Review: Apple HomePodWie klingt der smarte Speaker aus Cupertino?
18.6.2018 • Technik & Wissen – Text & Fotos: Thaddeus HerrmannApple hat sich Zeit gelassen, um Siri – die hauseigene Sprachassistenz – in einen Lautsprecher zu packen. Mit dem HomePod will man sich der Konkurrenz von Amazon, Google und Sonos stellen, ab sofort auch in Deutschland. Wir haben den Speaker schon vor dem Verkaufsstart unter die Lupe genommen: Thaddeus Herrmann kümmert sich in seinem Test dabei zunächst um den Sound des 350 Euro teuren Geräts. Denn nur was gut klingt, will man auch anlabern. Eine Tatsache, die beim kulturellen Durchmarsch dieser Lautsprecher zu oft vergessen wird.
Könnte man den HomePod oben öffnen, dann würde sich ein ziemlich ramponiertes Schlachtfeld vor einem auftun. Für den Lautsprecher musste man in Cupertino in den vergangenen Monaten neben Lob auch viel Schelte einstecken. Die Debatte, die dabei geführt wird, ist eigentlich immer die gleiche und die Conclusio erstaunlich kurz: „Ja, aber“. Das „Ja“ bezieht sich auf die Klangqualität, das „aber“ auf alles andere. Denn es ist 2018, und Lautsprecher sind nicht einfach nur mehr Lautsprecher. Dieses denkbar einfache Prinzip ist für unsere Welt mittlerweile schlicht zu einfach – und nicht mehr zeitgemäß. Ein Funk-Lautsprecher ist mindestens auch das Wohnzimmer einer Sprachassistenz, also erst das Kommunikations-Interface in die KI-Wolke und dann ein Bassbin. Plötzlich dreht sich bei der Bewertung alles vornehmlich nur noch um Ökosysteme, Reaktionszeiten und die Qualität der verbauten Mikrofone. Das sind wichtige und relevante Punkte, die aber letztlich vom Wesentlichen ablenken: Wie klingt eigentlich die Musik?
Das „Projekt Sprachsteuerung“ habe ich mittlerweile in der hintersten Ecke ganz oben links auf meinem Technikfriedhof-Regal eingemottet – mental. Seit dem ersten Rendezvous mit Alexa hat sich mir der tatsächliche Mehrwert nie wirklich erschlossen. Meine Interaktion beschränkte sich letztendlich auf genau einen Befehl: „Alexa, spiel’ Inforadio Berlin.“ Diese Alltagserleichterung war faktisch jedoch teuer erkauft – immer wieder sprang die Spracherkennung unmotiviert an, und wenn im TV oder auch nur in einem Podcast das Code-Wort fiel, rollte der Loop des Todes auf mich zu. Also: Mikros aus. Aber ein Echo ohne Mikrofone ist ungefähr so nützlich wie ein Handy im Funkloch, denn als Lautsprecher taugen die Teile beim besten Willen nicht. Das nächste Experiment war (und ist) der Sonos One, allerdings auch mit ausgeschalteten Mikrofonen. Gleiches Problem, dafür aber immerhin mit hervorragendem Klang. Und: Ich habe überhaupt kein Problem damit, etwas mehr zu tun, als nur „Ahoi Dingsbumms, spiel mal X von Z“ zu sagen, wenn ich Musik hören will. Immerhin ging man früher ja auch zur Stereoanlage, legte eine Platte auf und ließ den Tonarm in die Rille gleiten. Es ist also vollkommen okay, das iPhone aus der Tasche zu holen, eine App zu öffnen und auf Play zu drücken. Wenn die App denn gut ist. Und die von Sonos ist leider nicht sonderlich gut.
