Warum euer Radiowecker nachgehtEine Posse aus der Abteilung europäischer Abhängigkeiten
7.3.2018 • Technik & Wissen – Text: Thaddeus HerrmannWer einen ganz klassischen Radiowecker auf dem Nachttisch zu stehen hat oder in der Küche die Mikrowelle oder Herd als Uhr nutzt, muss seit einiger Zeit vorsichtig sein, bzw.: sollte lieber auf das Handy schauen. Denn diese Uhren gehen nach. Oft um mehrere Minuten. Klingt auszuhalten und ist vielen bislang vielleicht noch gar nicht aufgefallen. Wie so oft gilt aber auch bei dieser Geschichte: Das Problem sind die Dimensionen.
Ältere Radiowecker und die Uhren in Küchengeräten verzichten oft auf einen Quartz, um die exakte Uhrzeit anzuzeigen, sondern nutzen vielmehr die Frequenz der Netzspannung. Die liegt bei 50 Hertz – sollte sie zumindest. Je nach abgeforderter Leistung kann die Spannung leicht variieren, mal sinken, dann wieder steigen. Doch die Durchschnittsspannung – so beobachten Energieunternehmen – ist seit einiger Zeit rückläufig. Zunächst war der Grund dafür nicht ganz klar. Nun jedoch wurde er von der ENTSO-E, dem Zusammenschluss europäischer Netzbetreiber, identifiziert: Verantwortlich sind Unstimmigkeiten zwischen Serbien und Kosovo.
Denn ein Stromnetz muss global, in diesem Fall europäisch gedacht werden. Die nationalen Netze arbeiten in einem internationalen Verbund und sind miteinander synchronisiert. Nur so kann eine gleichbleibende Versorgung sichergestellt werden. Es ist ein Geben und Nehmen, bzw. ein ständiger Handel, ein Verschiebebahnhof der Steckdosen. Doch die wirtschaftliche Komponente greift erst, wenn die Netzspannung von 50 Hertz aufrechterhalten werden kann.
In der Pressemeldung der ENTSO-E heißt es, seit Januar seien im Netzverbund rund 113 Gigawattstunden verloren gegangen. Bei heise.de heißt es zudem, dass Serbien aus Verursacher ausgemacht wurde. Das Land nehme zwar Strom an, gebe aber zu wenig wieder ab. In Richtung Kosovo.
Die ENTSO-E fordert nun eine politische Lösung. Natürlich nicht primär, damit die Radiowecker wieder die korrekte Zeit anzeigen, sondern vielmehr, weil ein weiteres Absinken der Netzfrequenz drastische Auswirkungen haben könnte. Sinkt diese unter 47,6 Hertz, schaltet das System ab. Dazu werde es nicht kommen, über die finanzielle Kompensation müsse man aber trotz alledem sprechen. Im ersten Schritt wolle man jedoch sicherstellen, dass die Schwankungen der Netzfrequenz noch in dieser Woche unter Kontrolle gebracht werden.
Es ist 2018. Und die Mikrowelle in der Küche geht nach, weil Serbien gegen den Kosovo stichelt.