Medienkunst, Beats, Gesprächsrunden mit Vordenker:innen aus den Bereichen Musik, Film, Design, Theorie, Nachhaltigkeit, KI und Hacktivismus: Das Sónar in Lissabon verspricht viel Input. Mit verantwortlich für diese Diversität ist João Meneses. Im Interview erklärt er das Konzept des Festivals und die exponierte Stellung Lissabons als perfekten kulturellen Melting Pot.

Warum ist Lissabon ein geeigneter Ort für das Tagesprogramm Sónar +D?
Lissabon ist eine der ältesten Städte Europas und war historisch schon immer sehr offen für neue Einflüsse aus der Welt. Gegenwärtig ist sie eine der besten Städte der Welt, um dort zu leben oder Urlaub zu machen. Das kulturelle Ökosystem Lissabons profitiert in hohem Maße von unseren afrikanischen und brasilianischen Communitys. In unserer Musikszene lassen sich die Wurzeln von Afro-House, Kuduro, Bossa Nova und anderen afrikanischen und lateinamerikanischen Traditionen finden. Auch viele unserer zeitgenössischen Künstler:innen sind diesem Erbe und den Sprachen der südlichen Hemisphäre sehr nahe. Parallel dazu entwickelt sich Lissabon auch zu einem der interessantesten digitalen Zentren Europas – deshalb findet hier auch die weltweit wichtigste Web-Tech-Konferenz (Web Summit) statt.

Welchen Herausforderungen müsst ihr euch bei der Organisation stellen?
Die größte Herausforderung ist dafür zu sorgen, dass die Besucher einfach ein tolles Festival erleben und auch eine tolle Zeit in der gesamten Stadt haben – bei Tag und bei Nacht. Darüber hinaus hatten wir sehr mit Covid-19 zu kämpfen, vor allem wenn man bedenkt, dass dies die erste Ausgabe in einer neuen Stadt ist – noch dazu in einer großen Stadt. Aber wir sind mit dem aktuellen Stand zufrieden und zuversichtlich, dass in Lissabon drei Tage lang ausgelassen gefeiert und ein Blick in die Zukunft geworfen wird.

Nachhaltigkeit ist ein großes Buzzword beim Sónar Lisboa.
Nachhaltigkeit, das heißt Ökologie, sozialer Zusammenhalt und Menschenrechte, sind der Schlüssel für eine bessere Zukunft. Wenn der Planet schmilzt oder ertrinkt, oder wenn Gesellschaften zusammenbrechen, sieht die Zukunft düster aus für uns. Wir glauben, dass eine ausgewogene und gerechte Zukunft viel Kreativität, sowie interdisziplinäre Ansätze und Überschneidungen zwischen Kunst, Wissenschaft und Technologie zum Wohle der Menschen und des Planeten erfordert. Wir denken aber auch, dass man an die Gestaltung und Umsetzung einer besseren Welt mit Lebensfreude begegnen muss. Ganz nach dem Motto: joie de vivre.

Ihr wollt Vorbild sein?
Ja. Die Europäische Union (und die Welt) hat derzeit ein sehr anspruchsvolles Jahrzehnt vor sich – mit vielen ehrgeizigen Meilensteinen. Nehmen wir zum Beispiel den Europäischen Green Deal: Neben der Industrie 4.0, der Digitalisierung und ganz aktuell den Friedensbemühungen besteht die größte europäische Herausforderung bis 2030 darin, den Wandel zur Nachhaltigkeit zu beschleunigen. Auf unsere Weise möchten wir uns gerne kreativ an dieser herausfordernden Debatte beteiligen. Die Vernetzung zwischen der Wissenschaft und Technologie, der Kunst und Kultur und der Nachhaltigkeit ruft alle Europäer:innen dazu auf, sich gemeinsam eine nachhaltige und integrative Zukunft vorzustellen und aufzubauen, die für unsere Augen, unseren Geist und unsere Seele schön ist. So, wie es das Neue Europäische Bauhaus anstrebt.

Worauf freust du dich am meisten?
Das ist immer schwer zu sagen. Ich könnte mich für Forensic Architecture, Trevor Panglen, Alessandro Cortini und viele andere entscheiden, aber ich wähle Tupac Martir aus. Er ist Multimedia-Künstler und gründete das Satore Studio. Seine Arbeit kreist um die Koordinaten Technik, Licht, Projektion und Video, Sound-Design, Musik und Komposition, sowie Choreografie und Kostüme. Die Vogue bezeichnete ihn als einen „visuellen Designer und Kreativdirektor für einige der wichtigsten Veranstaltungen der Welt“. Er hat Produktionsdesign, visuelle Gestaltung und Lichtregie für Künstler wie Elton John, Beyoncé, Danny Boyle, das Coachella Music & Arts Festival und die Serpentine Gallery gemacht. Das Wallpaper*-Magazine nannte ihn „The Light Magician“. Tupac ist in der Modeindustrie bekannt und hat unter anderem an bahnbrechenden Schauen für Alexander McQueen, Moschino, Alexander Wang und Thomas Tait mitgearbeitet.

Sónar Lisboa 2022

U.a. mit Arca, Bicep, Thundercat, Leon Vynehall, Polo & Pan und DJ Nigga Fox sowie DJ-Sets von The Blaze, Charlotte de Witte, Nina Kraviz, Richie Hawtin, Honey Dijon, Dixon und Nídia und vielen anderen.