Der Markt der smarten Lautsprecher ist 2018 ziemlich satt gefuttert. Und genau in diesem Moment will Apple nun mit dem HomePod genau an dieser Stelle mitspielen
Auch Apple hat eine eigene Sprachassistenz – seit Jahren. Zwar hat man sich diese Technologie in Cupertino nicht ausgedacht, sondern zugekauft. Als Siri dann aber auf dem iPhone 4S debütierte, das war im Herbst 2011, lag die Fachwelt ziemlich geplättet auf den Teppichböden der Technik-Redaktionen. Praktisch aus dem Stand formte sich hier ein neues Bedien-Paradigma für Taschencomputer: Sprechen statt Tippen. Doch leider kam alles anders. Die Siri-Erfinder verließen Apple, gründeten neu und wurden von Samsung übernommen. Derweil wurde die Weiterentwicklung von Siri schleppender, die erhofften Quantensprünge blieben aus. Dazu kamen große regionale Unterschiede, die Integration neuer Features überwand oft genug nicht die Sprachbarriere. Der Rest ist Geschichte: Amazon mit Alexa und Google mit dem Assistant rollten das Feld von hinten auf. Beide Unternehmen führen heute das Feld der Sprachassistenz unangefochten an, was nicht zuletzt damit zu tun hat, dass die Technologie in preisgünstiger Hardware verschleudert respektive an jeden Drittanbieter lizenziert wird, der Lust hat, eigene Geräte damit auszustatten. Der Markt der smarten Lautsprecher ist 2018 ziemlich satt gefuttert. Und genau in diesem Moment will Apple nun mit dem HomePod genau an dieser Stelle mitspielen. Mit einem vergleichsweise teuren Produkt (349 Euro) und Siri als leider nicht ganz so smarter Intelligenz. Was soll da schon schiefgehen? Gerade für jemandem wie mich, der einfach nur gute Lautsprecher will und dabei auf Sprachsteuerung gerne verzichtet?
(M)ein Ökosystem
Tatsächlich ist der HomePod, was die Wiedergabe von Musik angeht, wie für mich gemacht. Beziehungsweise: Ich bin Teil genau der Zielgruppe, die Apple mit dem Lautsprecher erreichen will. Hinter beiden Grundvoraussetzungen für den Einsatz des HomePod kann ich locker ein Häkchen machen: Ich habe ein iPhone und beim Musik-Streaming habe ich mich für Apple Music entschieden. Dazu kommen reichlich Tracks, die ich in die iCloud geschoben habe. Idealbedingungen, unter denen der HomePod alle integrierten Features unterstützt und die auch per Sprache erreichbar macht: Musik, Podcasts, Beats1 und einiges mehr – dazu später.
Der HomePod ist ein Produkt, das auf die homegrown Services zugeschnitten ist bzw. den Einsatz hauseigener Apps für die volle Bequemlichkeit voraussetzt.
Wer ein iPhone hat, aber Spotify oder Deezer etc. nutzt, ist auch noch mit an Bord, muss aber schon auf einige Funktionen verzichten. Das Anwerfen via Sprache zum Beispiel. Und mit einem Android-Telefon ist man ganz raus. Damit hat man sich bei Apple für einen grundlegend anderen Ansatz entschieden als beispielsweise Sonos, die alle nur erdenklichen Dienste in ihrer App anbieten, bündeln und dann auf die Lautsprecher streamen bzw. von den Lautsprechern streamen lassen, was das Telefon entlastet. Auch davon wird noch die Rede sein. Der HomePod ist ein Produkt, das auf die homegrown Services zugeschnitten ist und das den Einsatz hauseigener Apps für die volle Bequemlichkeit voraussetzt. Das mag kurzsichtig und nicht zeitgemäß sein, ist nun aber so.
