ausschließlich vom Menschen gebaut worden sei. Entsprechend erscheint der Autokrat hier als «Steuermann» all der technologischen Systeme, die Menschen erschaffen haben – ein Egozentriker am Joystick einer programmierbaren Welt. Doch unterschlägt diese Vorstellung nicht, dass die programmierbare Welt nicht exklusiv menschlichen, sondern eher techno-sozialen Steuerungsprinzipien unterworfen ist – und somit im Zeichen des Kapitalozäns steht?“

Okay, Trump, mach mal!

Hambi geht, so oder so

Die Proteste um die Rodung bzw. die Erhaltung des Hambacher Forstes haben in den letzten Wochen für Wirbel gesorgt. Ein 27-jähriger Filmemacher und Blogger ist beim Einsturz einer Hängebrücke zwischen den Baumwipfeln gestorben. Ein Ende der Streitigkeiten ist nicht in Sicht. Der Energiekonzern RWE hat zwar „Recht und Politik auf seiner Seite“. Doch nicht nur Umweltaktivisten, sondern eine breite Masse von Menschen möchte die Pläne zum Ausbau des Braunkohle-Tagebaus nicht hinnehmen. Die Countdown für die Braunkohle-Energie läuft bereits, warum jetzt diesen ökologischen Preis zahlen – immerhin ist „Hambi“ nicht irgendein Wald? RWE-Manager Harald Marx war bei der ZEIT im Interview. Er ist sich sicher, dass der Wald der Braunkohleförderung weichen wird. Und er wirkt dabei so kühl und gelassen, dass die Hoffnung stirbt.

„Der Wald kann so oder so nicht erhalten bleiben.“

"Der Hambacher Forst kann so oder so nicht erhalten bleiben"

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Tim Hecker, Rue Royale und MGMT / Matthew Dear

Zwischen Autokraten-Rennaissance und KI-HypeInterview mit Magdalena Taube und Krystian Woznicki, Veranstalter von „Ambient Revolts“