Stefanie Raffelsieper: „Das muss besser gehen!“Branayama aus Berlin produziert nachhaltige Still-BHs mit Stil
22.2.2021 • Leben & Stil – Interview: Jan-Peter WulfDen leicht angestaubten Markt der Umstandsmode mit einem stilbewussten und nachhaltigen Produkt aufzuwirbel ist das Ziel von Stefanie Raffelsieper aus Berlin: Statt eines biederen Still-BHs will sie einen formschönen produzieren, der auch die lästigen und Müll verursachenden Stilleinlagen überflüssig macht. Jan-Peter Wulf hat sich erklären lassen, wie das Ganze funktioniert.
Stefanie, was ist branayama?
Branayama designt innovative, stilvolle und nachhaltig produzierte Still-BHs, die Stilleinlagen ersetzen können. Wir haben dafür eine einzigartige Zwei-Lagen-Technologie für die beiden Cups entwickelt. Sie nimmt die Muttermilch auf und lässt sie schnell trocknen. Die Stofflage, die direkt auf der Brust aufliegt, besteht aus einer sogenannten gewaltfreien Seide.
Was bedeutet das?
Die Raupen, die das Garn spinnen, sterben nicht, wie bei der Seidenproduktion üblich, sondern können ihre Metamorphose zu Schmetterlingen vollenden.
Und die zweite Lage?
Besteht aus Mikromodal, einer Zellulosefaser. Sie sorgt ebenfalls dafür, dass die Muttermilch vom Körper wegtransportiert wird und die Haut trocken bleibt. Die Flüssigkeit verdunstet schnell und wir brauchen keine Einlagen aus Plastik. Von denen nur in Deutschland 120 Millionen pro Jahr verbraucht werden und in den Müll wandern.
Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen?
Als ich vor etwa zweieinhalb Jahren Mutter geworden bin, haben mein Mann und ich spontan entschlossen, unser Wochenbett von Berlin nach Südfrankreich zu verlegen. Ich erinnere mich noch genau an den Moment im TGV: Ich saß einem älteren Herrn gegenüber und wollte – noch total unsicher – mein Baby zum Stillen an die Brust anlegen, da sind mir vor seinen Augen meine nassen Stilleinlagen aus dem BH gefallen. Spätestens als ich nach dem Wochenbett dann wieder mehr unterwegs war und ich zusätzlich zu diesem unpraktischen System aus Stilleinlage plus Büstenhalter täglich Still-BHs mit orthopädischem Design tragen musste, war mir klar: Das muss besser gehen. Neben der Funktionalität und Nachhaltigkeit sollte der Still-BH ein zeitgemäßes, stylisches Design haben und ich bin sehr stolz darauf, dass ich dafür die Designerin Lydia Maurer ins Team holen konnte.
Du kommst ja nicht aus der Modewelt, sondern hast vorher unter anderem den „Food Entrepreneurs Club“ für Gründer*innen in Berlin gemacht. Hat es dir eher geholfen, nicht aus der „Fashionbubble“ zu sein oder hat es das schwieriger gemacht?
Ich habe das nie als Nachteil gesehen, eher im Gegenteil. Ich mag es, mit einer gewissen Naivität an Dinge ranzugehen und einfach auszuprobieren, ein bisschen so wie Kinder. Gleichzeitig ist mir bewusst, dass es ein großes Privileg ist, das machen zu können. Als ich mit der Idee angefangen habe, wollte ich einen Prototypen entwickeln und dann entscheiden, wie es weiter geht. Aus der Gastronomie kenne ich es, dass man am besten einen temporären Marktstand mietet, sein Gericht dort anbietet und schnell Feedback bekommt. In der „Mode“ empfinde ich die Einstiegsbarrieren als viel höher, denn man benötigt mehr Kapital. In meinem Fall musste ich mir zusätzlich Expertinnen ins Boot holen, die sich besser als ich mit Materialien und Technologien auskennen. Das hat Zeit und Geld gekostet und Corona hat das noch verstärkt.
Du hast vorher schon viel zu Nachhaltigkeitsthemen gearbeitet. Wie bringst du diese Denke in dein Start-Up ein?
Tatsächlich habe ich intensiv darüber nachgedacht, ob die Welt noch ein Fashion-Produkt mehr braucht. Zumal eines, das vermeintlich nur für eine kurze Zeitspanne getragen werden kann. Deshalb war es für mich von Anfang wichtig, ein Design zu entwickeln, das den Ansprüchen der modernen Mutter Rechnung trägt. Und das bereits in der Schwangerschaft und noch darüber hinaus weitergetragen werden kann. Dafür müssen die Materialien mitspielen und langlebig und eine gute Qualität besitzen. Um das sicher zu stellen, suche ich sie alle persönlich aus und kaufe sie direkt ein. Unsere Materialien kommen zum überwiegenden Teil aus Europa und bestehen zum großen Teil aus recycelten Produktionsresten. Für mich bedeutet Nachhaltigkeit, einen 360-Grad-Blick zu haben. So beschäftige ich mich, seit die Kickstarter Kampagne läuft und wir unseren Instagram-Kanal täglich als Plattform nutzen, verstärkt mit der Frage, wie wir Content nachhaltig nutzen können.
Du hast die erste Finanzierungshürde auf Kickstarter ziemlich mühelos genommen und kannst also mit der Produktion loslegen. Welche weiteren Produkte planst du bereits?
Zuerst möchte ich das Größen-Thema angehen, um noch mehr Frauen die Möglichkeit zu geben, unseren Still-BH zu tragen. Für den gleichen Support muss die Konstruktion leicht verändert werden, da größere Brüste mit einem höheren Gewicht einhergehen. Damit können wir bereits beginnen, wenn wir unser Stretch-Goal von 20.000 Euro erreichen. Darüber hinaus habe ich noch so viele Ideen. Let’s not even get started!
Vielen Dank, Steffi.