In dieser (meiner) Konstellation ist der HomePod nach der Einrichtung nicht mehr wirklich auf das iPhone angewiesen, um Musik oder Podcasts abzuspielen. Die jeweiligen Files holt sich der Lautsprecher direkt aus dem Netz und streamt sich nicht vom Telefon. Ein Prinzip, das man eben auch von Sonos kennt, aber auch von allen anderen Lautsprechern, die das „Spotify Connect“-Siegel tragen oder Dienste über Googles Chromecast ansprechen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Einerseits wird der Akku des Telefons geschont, andererseits kann man mit dem Telefon die Wohnung verlassen und der Hund hört weiterhin Depeche Mode. Bleibt man derweil auf der Couch und das Telefon klingelt oder gibt Benachrichtigungstöne von sich, bleibt die Musikwiedergabe davon unberührt/ungestört.
Der HomePod – und hier kommen die Spotify’er und Deezer ins Spiel – nimmt aber auch Streams entgegen, die vom Telefon (oder iPad, oder iPod Touch, Apple TV und im Notfall auch von iTunes auf dem Mac) kommen. Nicht etwa via Bluetooth – diese Schnittstelle lässt sich für die Audioübertragung auf dem HomePod nicht nutzen –, sondern via AirPlay oder AirPlay 2. Kurz gesagt ist das WiFi hinter einem latent proprietären Schloss mit kleineren Feineinstellungen. Aber WiFi bedeutet im Gegensatz zu Bluetooth auch eine deutlich höhere Bandbreite, größere Reichweite und den Ausschluss der Benachrichtigungstöne. Gute Sache. Leider wurde das Protokoll nie zum Standard. Bluetooth ist einfach praktischer und vor allem kompatibler. Passend zum HomePod ist nun AirPlay 2 am Start. Das verspricht deutlich geringere Latenzen und vor allem auch Multiroom-Unterstützung.
Mit der Entwicklung hat man sich bei Apple ganz offenkundig ein bisschen schwer getan. Angekündigt – genau wie der HomePod selbst – im Sommer 2017, ist das benötigte Software-Update erst vor wenigen Tagen erschienen. Dank AirPlay ist man aber, was den HomePod angeht, nicht zwingend darauf angewiesen, Apple Music oder auch Apple Podcasts zu verwenden. Das Telefon muss nur im gleichen WiFi-Netzwerk wie der Lautsprecher sein. Immerhin. Und trotz Apple-Music-Abo auch wichtig für mich, denn für Podcasts nutze ich eine andere App.
Das klingt alles komplizierter, als es eigentlich ist, zeigt aber auch, wie sich Apple auf dem Markt der vernetzten Lautsprecher als einer der letzten Anbieter überhaupt entschlossen hat, aufzustellen: eigene Schnittstellen, eigene Technologien, eigene Services, die sich aus dem eigenen Ökosystem speisen und im Idealfall mit der eigenen Sprachassistenz bedient werden. Musik, Podcasts, Wetter, Nachrichten, Smart Home: präsentiert und möglich gemacht von der immer gut gelaunten Siri.
Denglisch-Dekodierung
Warum der HomePod nun mit so großer Verspätung hierzulande in den Verkauf geht, wird offiziell natürlich nicht kommuniziert. Die Gründe liegen aber auf der Hand: Software-Challenges. Siri fit zu machen für perfektes Denglisch, ist keine leichte Aufgabe. Die Dekodierung der Zweisprachigkeit, die sich bei Kommandos wie „Siri, spiel’ 'The Sea And Cake'“ ganz automatisch ergibt, will gelernt sein. Hier ging es in der deutschen Sprache in den vergangenen Jahren nur mäßig voran, aber immerhin ging es voran. Band- und Künstlernamen versteht Siri mittlerweile einigermaßen verlässlich, auch die Kombination aus Künstler und Album oder Titel klappt in der Regel. Die babylonische Sprachverwirrung in der iCloud nimmt also ab. Genau deshalb kann man den HomePod nun auch auf die bundesdeutschen iPhones loslassen. Damit schließt man bei Apple längst nicht alle Lücken, die Siri von Alexa und dem Google Assistant trennen – was noch zur Sprache kommen wird –, garantiert aber zumindest die Basics. Und meine Ausgangsposition: Ich widme mich hier einem Lautsprecher mit Sprachsteuerung und nicht einer Sprachsteuerung mit Lautsprecher. Nach knapp 9.000 Zeichen einleitendem und einordnendem Erklärbär packen wir den HomePod jetzt endlich aus.
