„Wir wollen die technosexuelle Befreiung!“DJ Alexandr vom queeren Budapester Party-Kollektiv OMOH im Interview
6.11.2019 • Gesellschaft – Interview: Julia BoxlerDie Kahlschlagpolitik der Regierung Orban hinterlässt mehr und mehr klaffende Löcher in der ungarischen Gesellschaft. Ob Bildung, Medien oder Kultur: Der Rückbau der Vielfalt und des demokratischen Selbstverständnisses der Toleranz und Akzeptanz ist unbedingt zu verurteilen. Die Folgen sind natürlich auch in der Musik-Szene zu spüren – vor allem dort, wo es nicht um Mainstream und die Bespaßung von Touristen geht. Die Räume werden enger im Underground. Aufgegeben wird hingegen nicht. Im Gegenteil: Julia Boxler war für Das Filter in Budapest und hat sich in der queeren Community umgeschaut und -gehört. Beim Party-Kollektiv OMOH wird bedacht und strategisch agiert.
Eine Budapester Party-Crew, die sich in der internationalen Gay-Community mittlerweile einen festen Platz gesichert hat, benennt sich ausgerechnet nach dem berüchtigten russischen Sondereinsatzkommandos OMOH. Die Spezialeinheit ist für ihr brutales Durchgreifen bei den LGBTQ-Demonstrationen in Russland bekannt geworden. Und ebenso für das geradezu irrwitzige Spiegelbild, das entsteht, wenn OMOH-Einsatzkräfte vor einer Glasscheibe stehen. Zwei Menschen bilden das Zentrum des Budapester OMOH: Alexandra und Peter. Wie für so viele andere Crews auch, ob in Kiew, Moskau, Ljubljana oder Warschau, kommt ihr Ansporn und die Energie aus der lebendigen Szene Berlins, von Communitys wie Buttons (früher Homopatik) oder dem Lecken Kollektiv.
Einst war die Identität der OMOH-Organisatoren geheimnisumwoben, heute sind Alexandra und Peter mit ihrer queeren Partyreihe aus der Budapester Clubszene nicht mehr wegzudenken. „Wir wollen die technosexuelle Befreiung!“ lautete der Slogan einer ihrer letzten Veranstaltungen. Sie finden mittlerweile fast ohne Ausnahme im Club Lärm statt, einem kompakten schwarzen Kubus, der mitten in der Touri-Partymeile voller grölender Junggesellenabschieds-Kolonnen eher wie ein UFO aussieht, das am falschen Platz gelandet ist. Das ist irgendwie passend. Denn wer sich hier in Budapest, wo gleich nebenan die Massen zu den White Stripes tanzen, am Türsteher vorbei ins Lärm verläuft, wähnt sich sowieso auf einem anderen Planeten.
Alexandra aka DJ Alexandr entschied sich, für den Künstlernamen das letzte A wegzulassen, um ein wenig mit Geschlechtererwartungen zu spielen. In dieser Manier gibt sie sich allgemein, probiert sich aus und setzt in kleinster Crew ständig neue Ideen um, um sich und die Crowd nicht zu langweilen und die Balance zwischen Hype und Underground zu halten. So hat sich OMOH einen unanfechtbaren Namen gemacht und bereits einen neuen Spross gelegt. Alexandra kuratiert nun zusätzlich mit ihrem queeren Szenekollegen Gabor das Kollektiv Persephone. Sie bringen verspielte Diversität in die Clubs, als Alternative zum harten und männlich geprägten Berliner Technosound.
Auf dem diesjährigen Telekom Electronic Beats Festival, was alljährlich internationale Musikgrößen in die ungarische Hauptstadt holt, war der vielleicht spannendste Programmpunkt die Präsentation der lokalen Künstler*innen und Kollektive, darunter auch Persephone. Und so führt ein Gespräch mit DJ Alexandr in den heutigen queeren Underground der Stadt – mit seinen Chancen und Herausforderungen für die Clubkultur in Zeiten der Orban-Regierung.
Alexandra, erzähle doch bitte zuerst von den ganzen Projekten, die du parallel stemmst.
OMOH haben wir im Februar 2016 als eine queere Technoreihe gestartet, nachdem wir endlich einen Ort dafür gefunden hatten. Wir haben über sieben Monate Ausschau gehalten. Es gab einen alternativen Club namens Aurora, aber das war ein Punkschuppen. Da wir Technopartys machen wollten, sind wir nicht das Risiko eingegangen, unsere Klientel mit etwas zu Alternativem abzuschrecken. Im Corvin Club fand letztlich unsere monatliche Partyreihe statt. Wir haben früher darüber gescherzt, dass OMOH mittlerweile wie ein funktionierendes System oder eine Firma läuft. Es lief so lange gut, bis wir unsere Spielstätte verloren. Das Corvin wurde nach einer gefakten Drogenrazzia zur Schließung gezwungen – nun wird das Gebäude renoviert und Teil eines Shopping-Komplexes. Dann bot Lärm an, ihre eigenen Bookings wie zum Beispiel Octo Octa oder Nazira über OMOH-Partys zu hosten, da es ein guter und passender Rahmen für diese DJs wäre.
Und wie steht es um die kleine Schwester Persephone?
