Wochenend-WalkmanDiesmal mit Lifafa, Lara Sarkissian und der neuen Compilation von Scissor and Thread

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Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Brandneu, wieder entdeckt oder aus der Geschichtskiste ausgebuddelt. Heute mit Lifafa, Lara Sarkissian und der neuen Compilation von Scissor and Thread.

Lifafa Jaago Cover

Lifafa – Jaago

Ji-Hun: Auch wenn die indische Unterhaltungsindustrie als eine der größten der Welt gilt, so wirklich rüber kommt dann doch allzu wenig. Man kennt hier und da einen Bollywood-Blockbuster. Aber sonst gilt, zumindest was Popkultur anbetrifft, Indien in der hiesigen Ansicht gerne als Entwicklungsland. Einer meiner Vorsätze war für dieses Jahr, musikalisch bewusster meine Komfortzonen zu verlassen. Ob das nun gelingt, sei dahin gestellt. Hat ja auch Gründe, wieso man sich im Laufe der Jahrzehnte für bestimmte Musiken entschieden hat und für andere wiederum nicht. So läuft nun dieses Wochenende das Album „Jaago“ des indischen Musikers Lifafa aka Suryakant Sawhney bei mir. Sawhney ist Frontmann der offenbar legendären Band Peter Cat Recording Co. Auf seinem Soloalbum treffen profundes Sampling und deepe Synthesizer auf Jazz, Dancefloor, Pop, Indie und natürlich auch frühe Bollywood-Sounds. Das klingt wie ein furchtbarer Mainstream-Gemischtwarenladen. Aber gebt dieser Platte eine Chance. Sawhney beweist sich als ausgezeichneter Musiker mit einer tollen Stimme, der die Grenzen des Zuviel sehr gut kennt. Monierer sagen nun, das sei ja ohnehin bereits total „verwestlichte“ Musik und hätte mit Indien nichts zu tun. Aber lasst die Leute reden. Ich höre lieber zu und finde die Geschichte hier weitaus spannender als beim neuen James-Blake-Album. Auch ohne Indisch-Kenntnisse.

Lara Sarkissian Disruption Walkman Cover

Lara Sarkissian – Disruption

Benedikt: Lara Sarkissian, die man wohl besser als FOOZOOL an den Decks zu kennen scheint, debütiert mit dieser EP auf dem von ihr mitgegründetetn Label Club Chai. Club Chai ist eigentlich eine Partyreihe aus Oakland. Aber Partyreihe, Club und Label – das kann man ja heutzutage als weitestgehend kongruent bezeichnen. Im letzten Jahr erschien dort bereits die EP „EUCALYPTUS“ von 8ULENTINA, die ich als schwieriges, aber dennoch ziemlich spannendes Konstrukt elektronischer, beatfokussierter Musik empfand. Zumindest der Track „Mint T“ lief damals bei mir in Dauerschleife. „Disruption“ kommt deutlich einfacher daher, aber nicht weniger spannend. Rhythmische Variationen; Beats die kräftig durch den dichten, sie umgebenden Nebel drücken; Samples, die dem (nah- und mittel-)östlichen Teil der Weltkarte entstammen. Trotz der schweren Percussion liegt die Faszination der fünf Tracks auf einer seltsam ambienten Ebene und den wenigen Mitteln, die der Komposition gereichen. Kann man nochmal hören.

WWalkman-19012019-Scissor-Thread

V/A – Scissor and Thread presents Tailored Cuts Vol​.​3

Thaddeus: Seit der EP-Trilogie „You Go Girl“ bin ich Fan von Francis Harris und seinem Label Scissor and Thread. Mit der neuen Compilation blickt er auf das zurück, was 2018 so ging auf dem Imprint aus New York. Dabei entspinnt sich ein wunderbarer Bogen aus eher ambient wirkenden Versatzstücken, die ab und an auch mit dem Slow-House-Sound kuscheln, der auch heutzutage auf den Dancefloors nicht immer nicht für den dringend erforderlichen Durchzug sorgt. Schade! Denn der Ansatz, den Harris hier als alles vereinendes Mantra auszugeben scheint, hat das Potenzial, wirklich und wahrhaftig Dinge voranzubringen. Und das, obwohl hier nichts neu erfunden wird. Hier wird vielmehr eine Tradition wiederbelebt, die es schon immer gab, dabei jedoch kontinuierlich unter dem Radar der medialen Aufmerksamkeit unterwegs war. Mich persönlich erinnert diese Herangehensweise an Musik streckenweise an die episch-leisen Alben auf Move Ds Source Records – aus einer Zeit also, in der Grenzen einfach noch nicht existierten und Producer als holistische Wesen unterwegs waren, die sich mal so, mal so ausprobierten und verwirklichten. Bei aller Daddeligkeit und verjazztem Expressionismus schimmert hier der Wille, Dinge anders machen zu wollen, vielleicht sogar machen zu müssen, kristallklar und hell.

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