Leise rieselt der Putz
Apple und Audio, das sind nicht unbedingt zwei Begriffe, die einem beim spontanen Assoziieren rund um die Welt aus Cupertino einfallen. Dabei hat das Unternehmen schon vor zwölf Jahren eine Boombox auf den Markt gebracht – den iPod HiFi. Ging schief, lag aber nicht am Klang. Doch gerade in der jüngeren Vergangenheit hat man bei Apple ziemlich eindrücklich bewiesen, dass das Design von Lautsprechern durchaus zur Firmen-Expertise gehört, wenn auch in anderen Formfaktoren. Aktuelle iPhones klingen besser denn je, der Sound der iPads und Computer ist über alle Zweifel erhaben.
Die Audio-Abteilung von Apple ist aktuell ganz gut drauf.
So ist es keine Überraschung, dass die technischen Spezifikationen auf dem Papier die absolute top-notch experience versprechen: Sieben Hochtöner (im unteren Teil des Lautsprechers untergebracht) und ein nach oben abstrahlender Woofer (20 mm im Durchmesser und motorbetrieben) regeln den Klang. Sechs Mikrofone garantieren einerseits, dass Siri immer erreichbar ist und stellen andererseits sicher, dass der Raum und die Position des Lautsprechers kontinuierlich analysiert und der Sound angepasst wird. All das wiegt rund 2,5 Kilo und ist versteckt hinter weichem Gewebe rundherum, einem soliden Gummifuß unten und einer berührungsempfindlichen Fläche auf der Oberseite.
Eingerichtet ist der HomePod in Nulllkommanichts – Apple bedient sich hier einer Technik, die schon seit Längerem bei iOS-Geräten und dem Apple TV zum Einsatz kommt. Einfach das iPhone an den Lautsprecher halten und alle notwendigen Einstellungen werden automatisch übertragen: WiFi-Passwort, iCloud-Zugang und das Konto von Apple Music. Danach – sagt Siri – soll man doch einfach mal sagen: „Hey Siri, spiel’ Musik.“ Der Algorithmus rumpelt kurz und los geht’s. Bei mir war es ein Track von Nitzer Ebb. Angemessen. Sehr angemessen. Und auch sehr angenehm: keine App runterladen, kein extra Konto mehr erstellen, keine Dienste konfigurieren. Das gilt übrigens auch für Podcasts – hier kommt es erfreulicher Weise nicht darauf an, dass man Apples eigene App nutzt und dort seine Abos gespeichert hat. „Hey Siri, spiel’ 'Bits und so'“ funktioniert auch so. Natürlich immer nur mit der neuesten Folge, und das ist ein kleiner Ausblick auf die Probleme und Unstimmigkeiten, die einen nach wie vor erwarten, wenn man auf Sprachsteuerung setzt, bzw. sich darauf verlässt. Doch dazu später. Kümmern wir uns erstmal um den Klang, denn der hat es in sich.
Der HomePod ist zumindest oberflächlich ein klassischer 360°-Lautsprecher, dem Stereo fremd ist. An diese Art von Sound Signature hat man sich mittlerweile schon mehr oder weniger gewöhnt, kommt sie doch in mehr oder weniger allen drahtlosen Speakern zum Einsatz – den Rest regelt ein DSP. Einige der besseren Lautsprecher kann man trainieren, also den Sound für ihren Standort anpassen. Denn steht so ein 360°-Dingens im Regal, knallt die Hälfte des Klangs an die Wand und verpufft in der Echokammer der Frequenz-Verwerfungen. Sonos zum Beispiel hat vor einiger Zeit die Trueplay-Technik erfunden. Richtet man diese Lautsprecher zum ersten Mal ein, spielen sie rund eine Minute wohlig-laute Sinustöne. Währenddessen wandert man mit dem iPhone (Android wird immer noch nicht unterstützt) durch das Zimmer und schwingt die Arme bis in die letzte Nische. Die Mikrofone des Telefons nehmen derweil die Sinus-Symphonie auf – so wird dann ein Klangprofil erstellt.
