Review: Beyerdynamic Aventho WirelessDer vielleicht beste Bluetooth-Kopfhörer

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Der Aventho Wireless: ein leichter und portabler Bluetooth-Kopfhörer, der nicht nur mit exzellentem Klang überzeugt, sondern auch mittels Hörtest den Sound zusätzlich personalisieren kann. Praktisch aus dem Stand setzt Beyerdynamic im Wilden Westen des Kopfhörer-Angebots so den neuen Goldstandard der drahtlosen Zukunft. Thaddeus Herrmann ist begeistert. Und das ist er so schnell nicht.

Am Wettlauf um die Hipster-Medaillen im Kopfhörer-Business hat sich Beyerdynamic bislang nicht beteiligt. Hier ist nichts bunt und schon gar nicht grell – im Lineup der Traditionsfirma herrscht HiFi-Understatement. Die Gründe liegen auf der Hand, bzw. auf dem Ohr: Im Hörfunk, im Aufnahmestudio und auf Konzertbühnen muss nichts glitzern, sondern funktionieren. Zwar kümmert man seit einigen Jahren verstärkt um den dezidierten Consumer-Markt, hat bislang aber noch nicht Yves Béhar mit dem Design eines Kopfhörers beauftragt, den es nur im Mediamarkt zu kaufen gibt. Und auch an das Drahtlos-Thema wagt man sich nur sachte heran. Keine Überraschung: Das Stichwort Bluetooth jagt gestandenen Audio-Ingenieuren ja auch einen Subbass-Schauer über den Rücken. Vielleicht zu recht. Aber anno 2017 kann sich kein Hersteller leisten, die Moderne zu ignorieren. Doch dass Beyerdynamic mit dem Aventho Wireless quasi aus dem Stand einen kabellosen Kopfhörer vorlegt, der einen Großteil der Mitbewerber auf die Plätze verweist, ist eine Überraschung.

Mit Klang kannte man sich bei Beyerdynamic schon immer aus. Das Unternehmen ist ein Stück deutscher Technik- und Technologiegeschichte im Audio-Business und im Broadcasting-Bereich genauso eine große Nummer wie im philharmonischen Wohnzimmer. Der mitteleuropäische Dreisatz der alten Schule – AKG, Sennheiser, Beyerdynamic – hat die musikalische Kulturproduktion über Jahrzehnte geprägt. Aber: Beyerdynamic hatte nie einen HD25 und somit keinen frühen Kontakt mit der DJ-Welt wie Sennheiser, was die späte wenn auch noch gerade rechtzeitige Hipsterisierung in Wedemark befeuerte. Und AKG gehört mittlerweile Samsung. C’mon. Beyerdynamic ist kein Underdog, sondern vielmehr zufrieden in der zahlungskräftigen Nische. Damit ist jetzt Schluss, auch wenn man für den Aventho Wireless auch durchaus zahlungskräftig sein muss.

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Was?

Der Aventho Wireless ist äußerlich unauffällig oldschool, im Inneren aber randvoll mit brillanter Technik und noch viel brillanteren Ideen. Es ist ein OnEar-Kopfhörer, was vielen Menschen vielleicht eher schräg reinläuft. OnEar bedeutet, dass die Hörmuscheln die Ohren nicht umschließen, sondern vielmehr flach auf den Ohren aufliegen. Das erschwert das lange Tragen – Druckgefühl – und die Musik dringt so auch stärker nach außen, nervt also potenzielle Nebensitzer potenziell eher und schneller. Zumindest auf meinem Kopf will sich aber auch nach mehreren Stunden kein Druckgefühl einstellen. Das genau richtig gepolsterte Kopfband sorgt für Entlastung und auch die Hörmuscheln selbst sind angenehm kuschelig. Das Äußere der rechten Ohrmuschel ist berührungsempfindlich, die Bedienung des Kopfhörers – lauter, leiser, nächster Track, letzter Track, Telefonate annehmen etc. – erfolgt also wie auf einem Touchscreen mit Gesten. Ich bin kein ausgewiesener Fan davon, beim Aventho funktioniert das aber zufriedenstellend, selbst mit Touchscreen-optimierten Handschuhen muss man selten öfter über die Muschel wischen als eigentlich benötigt. Man sieht halt latent bescheuert dabei aus, aber das ist eine andere Geschichte. Der integrierte Akku soll bis zu 30 Stunden durchhalten – absolut realistisch. Egal wie lange ich mit dem Aventho Musik gehört habe: Die Batterie habe ich nicht leer bekommen. Geladen wird der Akku über USB Type-C: FUTURE. Als Übertragungsprotokoll kommt Bluetooth 4.2 zum Einsatz, aptX HD von Qualcomm wird für die Android-User unterstützt, iPhoner wie ich streamen AAC.

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USB Type-C, An/Ausschalter, LED und die Buchse für das Klinkenkabel

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Das Touchpad für die Bedienung

Wie?

