Review: Ultimate Ears WonderboomKann man machen: Lautsprecher als Handgranate
29.3.2017 • Technik & Wissen – Text & Fotos: Thaddeus HerrmannWasserdicht, absturzsicher, 360°-Sound und 425 Gramm leicht: Der Wonderboom ist Ultimate Ears’ neuster Bluetooth-Lautsprecher. Dass die Boom-Serie gut klingt, hat UE mit diversen Speakern in der Vergangenheit bereits bewiesen. Und doch macht Wonderboom einiges anders.
Es ist ziemlich genau zwei Jahre her, seit ein Lautsprecher von Ultimate Ears – der Megaboom – hier durchrauschte. Seitdem ist das Angebot an Bluetooth-Speakern nochmals gewachsen und unübersichtlich geworden. Wirklich jede Firma buhlt um die Gunst der Kunden: groß, klein, stylisch, robust, mit diesem oder jenem Feature. Einige Hersteller haben mittlerweile aufgegeben, andere ihre Nische gefunden. Die von Ultimate Ears ist eine der größten. Seit also vor zwei Jahren der Megaboom boomte, hat die Logitech-Tochter munter neue Produkte auf den Markt geworfen. Noch lauter, noch unkaputtbarer, mit App-Integration. Wonderboom aber verfolgt ein anderes Konzept.
Back To Basics
Bestimmte Dinge setzt man 2017 als Feature voraus, wenn man sich versucht, für einen neuen Lautsprecher zu entscheiden. Freisprecher, Klinkeneingang und eben eine App für das Smartphone, mit der sich mehr oder weniger praktische Dinge anstellen lassen. Auf all dies verzichtet UE beim Wonderboom, einem Speaker, der vor allem eins soll: einfach in der Bedienung sein. Kein Schnickschnack, dafür aber lange Laufzeit, große Reichweite und – logo – guter und lauter Klang. Dass Wonderboom, erhältlich in sechs Farben, dabei ausschaut wie eine stilisierte Handgranate, ist eher Zufall.
Ob UE mit Wonderboom einen Nerv treffen wird, lässt sich noch nicht so recht einschätzen. Fokus bei elektronischen Geräten ist immer eine gute Idee, praktisch alle Möglichkeiten zu streichen, scheint etwas gewagt. Aber der Reihe nach.
Ein Batzen Sound
Was so ein Lautsprecher kann, ist ja ohnehin egal, wenn er nicht liefern kann, wofür er gebaut wurde: klingen. Und genau das tut Wonderboom sehr ordentlich. Mit seinen größeren Geschwistern kann er nicht mithalten, was ob des deutlich kleineren Korpus aber auch keine große Überraschung ist. Gemessen an seiner kompakten Bauweise federt der Bass sehr präsent und durchsetzungsfähig, die Mitten klingen erfreulich warm. Einzig in den Höhen ist der Sound mitunter ein wenig stressig und harsch, vor allem auf Party-Niveau. Mit solch einer Beschallung ist Wonderboom schlicht überfordert. Die maximale Lautstärke ist zwar brutal und irgendwie auch ein wenig beeindruckend, was einem dann entgegenschallt, lässt sich aber nur dann ertragen, wenn die schwitzende Meute im Wohnzimmer so viel dB absorbiert, dass die Polizei den Spontan-Rave nicht mal findet und busten kann. Im Tagesgeschäft jedoch – auf dem Schreibtisch, in der Küche oder Badezimmer und moderater Lautstärke – hat sich Wonderboom in den vergangenen Tagen dann doch sehr überzeugend geschlagen. Ein gar nicht so kleiner Batzen Sound, der dazu auch noch ziemlich gut aussieht.
Aus dem Whopper wird ein Doppel-Whopper
Dieser gar nicht so kleine Batzen Sound wird noch größer, wenn man gleich zwei Wonderboom in den Einkaufswagen legt. Zwei Lautsprecher zusammenschalten: Das ist so ungefähr das einzige „Standard-Feature“, das der Speaker beherrscht. Bei einem Preis von 100 Euro pro Gerät wird das für einige vielleicht genau das richtige sein. Stereo darf man jedoch nicht erwarten, wenn zwei Wonderboom gekoppelt wurden: Aus dem Whopper wird schlicht ein Doppel-Whopper, das Pärchen bietet also die doppelte Lautstärke. Das ist raumfüllender, auch wenn man den Spotify-Regler nicht überreißt. Und es hilft auch bei der Laufzeit. Bei einer Lautstärke von 75 Prozent verspricht UE zehn Stunden Akku. Je leiser, desto länger. Die Verbindung herzustellen, ist dankenswerter Weise umkompliziert. Erst den einen Wonderboom mit dem Telefon koppeln, dann auf beiden Geräten gleichzeitig die Logo-Fläche auf der Oberfläche gedrückt halten, bis beide Lautsprecher wild anfangen, Blubbersounds abzusondern. Ein paar Sekunden warten und der zweite Speaker ist am Start.
Dass UE für Wonderboom auf die App-Integration verzichtet, wirft bei allem Drang zur einfachen Bedienung dann doch das eine oder andere Rätsel auf. Der Hersteller hat sich in der Vergangenheit damit profiliert, neue Funktionen per Update über die App in Richtung Lautsprecher zu schieben. Dass genau dies bei Wonderboom nicht vorgesehen ist, macht den Speaker zu einer Art extrem preisgünstigem Android-Smartphone. Mit dem will man telefonieren, erwartet aber keine Produktpflege, also große – und wichtige – Updates. Im Notfall, so sagt man bei UE, können man den Lautsprecher via USB an den Rechner anschließen und neue Firmware so aufspielen. Geplant sei das aber nicht. Das ist nicht weiter schlimm, ein Küchenradio kann sowas ja auch nicht. Und gut waren die Apps von UE auch noch nie. Vielleicht ist die Entscheidung also sogar zu begrüßen.
Was bleibt? Ein feiner Lautsprecher mit überraschend gutem Sound. Nicht für alle Gelegenheiten, nicht für den Sweetspot. Allein die Tatsache aber, dass man Wonderboom auch auf den Boden krachen lassen, im Pool genauso wie im Pazifik versenken, auf die Wiese schmeißen, in den Fahrradkorb werfen oder an einen dicken Ast neben dem Grill hängen kann, macht den Speaker schon attraktiv genug. Immerhin ist bald Sommer.