Der HomePod regelt das mit den sechs integrierten Mikrofone selbst. Und zwar immer dann, wenn man den HomePod bewegt – so verspricht es Apple zumindest. Steht der Lautsprecher frei im Raum, werden also keine Reflexionen wahrgenommen, dann wird die Musik in bekannter 360°-Manier rundherum abgestrahlt. Im Regal oder an der Wand jedoch wird der Klang angepasst. So entsteht eine beeindruckend weite Klangbühne, bei der zum Beispiel der Gesang nach vorne abgestrahlt wird, während andere Elemente erst hinten raus gespielt werden und sich dann im Raum verteilen. Dieses Prinzip hilft auch bei der Präsenz im Zimmer, wenn man sich von HomePod entfernt.
Die Algorithmen im HomePod sind von einer anderen, einer besseren Welt. Das ist auch nur bis zu einem bestimmten Punkt eine Frage des Geschmacks.
Den klassischen Sweet Spot eines Stereo-Setups haben Lautsprecher wie der HomePod schon lange auf das Abstellgleis geschoben, nur die Umsetzung kann dabei sehr unterschiedlich ausfallen. Je nachdem wie gut der DSP ist und vor allem die Algorithmen, die ihn steuern. Die im HomePod sind von einer anderen, einer besseren Welt. Das ist auch nur bis zu einem bestimmten Punkt eine Frage des Geschmacks. Ein wirklich ausgewogener Klang fällt auch all denen positiv auf, die sich eigentlich auf rumpelnden Bass oder besonders peitschende Höhen eingeschossen haben. Und die Puristen, die jetzt fürchten, der A8-Chip und seine Algorithmus-Buddys im Inneren des HomePod würden hier Bootleg-Remixe droppen, können beruhigt sein – ein Song bleibt tatsächlich ein Song.
Aus dem Stand schickt man hier einen Speaker an den Start, der Eindruck hinterlässt – positiven Eindruck, musikalischen Eindruck, künstlerischen Eindruck.
Und Songs klingen auf dem HomePod tatsächlich ganz fantastisch. Der Bass ist rund und bounct butterweich, die Höhen sind wunderbar klar und crisp und die Mitten haben genau die richtige Präsenz. Auffällig: Der HomePod kann unglaublich laut sein – viel zu laut eigentlich für ein Mietshaus. Der verzerrungsfreie Bass lässt den Putz ordentlich rieseln, ist dabei aber in keiner Weise unangenehm oder übertrieben. Man möge mir das bitte glauben, denn: Ich bin kein Bass-Freund. Die Investition in die Entwicklung von Lautsprechern bei Apple hat sich gelohnt. Aus dem Stand schickt man hier einen Speaker an den Start, der Eindruck hinterlässt – positiven Eindruck, musikalischen Eindruck, künstlerischen Eindruck. Und der Konkurrenz Angst und Bange machen sollte – vom entwicklerischen Standpunkt aus.
Diese Eindrücke basieren auf dem Betrieb nur eines HomePods. Noch besser – keine Überraschung – wird der Sound, wenn man zwei Exemplare als Stereo-Paar betreibt.
