Amazon setzt auf RohrpostGroßbaustelle Berlin als Testballon
1.4.2016 • Technik & Wissen – Text: Thaddeus HerrmannZum 1. April überrascht der Online-Händler mit einer oldschooligen Offensive.
Ab dem kommenden Sommer an sollen Prime-Kunden von Amazon in Berlin viele ihrer Bestellungen noch schneller erhalten. Amazon will kleine Artikel innerhalb von einer Stunde im Stadtzentrum ausliefern. Wie das gehen soll? Via Rohrpost. Die Produkte werden zentral aus einem Verteilerzentrum in Berlin-Köpenick in das System eingespeist und an einen von 30 so genannten „Pressure Points“ geschickt, mobile Abholstationen à la Packstation, verteilt über die gesamte Innenstadt, an denen die Kunden nach der Eingabe eines Pins ihre Bestellungen in Empfang nehmen können. Die dafür benötigte Infrastruktur muss Amazon nicht selbst aufbauen, dank der zahlreichen Baustellen in der Stadt stehen die Rohrleitungen bereits zur Verfügung, lediglich das Druckluftsystem wird vom Online-Händler nachgerüstet.
Welches Datum war heute nochmal?
Hinter dem nicht schlecht ausgedachten Aprilscherz steckt ein wahrer Kern. Amazon ist seit längerer Zeit dabei, Bestellungen immer schneller an Kunden zu liefern und dabei große Teile der dafür benötigten Logistik selbst zu übernehmen. Das gilt global ebenso wie lokal. Das Unternehmen baut eine eigene Luftfracht-Flotte auf, um sich im Großen mittelfristig von DHL und UPS unabhängig zu machen und will im Zuge dessen für Anbieter und Produzenten in Asien zukünftig auch die gesamte Zollabwicklung übernehmen. Und im Kleinen, also vor Ort, werden bestimmte Artikel schon jetzt von Amazon-eigenen Wagen zugestellt, vor allem in den USA und Großbritannien, wo auch frische Lebensmittel zum Amazon-Portfolio gehören. In deutschen Ballungszentren werden viele Produkte bereits heute noch am Tag der Bestellung zugestellt. Morgens bestellt, abends geliefert? Schön und gut, reicht Amazon aber noch nicht. So berichtete kürzlich „Die Welt“, dass in Berlin – und hier schließt sich der Kreis zur heutigen Rohpost-Ente – Pakete schon bald innerhalb von zwei Stunden bei den Empfängern sein sollen. Um diesen Service zu gewährleisten, wolle Amazon mit Kurierdiensten zusammenarbeiten.
Eine Stunde via Rohrpost? Zwei Stunden via Kurier? In Amazon-Maßstäben ist selbst das noch Pipifax von vorvorgestern. Die Zukunft ist noch schneller, wie so oft.