Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.
Trockene Rockstars
Das Leben als Musiker und Popstar geht oft einher mit Alkohol, Drogen, Abstürzen und oft auch mit einem viel zu frühen Tod. Klischees, selbsterfüllende Prophezeiungen, notwendiges Übel? In dieser umfangreichen Geschichte lässt der Autor Chris Heath diverse Musiker zu Wort kommen, die seit einiger Zeit offiziell trocken sind. Steven Tyler von Aerosmith, Zachary Cole Smith von DIIV, die französische Künstlerin Soko, Ben Harper und viele mehr erzählen hier ihre Geschichte. Musiker unterschiedlichster Generationen im Alter von 23-71. Welche Rolle spielt die Abstinenz im kreativen Prozess? Wie einfach ist das Leben als trockener Rockstar? Wie kriegt man überhaupt die Kurve, bevor es zu spät ist?
„This is not an article telling anyone how to live; this is not an article advocating the wisdom or foolishness of different paths. It is simply an article in which a diverse group of creative people articulate how their own lives veered off course, and about some of the ways they each found to correct that, and about what they believe they have learned about themselves and about living in the process.“
Letzte Worte
Die berühmten „letzten Worte“ eines Menschen bieten seit jeher guten Stoff für fiktionalen Content. In Büchern, Filmen/Serien sorgen sie für die finale Versöhnung, den ultimativen Plottwist durch unumkehrbar Ausgeplappertes oder den letzten Wunsch, der zur Pflicht des Gegenüber wird, die Schuld sonst ewig währt. Echte „letzte Worte“ sind in aller Regel andere. Versatzstücke aus verbaler und non-verbaler Kommunikation, beeinflusst von Medikamenten, zum Teil wirr, auch traurig. Um diese letzten Worte geht's hier beim Atlantic.
„MacDonald found that military men had the “relatively highest number of requests, directions, or admonitions,” while philosophers (who included mathematicians and educators) had the most “questions, answers, and exclamations.” The religious and royalty used the most words to express contentment or discontentment, while the artists and scientists used the fewest.“
Verjährt
Diverse umfangreiche Features gab es in den vergangenen Jahren zum Falle des Brandes im Werk von Ali Enterprises in Pakistan bei dem 2011 258 Arbeiter*innen starben. Das mediale Interesse in Deutschland war ungewöhnlich groß, denn: Einer der Hauptabnehmer des Textilfabrikanten ist der deutsche Bekleidungsdiscounter KiK. Vier Hinterbliebene klagten am Landgericht Dortmund. Würde es ein Präzedenzfall werden? Kann ein Auftraggeber für die Katastrophe (die bei vorhandenen Fluchtwegen und Rettungsplänen keine hätte werden müssen) mitverantwortlich gemacht werden? Das Urteil fiel dieser Tage: Nein. Das Gericht folgte der Argumentation, dass der Fall – nach pakistanischem Recht – verjährt sei. Es bleibt also alles beim Alten, so das Fazit des Lower Class Magazine. Was können die Verbraucher tun? Kleidung clever kaufen, aber eben richtig clever, und nicht unter lebensbedrohlichen Bedingungen produziert.
„Das Geschäftsmodell, dass die Fabriken samt Arbeiter*innen darin einstürzen oder abbrennen lässt, ist – wenn schon nicht im juristischen, dann zumindest im umgangssprachlichen Wortsinn – mörderisch. Denn wie soll man jemanden nennen, der um Geld zu scheffeln, abertausende Menschen in ungesicherte Drecklöcher mit einem Haufen Chemikalien zusammen einsperren lässt, die dann eben irgendwann abbrennen oder zusammenbrechen, wenn nicht Mörder?“
Neues Deutschland
Anne Fromm – Medienredakteurin bei der taz – arbeitet in einem informativen Text die desaströse finanzielle Lage des ehemaligen Zentralorgans der SED auf. 100 Menschen arbeiten aktuell noch beim nd, die Zukunft der linken Tageszeitung ist ungewisser denn je. Die klassische Leserschaft ist überaltert, neue Abonnenten kommen nicht ausreichend nach. Dazu scheint Die Linke – faktisch Eigentümerin der Zeitung – unentschlossen zu sein darüber, wie es mit dem Medium weitergehen soll. Die Immobilie um die Ecke vom Berghain ist attraktiv und viel wert – der Redaktion wird geraten, sich neu aufzustellen: weitere Kredite soll es nicht geben.
„Was ist es der Linkspartei wert, ihrem Selbstverständnis als Kämpferin für Arbeitnehmer gerecht zu werden?“