Der doppelte Wumms ist dabei gar nicht entscheidend – beeindruckender ist die sehr feine Separation zwischen links und rechts in Kombination mit dem zusätzlich analysierten Raumklang. Die Einrichtung des zweiten Speakers geht genauso einfach wie die des ersten, und die Erstellung des Stereo-Paars wird automatisch vorgeschlagen. Für die Verbindung zwischen beiden HomePods wird kein AirPlay 2 verwendet, sondern eine separate WiFi-Strecke. Spätestens hier müssen wir über den Elefanten im Zimmer sprechen: Sonos. Nicht nur, weil es mein direkter A/B-Vergleich ist. Zwei Sonos One gegen zwei HomePod. Ich bin mir gar nicht sicher, ob dieser Vergleich angemessen ist. Denn auch, wenn beide Lautsprecher mehr oder weniger die gleichen Maße und den gleichen Formfaktor haben, scheint mir das ein bisschen unfair: Bei Apple hat man es irgendwie geschafft, die Musikleistung eines größeren Sonos-Lautsprechers in ein deutlich kleineres Chassis zu packen und den sonischen Fingerabdruck dabei besser zu gestalten. Alle weiteren Vergleiche machen wenig bis gar keinen Sinn. In Sachen Sound kann Amazon hier genauso einpacken wie Google, Libratone oder selbst wirklich gute Bluetooth-Mitbewerber wie Ultimate Ears. Aber das ist auch keine große Überraschung.
Bedienung ist gut, Kontrolle besser
Zurück zur Sprachsteuerung, die mich zwar – wie mehrfach erwähnt – nicht wirklich interessiert, aber natürlich zum Bedien-Konzept gehört, ergo auch erprobt werden muss. Auch wenn die Basics überraschend gut funktionieren, gerate ich hier sehr und zu schnell an die KI-Grenze. Das hat mit der Masse an Musik zu tun, die mich umgibt. Auf meiner Festplatte lagern locker 100.000 Tracks, im Regal stehen an die 1.000 Platten. Mit anderen Worten: Ich brauche ein bestimmtes Maß an visuellem Feedback, um mich zurechtzufinden. Da kann die KI nichts für, muss mich aber an genau dieser Stelle abholen und im besten Fall in den Arm nehmen. Ich erinnere nicht unbedingt, wie das Stück heißt, das ich gerade hören will, dafür aber, wo die Platte steht oder wie der Künstler oder die EP heißt. Oder eben genau umgekehrt.
Das ist ein Ordnungssystem, dem keine KI gewachsen ist – da fehlen wichtige Informationen, does not compute. Das Prinzip aus HomePod und Apple Music in Verbindung mit Siri ist auf größtmögliche Einfachheit ausgelegt – wie bei allen anderen Anbietern auch: Gib’ mir ein Stichwort und ich mach dich glücklich. Bei Genres funktioniert das noch am besten. Aber wenn der Jazz dann im Wohnzimmer jazzt und ich mich an diese eine Jazz-Playlist erinnere, die letzte Woche an mir vorbeijazzte, bin ich bereits aufgeschmissen. Wie hieß die nochmal? Dann hole ich das Telefon raus, schaue nach, und in genau diesem Moment ist es mir einfach zu blöd, das Abspielen per Sprache zu bestellen. Ich muss doch nur drücken! Zum Glück geht das beim HomePod auch, wenn auch nicht so, wie man es eigentlich erwarten müsste.
Ihr erinnert euch an AirPlay? Das WiFi-Protokoll, mit dem auch Spotify- und Deezer-Kunden den HomePod ansteuern können? Gut. Denn wenn ich mich dazu entscheide, auf Siri komplett zu verzichten, bleibt mir auch als Abonnent von Apple Music nichts anderes übrig, als genau dieses System zu verwenden, also die Musik aus der Wolke auf mein iPhone zu streamen und dann via AirPlay an den HomePod zu übergeben. Dass der HomePod die Musik direkt von Apples Servern streamt, setzt zwingend voraus, dass ich Siri verwende, zumindest einmal. Erst wenn diese Verbindung angestoßen wurde, kann genau die an das iPhone übergeben und vom Telefon aus gesteuert werden. Das ist dann doch sehr merkwürdig. Und nicht ideal für die UX. An das Hin- und Herschalten muss man sich zudem erst gewöhnen – HomePod(s) und die interne Wiedergabe leben im Musik-Icon im Kontrollzentrum.
