Let's start buying!LSD kaufen im Darknet – ein Erfahrungsbericht
2.2.2015 • Internet – Text: Vinzent KollmeyerWie ist es eigentlich, online Drogen zu kaufen? Unser Autor Vinzent Kollmeyer (Name geändert) ist ins Darknet abgetaucht, hat sich LSD bestellt und bekam bereits drei Tage später Post. Über smarte Tarnungen, Verschlüsselungen und eine rasch wachsende Acid-Kollektion. Ein persönlicher Erfahrungsbericht.
Da ist er endlich. Der Brief von einem unbekannten Absender. DIN lang mit Blickfenster. Es sieht förmlich und ziemlich offiziell aus, wie meine Adresse auf das Anschreiben gedruckt ist. Darauf der Poststempel einer Stadt, von der ich es wirklich als Letztes erwartet hätte. In diesem Format erhält man heutzutage ja eher selten Briefe, über die man sich freuen würde. Das Einzige, das einem Freude bereiten könnte, wenn man es im Briefkasten findet, sind eventuell DHL-Abholkarten und zwei Postkarten pro Jahr. Höchstens.
Diesmal ist es anders. Voller Vorfreude öffne ich den Umschlag. Auf dem einen der zwei A4-Blätter klebt ein Tesastreifen. Darunter befinden sich drei in Zellophan eingehüllte Papierschnipsel. Es hat funktioniert: Das LSD, das ich drei Tage zuvor bestellt habe, ist bei mir angekommen. Dieser minimalistische Brief ist meine einzige physikalische Verbindung – abgesehen von den Drogen selbst – zum verborgenen, mysteriösen und teils auch ziemlich illegalen Treiben im Darkweb.
##Ins dunkle Netz
Spulen wir zehn Tage zurück. Ich stoße im Web auf einen Artikel über Acid-Verkauf auf Darkweb-Plattformen. Dort wird auch beschrieben, wie es durch die digitalisierte Distribution vermeintlich einfacher und besser sei, Produkte sowie Dealer zu bewerten. Versuche, etwas im Darkweb zu bestellen, scheiterten zuvor immer daran, dass es etwas nervig und mühsam ist, sich Bitcoins zu beschaffen – die Grundlage, um überhaupt in jenen Plattformen irgendetwas bezahlen zu können. „So schwer kann es ja auch wieder nicht sein“, denke ich mir und fange an, mich in die Materie einzulesen. Bitcoins zu besorgen, mag dank zahlreicher Onlineplattformen noch recht unkompliziert sein. Damit so umzugehen, dass die Herkunft verschleiert wird und eine Rückverfolgung quasi unmöglich bzw. unverhältnismäßig aufwändig wäre, gestaltet sich ein wenig schwieriger.
Der Anonymität wegen braucht man nicht mal eine Mailadresse.
Nachdem ich mir den TOR-Browser installiert habe, der mir überhaupt erst Zutritt zu den Darkweb-Seiten verschafft, schaue ich mich erstmal um, was der Markt so hergibt. Einschlägige Seiten zu finden bedarf keiner großen Hacker-Kenntnisse. Ich lege mir einen Account an. Der Anonymität wegen braucht man dafür nicht mal eine Mailadresse. Kurz darauf bin ich drin: im Online-Drogenparadies. Halb bestätigt, halb überrascht stelle ich fest, dass es hier wirlich alles gibt, was das nach bewusstseinserweiternden Substanzen gierende Hirn begehrt: Nicht nur Haschisch, Marihuana und die üblichen Partydrogen. Auch Substanzen, die sonst eher schwierig zu bekommen sind, wie DMT, 2-CB und solche, mit denen man überhaupt nichts zu tun haben will – Heroin zum Beispiel. Dazu detaillierte Beschreibungen zu den Produkten und Bewertungen der Kunden wie bei eBay oder Amazon. „Trusted seller, very high quality acid. A+++ Thanks“.
Neben der üppig bestückten Kategorie „Drogen“ gibt es weitere Dienstleistungen und Produkte, die hier feilgeboten werden. Unter anderem gefälschte US-IDs (Hat die da drüben nicht sowieso jeder zweite 16-Jährige?) und sogar gefakte EU-Reisepässe aus Litauen. Gut zu laufen scheinen auch gehackte Accounts für Spotify, Netflix, Porno-Seiten und alles andere, was man sich vorstellen kann. Aber damit will ich mich nicht aufhalten. Allerdings erinnert es mich daran, dass das, was ich hier tue, höchst illegal ist. Ich gebe „LSD“ in die Suchfunktion ein. Es dauert nicht lange und ich habe einen Verkäufer mit guten Bewertungen aus Deutschland gefunden. Fast zu schön, um wahr zu sein. Wenn ich bislang überhaupt mal an sogenannte „Pappen“ gekommen bin, gab es zumeist nur eine Sorte. Das, was der Dealer halt gerade eben besorgen konnte. Hier gibt es fünf verschiedene Sorten. Alles in Mengen von 1 bis 100 Trips. „White Fluff Acid“ hört sich gut an, der Preis moderat. Genau das Richtige, um das Ganze mal zu testen.
