Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.
Russische Hacker
Ransomware, Botnets und Malware aus Russland sind seit Jahren ein großes Thema im Sektor Cybersecurity. Ein hochprofessionelles Netzwerk, das viel Geld und FBI und anderen Institutionen den letzten Nerv raubt. Wer steckt hinter diesen Machenschaften? Seit einiger Zeit ist bekannt, dass Evgeniy Mikhailovich Bogachev aka Slavik einer der Fadenzieher im Hintergrund ist. Aber die Tätigkeiten seiner Netzwerke beschränken sich nicht nur auf digitale Kriminalität sondern es geht auch um Spionage – in Georgien, der Türkei und der Ukraine. Beziehungen zu den vermeintlichen Hacks im Rahmen der vergangenen US-Wahl konnten hingegen noch nicht festgestellt werden. Garrett M. Graff hat für die April-Ausgabe der amerikanischen Wired ein Security-Team in Pittsburgh beim Kampf gegen das russische Hacker-Netz begleitet. Eine Geschichte wie ein Thriller, nur eben ganz ohne Fiktion.
„Slavik, it turned out, was a 30-year-old who lived an upper-middle-class existence in Anapa, a Russian resort city on the Black Sea. Online photos showed that he enjoyed boating with his wife. The couple had a young daughter. One photo showed Bogachev posing in leopard-print pajamas and dark sunglasses, holding a large cat. The investigative team realized that he had written the first draft of Zeus when he was just 22 years old.“
Vorhof Hölle: Klasse 4b
Seit zwanzig Jahren ist Frau M. Grundschullehrerin. Eigentlich macht Frau M. ihren Job gern, im neuen Schuljahr übernimmt sie die Klasse 4b mit 23 Kindern. Drei Schüler seien problematisch, hat ihr Vorgänger vermerkt: Benjamin, Nils und Dylan, nun im neuen Schuljahr angetreten, um „die Neue“, also Frau M., fertigzumachen. Nicht ernstnehmen, empfiehlt die Schulleitung. In knappen Tagebucheinträgen dokumentiert Frau M. den Schulalltag in der 4b: anstrengende Schüler, die drei Jungs allen voran, absurde Forderungen von Eltern, eine Schulleitung, die sich entweder nicht interessiert oder auf der falschen Seite steht und rar gesäte schöne Momente, die am Ende nicht reichen. Jeder der schon Erfahrungen in der Kinder- und Jugendarbeit gemacht hat (dessen schwierigster/beklopptester Teil oft die Elternarbeit ist), wird Ähnliches schon erlebt haben, wenn auch vielleicht weniger drastisch.
„Die Schulleitung steht in der Tür, reicht M die Kopie einer Mail. Andrés Eltern finden, ihr Kind habe in Deutsch einen halben Punkt mehr verdient, gib ihm doch den halben Punkt, dann ist Ruhe im Dorf.“
Drahtesel-Terror
In China ist alles anders. Wieder mal. Zwar gehören Leihfahrräder auch hierzulande mittlerweile fest zum Straßenbild, die Tatsache jedoch, dass man die Räder nach Erreichen des Ziels an fest installierten Stationen abgeben muss, macht die gute Idee manchmal zu einem Problem. In China sind nun vermehrt Startups mit einem anderen System extrem erfolgreich. Dort kann man die Räder einfach am Straßenrand abstellen. Klingt praktisch, provoziert aber anderen Ärger. So sind in den Metropolen faktische Müllhalden entstanden, die nur aus defekten Fahrrädern bestehen, vor den U-Bahnhöfen ist oft kein Durchkommen mehr und ein funktionierendes Rad zu finden, scheint reine Glückssache. Unternehmen wie Mobike, die laut eigenen Angaben mehr als 100.000 Drahtesel auf den Straßen haben, kommen nicht mit der Inspektion hinterher, wenn die Räder in der ganzen Stadt verteilt sind. Beim iPhone-Hersteller Foxconn will Mobike dieses Jahr dennoch – festhalten – zehn Millionen Räder bauen lassen. Der Anbieter und viele seiner Mitbewerber wollen unterdessen weltweit expandieren, mit dem gleichen Konzept. Das riecht nach Auseinandersetzungen, die nicht während einer Tour de France geklärt werden können. Nick Van Mead hat die Geschichte für den Guardian aufgeschrieben. Wie sich wirtschaftliche und umweltpolitische Interessen manchmal eben ins Gehege kommen.
„There is friction, but the groups that are upset aren’t powerful enough. So the government doesn’t care.“
Uber for bikes: how 'dockless' cycles flooded China – and are heading overseas
Zimmermädchen-Report
„Lüftet doch mal“ lautet die Forderung der Hotel-Servicekräfte, vulgo Zimmermädchen. Da könnte man ja noch sagen: Okay, war mir nicht sicher, ob ich beim Verlassen des Zimmers das Fenster auflassen darf und soll. Was die vier darüber hinaus allerdings über das Verhalten von Hotelgästen zu berichten haben ... eieiei. Putziges von erwachsenen Gästen, die mit vielen Kuscheltieren reisen über Familien, die Minibars zum Kühlschrank umwidmen und einen vollen Windeleimer hinterlassen hin zu Tabasco-Flaschen im TV und Zeitgenossen, die besser immer mit Windel und Zwangsjacke bekleidet sein sollten. Und ständig nackt öffnenden Menschen. Es liest sich amüsant, aber am Ende bleibt die Frage: Warum tut sich jemand so etwas überhaupt an? Die Antwort liefern die Azubi-Zahlen: rückläufig, so unbeliebt wie Hotellerie und Gastronomie ist keine andere Branche. Also: Lüften. Und Trinkgeld geben. Und nett sein.
„In einem Berliner Hotel, in dem ich gearbeitet habe, waren viele türkische und arabische Zimmermädchen. Wenn die Peitschen und Dildos zwischen den Betten fanden, haben die geheult.“