Auch bei Apple will man die User zur Sprachbedienung konvertieren, was zwar natürlich volle Kanne future und upfront ist, einem letztendlich nicht immer hilft. Vor allem dann, wenn man sich nicht auf Playlists und Genres verlassen will. Beispiel? Gerne. „Music for Airports“ von Brian Eno wollte Siri einfach nicht finden. Bis mir einfiel, dass die Platte natürlich offiziell „Ambient 1: Music for Airports“ heißt. Dann ging es. Was ist, wenn ein Album-Titel auch ein Track-Titel ist? Wenn es mehrere Versionen von einem Stück gibt? Das lässt sich alles mit neuen Kommandos lösen, ist doch aber eigentlich komplett dämlich und führt uns letztendlich den gesellschaftlichen Schlamassel vor, in den hineinzurennen wir im Begriff sind. Playlisten sind nicht alles. Und gerade wirkliche Musik-Liebhaber laufen hier immer wieder in ein Nirvana, was man ihnen eigentlich ersparen sollte. Das gilt für alle Plattformen: Musik kann der Lebensinhalt sein, und alle, die das so empfinden, sehen nur einen arroganten Stinkefinger der Anbieter. Nicht alles ist casual. Also lassen wir Siri lieber andere Dinge tun.
Zum Beispiel dann einspringen, wenn man gleiche eine ganze Armada HomePods kauft und die in der Wohnung verteilt. Dann lässt sich die Musik ganz wunderbar einfach per Sprache verteilen: Spiel’ Jazz in der Küche, 80er-Pop im Wohnzimmer, spiel’ überall HipHop, mach die Musik im Schlafzimmer aus, übertrage die Musik ins Arbeitszimmer und so weiter. Hier kommt wieder AirPlay 2 ins Spiel – dieses Protokoll macht die Multiroom-Fähigkeit möglich. Die nicht auf HomePods begrenzt ist: Andere Hersteller können ihre Lautsprecher mit Software nachrüsten und dann mit dem HomePod gemischtes Doppel spielen. Sonos will schon im kommenden Juli die Software fertig haben, andere Anbieter – wie etwa Libratone und Bang & Olufsen – noch in diesem Jahr. Man merkt schon: Küche, Schlafzimmer, Flur – den Lautsprechern ist ein fester Standort zugewiesen, damit das funktionieren kann und so auch die SmartHome-Steuerung möglich macht. Wer auf Apples HomeKit-Standard setzt, muss nun nicht mehr das iPhone aus der Tasche holen, um Siris Hausmeister-Skills dort zu aktivieren, sondern kann den Lautsprecher nutzen. Das hat ziemliche Vorteile, denn:
Zuhören
Auf welche Entfernungen der HomePod das Code-Wort wahrnimmt und bei welch abstrusen Lautstärken, ist phänomenal und der Konkurrenz weit überlegen. Es macht wirklich keinen Unterschied mehr, wie weit man vom Lautsprecher weg steht oder wie leise man spricht. Und so ist man dann doch immer wieder versucht, Siri zu verwenden. Ein paar kleinere Dinge hat die Sprachassistenz auf dem HomePod auch dazugelernt. So lassen sich beispielsweise Nachrichten von Deutschlandfunk, Tagesschau, ZDF Heute Xpress und Welt abrufen. Ein bekanntes Prinzip von Amazon und Alexa – leider mit dem kleinen Unterschied, dass erstens die Quellen (noch) begrenzter sind und sich diese zweitens nicht in Reihe abspielen lassen. Über den WM-Quatsch weiß Siri auch Bescheid, und Telefonate können an den HomePod als bassiger Freisprecher übergeben – jedoch nicht davon starten. Das funktioniert immerhin mit Nachrichten: iMessage natürlich, aber auch Whatsapp, WeChat, Viber, Skype und Linked In. Trudeln die Antworten ein, liest sie einem Siri auf Wunsch auch vor. Was okay ist, aber keine sonderliche gute Idee. Denn so richtig Deutsch kann Siri immer noch nicht.
