Review: Jawbone UP24Neuer Sommer, neues Fitness-Armband
31.3.2014 • Technik & Wissen – Text & Fotos: Thaddeus HerrmannWearables sind der große Technik-Trend 2014. Samsung, Fitbit, Huawei, Sony, Nike sind oder drängen mit großer Geschwindigkeit auf den Markt. Einen Markt, auf dem sich Jawbone schon seit mehreren Jahren erfolgreich tummelt. Jetzt kommt auch in Deutschland die aktuelle Version des Fitness-Trackers in den Handel: das UP24.
Technik-Trend? Vor allem ein großes Kuddelmuddel.
Egal ob ein smartes Armbändchen, der integrierte Schrittzähler im Telefon oder der funkende Turnschuh: Selbstoptimierung rules. Natürlich will jeder Hersteller die beste und überzeugendste Lösung gefunden haben. Mit Display, ohne Display, mit Smartphone-Kopplung oder als stand-alone device: Jedes Gerät sammelt persönliche Daten und aggregiert sie in den unterschiedlichsten Arten.
Jawbone ist auf diesem Sektor seit 2011 aktiv. Das Unternehmen mit einem der obskursten Produkt-Portfolio überhaupt (Headset, Lautsprecher und, genau, Fitness-Armbändern: kleinster und alleiniger gemeinsamer Nenner ist Bluetooth als Übertragungsprotokoll), stellte damals das UP vor, einen gar nicht mal schlecht aussehenden Armreifen, randvoll mit Sensoren und einem langlebigen Akku. UP ist vor allem ein Schrittzähler, aber nicht nur. Es überwacht auch den Schlaf und bereitet die so gesammelten Informationen grafisch hübsch anzusehen in einer App auf dem Telefon auf. Der Nutzer muss aber auch seinen Teil tun, um die so zusammengetragenen Daten noch zu verbessern. Geht es nach Jawbone, dann ist die App eine Art Tagebuch des Wohlbefindens, das mit den getanen Schritten, detaillierten Infos zu Tiefschlaf- und Wachphasen und - vom Nutzer hinzugefügten - Informationen zum Ess- und Trinkverhalten ein nützliches Tool, das im besten Fall beim Umkrempeln des (ja irgendwie immer) ungesunden Lebensstils hilft.
Bislang hatte die Sache jedoch einen entscheidenden Haken: Um die gesammelten Daten auf das Telefon zu übertragen, musste eine kleine Kappe am Armband abgezogen und der darunter freigelegte Klinkenstecker mit dem Smartphone werden. Für viele genau eine Aktion zu viel und - hey!- „wo bleibt denn da der Echtzeit-Spaß? Die sofortige visuelle Belohnung, wenn ich mit den Berg hochgequält oder die Serpentine runtergerauscht bin, wo sind denn meine 800 neuen Schritte, damit ich mir selber anerkennend auf die Schulter klopfen kann?“ Der Echtzeit-Spaß kommt jetzt.
Die neue Version des Armbändchens, das UP24, arbeitet mit Bluetooth, überträgt die Daten also regelmäßig und selbstständig. Das ist praktisch und man fragt sich ernsthaft, warum die erste Version dieses Feature noch nicht beherrschte, immerhin ist Bluetooth genau das drahtlose Übertragungsprotokoll, ohne das Jawbone mit Headsets und auch Lautsprechern nie an den Markt hätte gehen können.
Von Jawbone selbst heißt es dazu: Bluetooth ist kompliziert. Jetzt aber soweit gediehen, dass man den Schritt wagen konnte. Und, ganz nebenbei, so überfordert seien die Nutzer der ersten Generation dann auch nicht gewesen, im Gegenteil: Über 500 Millionen Schritt-Daten liegen auf den Servern, dazu Informationen aus über 50 Millionen überwachten Nächten. Aber zurück zur Blauzahn-Komplikation. Dass das nicht immer funktioniert, bemerkte unsere Redaktion erstmals im vergangenen Winter, als das Konkurrenz-Produkt zum UP24, das Fuelband von Nike an unseren Armen schlackerte. Schickes Teil, nur leider in Verbindung mit einem iPhone quasi nicht nutzbar. Auch das Fuelband nutzt Bluetooth, die Verbindung jedoch brach regelmäßig ab und ließ sich vor allem meistens nur mit großen Aufwand wiederherstellen (App beenden, neustarten, App löschen, neu runterladen, neu registrieren, bla, bla, bla, nerv, in die Ecke schmeiß).
Das UP24 funktioniert tatsächlich besser. Viel besser. Das Pairing zwischen Band und Telefon geht so gut wie automatisch vonstatten, die Verbindung bleibt stabil. Auch wenn man sich aus dem Bluetooth-Radius entfernt, finden sich beide Teile bei der nächsten Begegnung problemlos wieder.
Instant Gratification
Und so motiviert man sich durch den Tag und durch die Nacht. Die Benachrichtigungen kommen regelmäßig und ein klein wenig Ansporn ist das tatsächlich, noch eine Runde mehr um den Block zu drehen, oder den Fahrstuhl mal nicht zu nehmen. Wen es nervt, kann die Notifikationen auch komplett abschalten.
Bleibt die Frage nach dem großen Ganzen. Was will ich mit diesen Daten, haben sie tatsächlich Einfluss auf meine Gesundheit, meinen Lebenswandel, nutze ich die Informationen und - vor allem - wenn ja, wie lang? Hinter welchem Spaziergang überfällt mich der innere Schweinehund dann doch?
Das UP24 ist in seinem Design und den Funktionalitäten fast schon oldschool. Kein Display, ergo auch keine E-Mail- oder SMS-Benachrichtigungen. Da verspricht die Smart Watch (noch so ein Trend 2014) mehr, gerade jetzt, wo Google diesen Markt dieses Jahr noch aufmischen will. Und auch von Apple wird bald die iWatch erwartet. Jawbone vertraut hingegen weiter auf Understatement. Das UP soll kein Gadget sein, sondern ein Helferlein im Hintergrund, ein Accessoire, das eben nicht im falschen Moment anfängt zu piepen oder zu leuchten. Dafür aber auch nur ein Mal pro Woche an die Steckdose muss. Nimm das, Samsung. Wie lange sich Jawbone wohl noch gegen die Fitness-Konvergenz wehren kann?
Diejenigen, die sich tatsächlich dafür interessieren, wie viele Schritte sie am Tag zurücklegen, wie lange sie nachts wachliegen und wie lange der Tiefschlaf tatsächlich dauert und sich außerdem daran erfreuen können, dass diese Informationen in einer App grafisch hübsch aufbereitet werden, für die ist das UP24 der richtige Einstieg in die Welt des Ego-Trackings. Diese Smart Watches, die sind doch für Robocops. Das wird sich bald ändern, welche Art von Gadget am Ende gewinnt, ist noch vollkommen unklar. Jawbone schickt uns aber bestimmt eine Push-Benachrichtigung.
Jawbone UP24 kostet 149 Euro und ist in Schwarz und Orange erhältlich.