Beyerdynamic verbaut im Aventho Wireless die eigenen Tesla-Treiber, die bei kabelgebundenen Kopfhörern im Highend-Segment in einem wirklich phänomenalen Klangbild resultieren. Für den Aventho hat man die Technologie so geschrumpft, dass die Komponenten in eine kleinen OnEar-Kopfhörer Platz finden und sich auch mit der beworbenen Akkulaufzeit verstehen: 32 Ohm, 105 dB, 10 – 40,000 Hz: komplett egale Nominalwerte, die nichts bedeuten. Setzt man aber den Aventho Wireless auf, koppelt ihn mit dem Smartphone und drückt Play, schallt einem ein Sound entgegen, der im besten Sinne des Wortes aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Hier knutscht audiophile Präzision mit analoger Wärme und knackigem Punch. Die Höhen: klar wie ein Bergbach. Die Bässe: rund und tief und throbbing, dabei aber nie zu laut oder auch nur im Ansatz überbetont. Die Mitten: knackig und präsent – das Ganze auf einer Soundstage, für die das Wort Stereo kaum ausreicht.

Ohne Kabel klang Musik für mich noch nie besser.

Und dabei habe ich noch nicht mal die App bemüht, das eigentliche Alleinstellungsmerkmal des Aventho Wireless. Denn der Klang des Kopfhörers kann – muss, sollte? – an das eigene Gehör angepasst werden. Beyerdynamic hat sich dazu mit dem Berliner Startup mimi.io zusammengetan, einem Unternehmen, das App-basierte Hörtests anbietet und das so erstellte Profil auf die unterschiedlichsten Services aufsetzen kann. Für den Aventho Wireless hat Beyerdynamic dieses Prozedere in eine eigene App integriert. Der Hörtest selbst dauert wenige Minuten, fühlt sich aber an, als säße man beim HNO, und ist deutlich ausgefuchster als etwa bei HTC. Das so erstellte Profil wird dann auf den Kopfhörer übertragen und soll den noch besser klingen lassen, als er eh schon klingt, basierend auf den Einschränkungen der eigenen Ohren.

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In der App kann die Intensität des eigenen Profils eingestellt, bzw. an- und abgeschaltet werden.

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Zu viel laute Musik ist schädlich. Die App informiert über die tägliche Benutzung.

Auch wenn ich dem Zauber noch nicht so ganz vertraue, liefert die Technologie von mimi eindeutig mehr als einen Smiley-EQ für Techno-Veteranen.

Es braucht eine Weile, um den Unterschied wirklich wertschätzen zu können. Der schnelle A/B-Vergleich in der App resultiert bestätigt zunächst nur das Erwartbare: Mit Profil ist der Aventho Wireless lauter, nicht mehr, nicht weniger. Lebt und hört man aber ein paar Wochen mit dieser Personalisierung, stellt sich ein interessanter Effekt ein. Es ist lauter und räumlicher, ja, aber das ist nicht die ganze Geschichte. Hier werden tatsächlich Frequenzen betont und hervorgehoben, an die man sich zwar noch erinnern, die man aber leider aber nicht mehr recht erleben konnte, weil man zu lange in Clubs vor den Boxen stand und die entscheidende Eckfrequenz vielleicht nicht mehr wahrnehmen kann. Auch wenn ich dem Zauber noch nicht so ganz vertraue, liefert die Technologie von mimi eindeutig mehr als einen Smiley-EQ für Techno-Veteranen.

Ja?

Unbedingt. Der Avantho Wireless ist ein absolut fantastischer Kopfhörer mit einem vielleicht nicht so ganz fantastischen Namen. Beyerdynamic wirft hier einen sensationellen Sound auf unsere Ohren, der in seinem klassischen Tuning heutzutage eh schon die Ausnahme im Consumer-Bereich ist. Keine übertriebene Lautheit, dafür eine geradezu seidene Klarheit im gesamten Frequenzspektrum mit dem Extraquäntchen Punch dort, wo es benötigt wird. Epische Akkulaufzeit, bombensichere Verbindungssicherheit via Bluetooth, gute Bedienung und die Personalisierungsmöglichkeiten über die angeschlossene App machen den OnEar noch besser. Das Stichwort OnEar ist und bleibt mein größter Kritikpunkt: Ich wünsche mir eine OverEar-Variante. Und einen günstigeren Preis: Der Avantho Wireless kostet 450 Euro. Das lässt sich ob des Klangs und der verbauten Tesla-Treiber zwar durchaus rechtfertigen – hilft Beyaerdynamic aber nicht bei der Eroberung des Consumer-Bereichs. Doch genau dort haben viel zu viele Hersteller viel zu viel verbrannte Erde hinterlassen mit Produkten, die oft nur 100 Euro günstiger sind. Braucht Beyerdynamic nun die Hipster-Spritze? Unter allen Umständen: nein! Denn der Aventho Wireless ist genau das für die „Generation Bluetooth“, was der HD25 für die „Generation DJ“ war. Das muss sich einfach nur rumsprechen. Eine OverEar-Version könnte dabei extremst helfen.

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