Review: Sound Blaster RoarGut gebrüllt ...

Review SoundBlaster Roar

Es ist nicht ganz so schlimm wie bei Katzen, aber Ji-Hun Kim ist offenbar kein großer Fan von Bluetooth-Lautsprechern. Dennoch hat er sich mit dem neuen Sound Blaster Roar von Creative auseinander gesetzt und sich in vielerlei Hinsicht überraschen lassen. Ein Technik-Test.

Es ist zum Weglaufen. Eigentlich ist man ja kein Freund des Kulturpessimismus, aber wie auch kürzlich Mastering-Profi Lupo bei uns im Interview feststellen musste: „So schlimm wie heute war es noch nie.“ Mit schlimm ist der Trend gemeint, der die gute alte Stereoanlage hat aussterben lassen und heute nur noch unsinnig verstärkte Kopfhörer der Marke Beats, Smartphones und USB- oder Bluetooth-Lautsprecher als Musikzentrale kennt. Guter Sound ist auch immer eine Frage der Technik und momentan scheinen tragbare, batteriebetriebene Lautsprecher the way to go. Mobilität über alles. Kaum eine Firma, die keine eigenen Speaker im Sortiment hätte. Mit der Jambox fing vor einigen Jahren alles an, heute sieht man den Wald vor lauter Bluetooth-Bäumen nicht mehr. Und vor allem eine Sache zieht sich wie ein roter Faden durch fast alle Produkte, die sind a) relativ teuer und b) klingen sie ziemlich bescheiden.

Nun gibt es einen weiteren Wettbewerber, der im Bereich Musikspeaker mitmischen will. Sound Blaster Roar nennt sich das wuchtige Teil. Genau, die Sound Blaster, die auch die omnipräsenten PC-Soundkarten in den 90ern herstellten. Die Zeiten von Soundkarten sind leider oder wohl eher zum Glück vorbei und heute setzt man eben auf casual Musik-Peripherie und der Roar macht bereits im Vorhinein vieles anders.

Setzen Firmen wie Jawbone auf polygon-minimales Grcic-ähnliches Design, fühlt sich der Roar eher wie eine kleine Panzerfaust an. Schwer, mit viel Metall, fast unzerstörbar scheint er. Als würde er Basisausstattung bei den Navy Seals sein. Außerdem hat er diverse Funktionen, die man in der Zusammenstellung wohl eher selten gesehen hat. Den Soundinput zieht sich die Box über die klassischen Wege Bluetooth (bis zu zwei Geräte) und Aux-In-Kabel, aber auch mit NFC kann eine Verbindung hergestellt werden. Die große 6.000mAh-Batterie kann via USB als Ladestation für Smartphone oder Tablet genutzt werden. Außerdem gibt es einen micro-SD-Slot. Mit dem kann Musik ganz ohne zusätzliches Gerät abgespielt werden, aber auch Aufnahmen sind möglich. Da der Roar auch als Freisprechanlage dank integriertem Mikro genutzt werden kann, können so zum Beispiel Telefonate direkt aufgezeichnet werden. Weitere Features, die aber wirklich nur als Beiwerk betrachtet werden können, sind bspw. eine Sirene für den Notfall. Jenen konnten wir uns aber im besten Falle nicht ausmalen. Von wegen Use Case und so. Eine Einschlaffunktion gibt es auch. Nutzt man die, wird die Lautstärke kontinuierlich im Laufe der Zeit gesenkt, so dass man nach dem Einschlafen nicht mehr mit dem lauten Hidden Track aus den Träumen gerissen wird.

