Vor ziemlich genau zwei Jahren versprach der Online-Händler Amazon erstmals, zukünftig bestimmte Artikel per Drohne ausliefern zu wollen. „Amazon Prime Air“ nennt man die Zustell-Option, die selbst die kürzlich in mehreren deutschen Großstädten gestartete „Same Day Lieferung“ – morgens bestellt, abends schon da – in den Schatten stellen soll. Das Unternehmen träumt von der praktisch sofortigen Zustellung. In nur einer halben Stunde sollen Produkte beim Kunden sein. Mit dem neuen Prototypen werden diese Pläne nun konkreter.

Das Fluggerät kann nach aktuellen Stand eine Entfernung von rund 25 Kilometern zurücklegen. Bedeutet also, dass der Kunde nicht mehr als zwölf Kilometer vom nächstgelegenen Logistikzentrum entfernt wohnen darf, um auch eine sichere Rückkehr zur Drohnen-Basis zu gewährleisten. Die maximale Flughöhe liegt bei 120 Metern. Dank zahlreicher Sensoren soll der Bordcomputer in der Lage sein, andere Objekte in der Luft wahrzunehmen, zu analysieren und so die ideale Flugbahn zu berechnen. Als Orientierungspunkt für eine sichere Landung kommt im Moment eine Art übergroße Fußmatte mit Amazon-Logo zum Einsatz. Dass sich die Drohne im Landeanflug befindet, wird dem Kunden über eine App mitgeteilt. Ist das Paket abgelegt, macht sich die Drohne sofort auf den Heimweg.

Dass bei Amazon einiges voran gegangen ist, zeigt das neue Design der Drohne. Vor zwei Jahren noch, wurden die Lieferungen in eine orangene Transportbox gepackt, die von der Drohne mit einer Art von Greifarmen gehalten und so auf den Weg gebracht wurde. Jetzt verschwinden die Pakete im „Frachtraum“ der Drohne. Für unterschiedliche Paketgrößen mit variablen Gewichten will Amazon spezifische Drohnen entwickeln, um so auf die Bestellungen reagieren zu können.

Um das Prinzip zu erklären, hat das Unternehmen eines dieser unnachahmlichen Wohlfühl-Videos produziert. Schauplatz: Suburbia (da hat die Drohne auch genug Platz zum Landen). Tochter will zum Fußball-Training (Soccer ist ja trending in den USA), aber der doofe Hund hat den eine Trainingsschuh zum neuen Lieblingsknochen auserkoren. Schade aber toll. Da hat Soccer-Mom-Mama die zündende Idee: einfach ein neues Paar Puma bestellen. Wir schauen mal rein. Wie die Geschichte ausgeht, dürfte ja klar sein.

Hoffentlich macht sich Amazon mindestens genauso viele Gedanken darüber, wie man den Service tatsächlich anbieten will.

Denn gerade in den USA ist sowohl die Rechtslage als auch die öffentliche Stimmung nicht wirklich Drohnen-freundlich. Die Tests mit den Fluggeräten finden im Ausland statt. Die US-amerikanische Luftfahrtbehörde sitzt dem Unternehmen im Nacken.

Dass der Online-Händler das Drohnen-Projekt weiter voran treibt, ist hingegen keine Überraschung. Während man in Ballungszentren vermehrt auf die Zustellung noch am Bestelltag setzt – und dabei vermehrt auch privat arbeitende Kuriere einbindet – scheint die autarke Organisation des Lieferprozesses – sprich den Verzicht auf DHL, UPS und Co. – ganz oben auf der Agenda zu stehen. So berichtete Motherboard kürzlich, Amazon unterhalte im US-Bundesstaat Ohio ein ehemaliges DHL-Logistikzentrum der DHL mit angeschlossenem Flugplatz, von dem täglich mehrere eigene Flugzeuge schnell und direkt große Warenmengen in regionale Verteilerzentren transportieren.

Ob und wann die Amazon-Drohne wirklich im Linienbetrieb abheben wird, ist im Moment noch vollkommen unklar. Dass Pakete aber zukünftig nicht mehr zwingend oder ausschließlich im Kastenwagen ausgeliefert werden, weiß sogar Kastenwagen-Primus DHL selbst. Eine Amazon-Lieferung nimmt man bestimmt auch gerne mit.