##Die Transaktion
Wie bekomme ich es jetzt aber hin, dem Verkäufer meine Adresse und die Bitcoins verschlüsselt zukommen zu lassen? Hier hilft mir das Forum weiter. Schnell finde ich eine minutiöse Anleitung zur sicheren Zahlung. Die sogenannte „Blockchain“ macht es möglich, Bitcoin-Transaktionen zurückzuverfolgen. Bitcoins, egal ob man sie gegen Bargeld getauscht oder per Überweisung gezahlt hat, sollte man unbedingt „waschen“, bevor man sie für solche Aktivitäten nutzt. Hierzu nutzt man einen sogenannten Bitcoin-Tumbler. Die ganze Prozedur kann schon mal einen ganzen Tag in Anspruch nehmen. Für einen Moment fühle ich mich wie eine Mischung aus Hugh Jackman in „Password Swordfish“ und Jesse Pinkman in „Breaking Bad“. Nachdem ich die gewaschenen Bitcoins auf mein Konto des Darkweb-Shops transferiert habe, mich für eine Trip-Sorte entschieden habe („Koi“ – diese Edelkarpfen fand ich schon immer toll), drücke ich auf „Bestellen“ und sende meine Adresse per PGP-Encryption an den Dealer. Nun beginnt das Warten.
##Die Post ist da
Drei Tage später trifft der Brief wie bereits erwähnt ein. Am folgenden Wochenende teste ich einen halben „Koi“. Ich bin sehr angetan. Lange hatte ich nicht so viel Spaß dabei, mir den Apple-TV-Bildschirmschoner mit den National-Geographic-Fotos anzuschauen. Dazu höre ich Brian Enos „Music For Airports“. Etwas klischeehaft, ich weiß. Später am Abend kommt eine Freundin dazu. Sie nimmt auch etwas, wir gucken drei Terry-Zwighoff-Filme hintereinander. Es wird viel gelacht.
Ich weiß mittlerweile gar nicht, was ich mit all dem Acid im Kühlschrank soll.
Etwas überrascht davon, wie leicht das Ganze war, bestelle ich in den Wochen danach noch mehr LSD und beschließe, eine kleine Kollektion anzulegen. Diese kleinen, bunt bedruckten Papierstücke eignen sich einfach hervorragend zum Sammeln. Alle Bestellungen kommen problemlos an. Ich weiß gar nicht, was ich mit all dem Acid im Kühlschrank soll. Aber es ist gut zu wissen, dass es da ist. Vielleicht für den ersten schönen Samstagabend im Frühling, wenn man spontan mit Freunden Lust auf was Verrücktes hat.
##Es bleibt kompliziert
Ich frage mich, ob es jemals zuvor so „sicher“, verhältnismäßig einfach und ortsunabhängig gewesen ist, an Drogen zu kommen. Viele Leute haben trotz theoretischen Interesses überhaupt keinen Zugang zu Drogen, weil ihnen schlichtweg die Kontakte fehlen. Das ist sicher auch ganz gut so. Menschen jedoch, die Drogen erwerben wollen, müssen sich persönlich mit Dealern auseinandersetzen, worunter sich bekanntlich nicht immer die angenehmsten Zeitgenossen befinden. Wenn ich erinnere, in welch brenzlig-gefährliche Situationen wir als experimentierfreudige Jugendliche Mitte der 90er Jahre in Berlin für ein paar Trips geraten sind, bin ich froh, dass damals nie etwas Schlimmeres passiert ist. Hätte ich Kinder im Teenageralter, die unbedingt meinten, nicht zu unterschätzende psychedelische Drogen ausprobieren zu müssen. Ich würde sie ungerne wie uns damals in irgendwelchen finsteren, anarchischen Wagenburgen rumlungern sehen wollen.
Aber auch noch heute kauft die halbe Fashion Week ihren Aufputsch bei bewaffneten Gangstern in sogenannten Koks-Taxis. Ich frage mich: Bleibt eine drogenfreie Gesellschaft nicht Illusion? Ist existierender Drogenkonsum wirklich eine Folge des Angebots oder vielleicht doch eher eine persönliche Entscheidung eines jeden Einzelnen? Man stelle sich nur vor, unsere Gesellschaft müsste wieder Whiskey und Zigaretten klammheimlich unter einer Brücke erstehen. Ohne zu wissen, woher der Stoff kommt, wie sauber er ist, ob er sein Geld wert ist und wie gefährlich er wirklich ist. Das Geflecht Menschen, Moral, Kriminalität und Drogen, es bleibt kompliziert. Aufklärung und ein verantwortungsvoller Umgang mit Drogen sind daher heute wohl wichtiger denn je. Transparenz genauso. On- und Offline.