Düsseldorf, Klavier, Elektronik, da war doch was. Aber nein: Orson Hentschel macht ganz andere Musik als Hauschka. Der klassisch ausgebildete Pianist hat den Flügel nämlich mittlerweile zugeklappt und sich dem Loop zugewandt. Das Filter streamt das Album exklusiv vorab.
Das erste, was wir bei Orson Hentschel lernen, ist die Bedeutung einer neuen Vier-Buchstaben-Abkürzung: RIYL. Das steht in der Mail drin, die uns den Künstler vorstellt. RIYL. Google hilft: related if you like. Ah. Für Fans von. Leute, die X kauften oder sich dafür interessierten, kauften oder interessierten sich auch für Y. Bei Orson Hentschel wird als RIYL Ben Frost ausgegeben, der in Australien geborene Wahl-Isländer, der minimalistisch-experimentelle elektronische Musik macht. Aber RIYL ist es auch mit The Field, der ähnlich loopige, stakkative und phasenverschobene Klangkonstrukte baut wie Hentschel. Auch die Minimalismus-Schule eines Steve Reich klingt durch. Hentschel ist ganz die alte Schule. Nicht im Sinne des Instruments, an dem er sein Handwerk gelernt hat, sondern vielmehr was die elektronische Musik an sich betrifft. Denn die loopige Struktur kommt nicht nur von eben diesen Loops, sondern Hentschels Liebe zu Samples, die den Ausgangspunkt bilden zu „Feed The Tape“, seinem Debütalbum, das am kommenden Freitag bei Denovali erscheint. Hentschel ist Recycling-Experte, hat große Freue daran, mit der akustischen Lupe Musik zu durchforsten, immer auf der Suche nach geeigneten Schnipseln, die die Basis für seine eigenen Kompositionen dienen. Found Sounds? Used Sounds! Je kürzer das Fragment, desto öfter wird es erst aneinandergereiht und dann durch die sonische Mangel gedreht.
Was sollte man noch über Hentschel wissen? Er wurde wie gesagt klassisch ausgebildet, als Bub am Klavier, als junger Mann an den Unis von Dresden und Wien in der Musikwissenschaft. Dass er sich dort vor allem mit mehrstimmiger Vokalmusik beschäftigte, lässt sich auf „Feed The Tape“ in Stücken wie „Florence“ erahnen, das ein wenig an die Vokalstücke eines Fennesz erinnert. Sonst aber setzt er, ganz ohne Gesang, auditives, verfremdetes Used-Footage-Material aus Filmtonspuren, Soundtracks, Musikalben, dem Internet und Sound Librarys zu Tracks zusammen. Mal entschleunigt, mal ordentlich wabernd. Das Licht und die Visuals bei seinen Live-Auftritte (kommende Termine hier) hat er übrigens auch selbst gestaltet, das kann man hier sehen:
Orson Hentschel, Feed The Tape, erscheint bei Denovali.