Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.
##Silicon Valley – #NoFilter
Wie weit liegen Mythos und Realität im Silicon Valley eigentlich auseinander? Wie lebt es sich in diesem kapitalistischen Disneyland des technologischen Fortschritts? Für Die Zeit hat David Hugendick ein lesenswertes Tagebuch seines Besuchs in Kalifornien verfasst. Bei Google, AOL und Tesla hat er vorbeigeschaut, Coaching-Sessions bei Investoren über sich ergehen lassen, vermeintlich berühmte Orte besucht (Zuckerberg ist hier Stammgast ... manchmal!) und auch beobachtet, wie die digitalen Glücksritter, die, die ihre Milliarden schon gemacht haben, an den Behörden vorbei ihr ganz eigenes Ding umsetzen. Das liest sich vor allem deshalb so wunderbar, weil Hugendick trotz seines Interesses distanziert bleibt, wertet, einordnet und eine Beobachtungen mit einer Portion europäischer Skepsis würzt, die manchmal auch einfach nur die kulturellen Unterschiede und die somit entstehende Irritation zum Anlass hat. Hugendick besucht jedoch auch das „andere“ Palo Alto. Hinter der Autobahn blendet der Mikrokosmos des Silicon Valley nahtlos in das Amerika über, wie man es kennt. Mit Arbeitslosigkeit und Kriminalität. Schon hier, nur einen Steinwurf von den Hauptquartieren der Tech-Firmen entfernt, den Unternehmen also, die sich Bildung und Fortschritt mit Millionen Dollar schweren Programmen auf die Fahnen geschrieben haben, kommen genau diese Programme nicht an.
„Ich werde scheitern und wieder scheitern, bis ich erfolgreich bin.“
##Tod aus dem Himmel
Skynet – klingt nach der Dachmarke eines Bezahlfernsehanbieters oder einem Bonusmeilenprogramm einer Fluggesellschaft, ist aber das Big-Data-Unterfangen der NSA. Dessen Existenz hatte Edward Snowden enthüllt. Skynet wertet anhand der Mobilfunkdaten pakistanischer Handybesitzer aus, wer von ihnen ein Terrorist sein könnte: Gesprächspartner, Aufenthaltsorte, Bewegungsprofile wie Reisen allein oder in der Gruppe oder nur an bestimmten Tagen, regelmäßiges Ausschalten des Geräts. Die Fehlerquote, die man unter anderem durch „Wegstreichen“ der Hälfte der positiven Ergebnisse (also potentielle Terroristen) erzielt, betrage nur 0,008 bis 0,18 Prozent, so die NSA-Analyse. Dass dieses Auswahlverfahren in vielerlei Hinsicht „completely bullshit“ ist und selbst bei nur 0.008 Prozent über 4.500 der 55 Millionen erfassten Menschen unschuldig zu Tode kommen könnten, haben zwei Wissenschaftler für Ars Technica herausgearbeitet. Seit 2004 wurden in Pakistan zwischen 2.500 und 4.000 Menschen von Drohnen getötet.
„The 0.008 percent false positive rate would be remarkably low for traditional business applications.“
The NSA’s Skynet program may be killing thousands of innocent people
##Die finstere Welt der Paparazzi
Trotz Instagram und der selbstermächtigten Ausleuchtung der vermeintlichen Privatsphäre von Prominenten durch sie selbst ist der Medienhunger nach Gossip, Celebrity-Skandalen und Affären noch immer groß. Kaum ein Unternehmen hat das Paparazzi-Business im vergangenen Jahrzehnt so bestimmt wie TMZ. Sie waren die ersten, die nach Michael Jacksons Tod an seiner Villa auftauchten und sie waren auch die ersten, die von den Prügelattacken von Chris Brown an Rihanna berichtete. Jeder, der den Film „Nightcrawler“ mit Jake Gyllenhaal gesehen hat, hat eine ungefähre Vorstellung, wie finster das Geschäft laufen kann. TMZs Gründer Harvey Levin habe TMZ wie einen Geheimdienst organisiert, so Nicholas Schmidle für The New Yorker. In „The Digital Dirt“ gibt der Journalist tiefe Einblicke in eine Firma, die beste Kontakte zur Polizei pflegt, offenbar auch schon Justin Bieber mit Videos erpresst haben soll und den Terminus Skrupel scheinbar nur aus dem Fremdwörterbuch kennt.
„TMZ resembles an intelligence agency as much as a news organization, and it has turned its domain, Los Angeles, into a city of stool pigeons. “
The Digital Dirt – How TMZ gets the videos and photos that celebrities want to hide
Oral History: Kendrick und Co über „To Pimp A Butterfly“
Fünf Grammys durfte Kendrick Lamar mit nach Hause nehmen, in elf Kategorien war er nominiert. Dass er letztendlich nur in den Rap-spezifischen Kategorien absahnte, ist fast schon schade, denn „To Pimp A Butterfly“ hätte durchaus auch den Titel „Album of the Year“ verdient. Im Medium-Magazin Cuepoint hat der Künstler im Vorhinein der Grammys über die Entstehung seines Meisterwerks gesprochen. Allerdings nicht allein: Auch Co-Produzenten (Sounwave, Thundercat), Feature-Gäste und andere am Schaffensprozess Beteiligte kommen zu Wort und erzählen was den einzelnen Songs eigentlich zugrunde liegt. Und was Kendrick schließlich daraus gemacht hat.
„MixedByAli: ‚[Lamar] has an index in his head of everyone’s voice and when he hears something that fits, he knows. He sees music as colors. Every song is like putting together a rainbow.‘“