Review: Sonos OneAlexa, Google und Siri: Der beste smarte Lautsprecher, den man aktuell kaufen kann
18.10.2017 • Technik & Wissen – Text: Thaddeus HerrmannDie Multiroom-Lautsprecher von Sonos haben einen hervorragenden Ruf, waren bislang aber gerne unter sich. Ein geschlossenes System, das sich auch nicht über die immer beliebtere Sprachsteuerung mit Alexa und Co. bedienen ließ. Das freut die Mitbewerber – Amazon und Google –, die diese Plapper-Boomboxen im Dutzend verkaufen. Und Sonos? Schwenkt um, will mit Amazon, Google und Apple kooperieren und das eigene Ökosystem fit für die Zukunft machen. Der „One“ ist der erste Schritt in diese Richtung. Ab nächster Woche ist er für 230 Euro erhältlich, in unserer Redaktion ist er schon verkabelt.
Wer hätte gedacht, dass sich Lautsprecher 2017 zu einem der wichtigsten Themen in der Tech-Blase entwickeln würden? Smarte Lautsprecher selbstverständlich. Die, mit denen man reden kann und mit einer Sprachsteuerung in der Wolke verknüpft sind. Amazon hat mit mit dem Echo eine derartige Welle losgetreten, dass Google kaum hinterherkam und Apple erst im kommenden Jahr nachziehen wird. Die Mischung aus Speaker und Sprachsteuerung hat sich in den vergangenen Monaten faktisch zu einem der entscheidenden Faktoren entwickelt, wenn es darum geht, potenzielle Kunden langfristig in ein Ökosystem hineinzuziehen: mit Wetter, Verkehr und Drake.
Dabei stehen aktuell noch mehrere Probleme im Raum. Das erste ist mehr als offensichtlich: Man muss sich für Amazon und gegen Google entscheiden (oder andersherum), oder 2018 dann für Apple und gegen alle anderen. Dabei stehen die Chancen leider gut, dass mindestens ein Dienst, den man über die Jahre lieb gewonnen hat, nicht unterstützt wird. Ein Lautsprecher ist eben kein Telefon. So lässt sich beispielsweise Apple Music mit einem Amazon Echo gar nicht ansteuern (unwahrscheinlich, dass sich das jemals ändern wird), und wer einen Lautsprecher von Google hat, seine Musik aber bei Amazon (warum auch immer), steht vor dem gleichen Problem. Das viel größere Problem ist aber: Die Lautsprecher, die es bislang gibt, sind keine guten. Sie klingen leidlich bis bescheiden. Doch weil die Bedienung im Idealfall so einfach ist, nehmen viele Menschen das hin. Bei der Zukunft will man dabei sein, auch wenn die noch nicht wirklich überzeugend tönt.
Das stellt Sonos vor ein großes Problem. Das Unternehmen weiß, wie man gute Lautsprecher baut, das Prinzip „Multiroom“, mehrere Speaker innerhalb einer Wohnung miteinander per WiFi zu vernetzen, hat man praktisch erfunden. Nur an die Sprachsteuerung hat man sich bislang nicht herangetraut. Dazu kommt: Sonos nutzt ein proprietäres System, die Bedienung aller integrierten Musik- und Radioangebote (über 80) erfolgt ausschließlich über die eigene App für Telefon und Tablet. Und die ist alles andere als intuitiv. Lediglich Spotify hat man mittlerweile eine Sonderbehandlung eingeräumt – am Platzhirschen kommt man eben nicht vorbei. Die Sonos-Lautsprecher können kein Bluetooth. Die Sonos-Lautsprecher verstehen kein AirPlay. Und lassen sich eben auch nicht anquatschen. Einiges davon ändert sich in der kommenden Woche. Dann kommt der Sonos One in den Handel.
Ready for Sprachsteuerung
Der Sonos One ähnelt äußerlich sehr dem Verkaufsschlager – also dem preisgünstigsten Produkt – im Lineup des Unternehmens, dem Play:1. Der ist klein, kompakt, sieht gut aus und passt auf jeden Schreibtisch oder in jede jede Regalnische, beschallt aber trotz seiner vergleichsweise geringen Maße doch jeden Spontan-Rave. Ein wirklich guter Speaker. Genau diesen Lautsprecher bringt Sonos nun am 24. Oktober als One nochmal heraus: ready for Sprachsteuerung. Und seit einer Woche steht er bei mir schon auf dem Tisch, der Echo abgekabelt (sorry, Buddy). Aber Sound ist mir schon ziemlich wichtig. Da kommt mir der One ganz gelegen.
Der One ist für Sonos nicht nur der Einstieg in die Sprachsteuerung, der Lautsprecher steht auch für einen Paradigmenwechsel im Unternehmen. Die bislang geschlossene System wird geöffnet. Wer den One kauft, entscheidet sich nicht für einen Anbieter von Sprachsteuerung und smarten Wolken-Services, sondern erwirbt hoffentlich ein System, mit dem sich bald die unterschiedlichsten Dienste ansprechen lassen. Hoffentlich, weil: Aktuell ist das noch ein Zukunftsversprechen auf gleich mehreren Ebenen.