Siri kennt mindestens fünf unterschiedliche Aussprachen von Depeche Mode. Und alle sind falsch.
Man kennt das vom iPhone. Stellt man Siri auf Englisch um, klingt alles um Welten besser. Diese Datenbank ist aufgeräumt, die deutsche noch nicht. Will sagen: Mal geht es gut, mal eher nicht. Siri klingt abgehackt und – um einen Begriff aus dem Radio-Jargon zu bemühen – nicht gut geschnitten. Hier sind Amazon und Google um Lichtjahre voraus. Das ist ok, schafft aber nicht wirklich Vertrauen in die Zukunft. Und betrifft nicht nur Text, sondern beispielsweise auch Namen von Bands – ein mitunter kakophonisches Trauerspiel. Und ganz ehrlich: Man will 2018 nicht mehr von einer Computerstimme sprachlich angetanzt werden, die den Namen der Lieblings-Band nicht aussprechen kann und noch schlimmer: immer anders ausspricht. Siri kennt mindestens fünf unterschiedliche Aussprachen von Depeche Mode. Und alle sind falsch.
Bring The Noise
Als Lautsprecher weiß der HomePod voll und ganz zu überzeugen. Wie viel Power in so einem kleinen Stück Technik stecken kann, ist schlicht beeindruckend. Wer seine Wohnung mit Sonos ausstaffiert hat und gleichzeitig vornehmlich im Apple-Universum lebt, muss nicht hektisch mit den Hufen scharren: Die Unterschiede im Sound sind da – und für mich ziemlich revolutionär –, versenden sich aber mindestens genauso schnell wieder. Immerhin verkauft Sonos gerade zwei Sonos One zum Preis von einem HomePod und offeriert so ein Setup höchster Qualität mit über die Jahre gewachsener und optimierter Software. Und auch wenn die Sonos-App ungefähr so performant ist wie iTunes auf dem Mac (gar nicht), bietet das Ökosystem immerhin inhaltlichen Mehrwert, den man bei Apple vermisst und der auch nicht nachgeliefert werden wird: alle nur erdenklichen Dienste und Anbieter, aggregiert in einer App: „Hey Siri, spiel’ 'Inforadio Berlin'“, funktioniert einfach nicht, weil Apple Dienste wie TuneIn schlicht ignoriert. Das ist nicht Teil von Apples Strategie und das ist schade. Denn mit dem HomePod hat man in Cupertino einen Lautsprecher zusammengezimmert, der es verdient hätte, genau diese Liebe zu bekommen und so für noch mehr Menschen zu einer attraktiven Alternative zu werden. Unfassbarer Sound gepaart mit mehr Möglichkeiten der Integration vs. Content-Stock-im-Arsch.
Das bremst den Erfolg des HomePod aus, denn es ist 2018, und das, was Apple hier aufstellt, haben Mitbewerber schon anders – besser und offener vorgelegt. Das ist schade, aber keine Katastrophe. Denn der HomePod funktioniert schon heute ziemlich gut und lässt einem immerhin die Wahl, ob man zu 100 Prozent auf Siri setzen oder doch lieber auch andere Services einsetzen möchte. Das ist dann mit Umwegen verbunden, die man eigentlich gar nicht bräuchte. Aber genau das ist unsere digitale Realität anno 2018: ein Kampf der Ökosysteme. Und trotz aller Einschränkungen klingt das Ökosystem von Apple aktuell am besten.