Sound Blaster Roar 2

„Guten Tag, ich bin hier, um ein Roar zu verlegen.“

##Kling Klang
Kommen wir aber zum wichtigsten Punkt, dem Klang. Der ist in der Tat verhältnismäßig laut und reicht, um ein recht großes Altbauzimmer mit hohen Decken so zu beschallen, dass man die Sprechlautstärke eindeutig anheben muss. Der Hersteller verspricht ein ungewohnt räumliches Musikerlebnis und in der Tat, wenn der Lautsprecher gut positioniert ist, kann man von Stereo-Genuss sprechen, auch wenn der Sound aus einem Klumpen kommt. Wir haben uns an diversen Musikstilen abgearbeitet, um die Vielseitigkeit des Geräts auszuloten. HipHop (Nas, Illmatic) klingt so wie man es erwartet hätte, recht aufgeblähter Bass, aber die Mitten kommen durch, wurstet aber ein bisschen. Bei Hardcore-Metal (Meshuggah) hingegen macht die Box fast dicht. Man hat den Eindruck, dass bereits in den Betriebseinstellungen fleißig mitkomprimiert wird. House und Techno werden aufgrund der tiefen und lauten Bassdrums schwierig, die fangen schnell an zu mumpfen, da will der Roar wohl zu viel Bass und erreicht eigentlich nur das Gegenteil. Musik im dynamischen Mittelfeld wie Indie-Gitarrenbands geht in Ordnung. Die Einschätzung und Bewertung bezieht sich aber auf Musik hören im Allgemeinen. Würde man nur mit anderen mobilen Bluetooth-Speakern vergleichen, müsste man sagen, dass der Roar, seine Sache ziemlich gut macht.

Das wahre Potential allerdings zeigt die Box, wenn man ruhigere Musik (oder anders bassfreiere Musik) hört. Bruckner-Symphonien, Martha Argerich am Klavier oder auch Jazz und Folk bringt der Sound Blaster in einer überraschend klaren und räumlichen Darstellung. Dabei wirkt der Speaker gar nicht so, als wären Besucher einer Sonntags-Matinée und Riesling-Trinker die auserkorene Zielgruppe. Ist wohl auch nicht so. Denn eines der Kaufargumente ist der so genannte Roar-Button, der auf Knopfdruck die gespielte Musik noch lauter macht als ohnehin. Ein Trend, der angeblich vor allem von jüngeren Zielgruppen gewünscht wird, womit wir wieder beim Ausgangsproblem wären. Denn: Eigentlich muss gut produzierte und gemasterte Musik nicht weiter verstärkt werden. Sprich, man braucht keine Loudness-Knöpfe, keine Vorverstärker in Kopfhörern oder wie in diesem Falle Roar-Buttons für noch mehr Wumms. Weil wenn etwas bereits gut ist, kann man mit Standardfeatures, die immer nach dem selben Prinzip funktionieren, nichts besser machen. Und was schlecht klingt, wird bestimmt auch nicht besser. Prinzip: Shit in, Shit out. Heißt, sobald der Roar-Knopf betätigt wird, klingt’s scheiße. Ehrlich. Wenn man zudem auf seinem HTC-Smartphone, die Beats Audio-Option betätigt und dann noch die Funktion TERA Bass (die eigentlich dafür da ist, in leiseren Abhörsituationen mehr Bass zu produzieren), dann ist es komplett, die Vergewaltigung von Musik. Klingt hart, muss aber so gesagt werden. Denn eigentlich ist der Roar eine absolute Überraschung. Hervorragend verarbeitet, zu einem starken Preis von 149 Euro (zum Vergleich, die große Jambox kostet das Doppelte), mit der sexy Geekiness eines Sysadmin mit Spellfire-T-Shirt und einem verhältnismäßig tollen Sound. So lange man den Roar-Knopf ignoriert und im besten Fall verklebt und versiegelt. Und wer wirklich laut Musik hören will, kauft sich eine Anlage, das sind diese stationären Teile im Wohnzimmer mit Boxen. Ist so schwer nicht.

Produktseite

Kryptowährung BitcoinWas kann sie, was will sie - und warum überhaupt?

Plattenkritik: 2562 - The New TodaySymphonie und Alltag