Sechs Mikros und endlich Bass
Los geht’s – wie könnte es anders sein – mit Amazon und Alexa. Offiziell noch beta (übersetzt: Wird schon funktionieren, aber wenn was schief läuft, ruft uns nicht an), sind die Basis-Funktionen von Alexa bereits überzeugend umgesetzt. Hat man die Sonos-App mit der von Alexa verknüpft, lässt sich die lady in a canister wie gewohnt ansprechen, klingt dabei aber deutlich voller und wärmer, weil der One eben ein guter Lautsprecher ist und kein Küchenradio vom Grabbeltisch. Läuft bereits Musik auf dem Speaker, funktioniert die Aktivierung ähnlich verlässlich wie beim Echo von Amazon selbst. Sechs Mikrofone hören auf das benötigte Losungswort, Mikrofone – das hat mir wiederum jemand von Amazon erzählt – von Sonos selbst konzipiert und nicht von Amazon lizenziert wurden. Dass die Alexa-Integration aktuell noch beta ist, merkt man aber zum Beispiel daran, dass sich via Sprache aktuell nur der Musikdienst von Amazon steuern lässt. Spotify soll „bald“ folgen, einen konkreten Zeitraum nennt Sonos nicht. Können sie vielleicht auch gar nicht, denn Amazon muss hierfür einen Schalter umlegen, den man bislang außer für die eigenen Produkte einfach nicht umlegen will.
„Google, Alexa, Siri? Alles gleichzeitig? Nichts genaues weiß man leider noch nicht genau.“
Die eigentliche Geschichte des Sonos One beginnt aber erst im kommenden Jahr. Dann soll der Lautsprecher einerseits mit dem Google Assistant kompatibel sein („OK, Google!“), was die Steuerung eines zweiten Ökosystems bedeuten würde, und andererseits auch mit Apples AirPlay funktionieren. Letzteres ist faktisch interessanter, weil es so möglich sein wird, Musik, Videos, Podcasts, Hörbücher – jeden Audio- und Videostream, der aus irgendeiner iOS-App rausfällt – latenzfrei an den Sonos-Lautsprecher zu übergeben. Auch Siri, Apples Alexa, soll dann erreichbar sein, und selbst Apples eigener smarter Lautsprecher, der HomePod, müsste sich so in ein Sonos-Multiroom-System einbinden lassen. Müsste. Nichts Genaues weiß man leider noch nicht genau.
„Sonos muss raus aus der Komfort-Zone und der One ist ein erster Schritt.“
Mit anderen Worten: Sonos verabschiedet sich vom eigenen abgeschotteten System und öffnet sich der Welt der anderen. Das ist ein Umschwung, den man sich immer gewünscht hat, der aber ohne den Einstieg von Amazon und Google in den Lautsprecher-Markt wahrscheinlich nie passiert wäre. Sonos muss raus aus der Komfort-Zone, der One ist ein erster Schritt. Der richtige Schritt, denn das letzte, was die Welt gebraucht hätte, wäre eine eigenes Sprachsteuerungssystem von Sonos, zusammengestoppelt und -gehackt. Die bereits existierenden sind schon verbesserungswürdig genug.
Man muss aber auch konstatieren, dass der Sonos One ein Experiment ist. Auf mindestens drei unterschiedliche Systeme großer Player zu setzen, die man auf der eigenen Hardware irgendwie – Details werden im Moment noch nicht verraten – fusionieren will, ist durchaus risikobehaftet. Das erfordert viel Arbeit, um es den Kunden so einfach wie möglich zu machen, und viel Vertrauen in Amazon, Google und Apple. Nun ist Sonos zum Glück nicht irgendein Startup, die Lautsprecher sind seit Jahren weltweit im Einsatz und heimsen regelmäßig gute Kritiken ein. Sonos ist eine Audiofirma, so ein Wissen schaufelt man sich nicht an einem Nachmittag drauf. Lautsprecher bauen ist schwierig und erfordert viel Erfahrung. Dennoch kann jeder Partner jederzeit den Hahn wieder zudrehen. Gründe gibt es dafür eigentlich nicht, aber es wäre zumindest eine Möglichkeit. Bei der Vorstellung des HomePod hat Apple aber beispielsweise ganz konkret in Richtung von Sonos gestänkert, Google bereitet mit dem Home Max einen direkten Konkurrenten zum Play:5 von Sonos vor. Und die Vergangenheit lehrt uns, dass offene Systeme aktuell nicht gerade en vogue sind im Valley.
Für den Moment bleibt zu konstatieren: Der Sonos One ist ein wirklich hervorragender Lautsprecher, mit dem das möglich werden könnte, was im Moment so gut wie unmöglich scheint: Ein Gerät, um mehrere Systeme anzuzapfen und gut klingen zu lassen. Daumen gedrückt, dass das auch Wirklichkeit wird.