OMOH war mir irgendwann nicht genug, auch was das Musikalische angeht. Meistens spielen wir Techno – nicht immer nur harten Sound, es wechselt sich mit House ab. Ich habe aber auch Lust auf Disco und habe solche Tracks zwischen dem Techno immer wieder mal gespielt. Nur steht die OMOH-Crowd leider nicht besonders auf Disco. Ich fühle so viele Interessen und Ideen in mir, dass ich mich nicht beschränken möchte, deshalb wollte ich eine zweite Reihe starten, um auch andere Styles zu spielen und andere Künstler*innen einzuladen. Als ich dann Gabor im Lärm traf, der hetero und gleichzeitig Teil der queeren Community ist, hatten wir nach einer Weile das Konzept für Persephone. Es ist immer noch dabei sich zu entwickeln, um ehrlich zu sein. Es unterscheidet sich auf jeden Fall musikalisch von OMOH. Es sind wirklich zwei vollkommen verschiedene Vibes auf den Partys. Mit Persephone ist das Geschlechterverhältnis ausbalancierter. Zwar gibt es auch hier einen queeren Einschlag, aber wir stellen das nicht in den Vordergrund. Als Kuratorin der Reihen achte ich darauf, queere, aber auch Künstler*innen anderer unterrepräsentierter Communitys wie zum Beispiel trans, POC und Newcomer einzuladen. Das ist der größte Unterschied zu OMOH. Und natürlich die Tatsache, dass OMOH sehr deutlich sexualisiert ist.
Persephone gibt es erst seit einem Jahr, wir feilen immer noch an unserem Profil. Auch die Crowd wächst noch. Alles verändert sich gerade schnell. Ich war auch überrascht über die Einladung von Telekom Electronic Beats. Sie haben mir freie Hand gelassen. Da eine OMOH-Party aber schon die Woche darauf stattfindet, habe ich mich für Persephone entschieden. Für uns ist es wirklich wichtig, uns selbst nicht zu overhypen und zu viele Partys zu machen. Wir halten die Balance. Sie wollten auch, dass ich spiele. Es war komisch, sich praktisch selbst ins Programm zu kuratieren. Ich habe mich entschieden weniger bekannte DJs einzuladen, ganz nach der Persephone-Manier. Und war super glücklich, dass unser Floor sehr gut besucht war. Die Rückmeldungen waren sehr gut. Ich hätte mir nur gewünscht, dass man uns Locals nicht parallel zu Modeselektor spielen lässt. So etwas kann man in Zukunft besser lösen.
„Die neue Regierung steht nicht auf Partys.“
Warum habt ihr noch keinen eigenen Club eröffnet?
Ich glaube schon, dass jeder in der Szene irgendwann mal auch selbst einen Club eröffnen möchte. Es wurde schon oft an uns herangetragen. Manchmal ist die Zusammenarbeit mit einem Club wie eine Ehe – man streitet sich auch. Dann hat man beispielsweise Diskussionen über Geld oder darüber, dass wir einen queeren Grafiker für unsere Flyer wollen. Für uns ist es wichtig, auch bei solchen Dingen mit der Community und unseren Freunden zusammenzuarbeiten. Wir machen queere Partys und brauchen eine starke Identität, da geht es nicht nur um Musik. Das Lärm ist offen, und dafür sind wir sehr dankbar. Aber wir müssen zum Beispiel immer mal darüber aufklären, dass Bouncer nicht auf die Tanzfläche dürfen. In der Vergangenheit ist es immer wieder vorgekommen, dass sie zum Beispiel Leute mit freiem Oberkörper dazu gezwungen haben, ihr Shirt anzuziehen. Wir wollen unserer Community einen Safe Space bieten. Auch deshalb arbeiten wir bei OMOH nur mit Gästeliste.
Es ist hart, hier in Budapest heute einen Club zu eröffnen. Man bekommt kaum eine Lizenz, denn die neue Regierung steht nicht auf Partys. Die Ströme der lauten Partytouristen sind auch ein großes Problem. Seit Orban an der Macht ist, mussten viele Orte aus den verschiedensten Gründen schließen. So hart war es für die Clubszene noch nie. Manchmal unterstütze ich DJs, betreue Leute, die Partyreihen starten möchten, oder helfe beim Branding – da habe ich zum Beispiel Freunde, die schon längere Zeit verzweifelt eine Location für ihre Reihe suchen. Auch Manek, der Besitzer vom Lärm, möchte seit mehreren Monaten einen Club eröffnen. Wir hatten sogar schon Termine und Bookings mit OMOH geplant und haben diese verloren, weil es dann doch kompliziert wurde. Die Eröffnung wurde immer wieder verschoben – die Miete musste natürlich trotzdem gezahlt werden.
Also beeinflusst die Politik eure Szene?
Diese Art von Politik beeinflusst uns selbst nur indirekt. Aber klar, wir haben weniger Möglichkeiten, wenn es um Orte geht. Und immer im Lärm zu veranstalten, wird mit der Zeit natürlich auch ein bisschen langweilig. Dennoch fühlen wir zur Zeit eine Art Neugeburt, nach dem harten Schnitt, als das Corvin geschlossen worden war. Dadurch haben wir fast eine ganze Saison verloren und es kam auch zu Spannungen innerhalb der Crew.
„ Es ist schwer, Locations zu finden. Wir haben viele Orte kontaktiert und unseren queeren Ansatz erklärt. Sie sagen dann zum Beispiel „wegen der Nachbarn“ ab. Aber wenn es ein Paintball-Gelände ist: Von welchen Nachbarn sprechen wir?“
Wir waren hier auch auf einem illegalen Rave und haben gehört, dass viele Crews das Problem mit den Locations so lösen. Ist das für euch denkbar?
Ich bin an legalen Lösungen interessiert. Ich will keine illegalen Partys machen nur um des Ortes willen. Klar haben wir das auch schon ausprobiert, aber es ist nicht so einfach. Du musst viel Zeit investieren, dafür bräuchten wir zusätzliche Unterstützung. Aktuell planen wir eine halblegale Kollaboration zu Weihnachten. Ich kann hier davon erzählen, da das Interview ja nicht in einem ungarischen Medium erscheint. Es geht um das Flashback Studio in Budapest, eigentlich ein Fotostudio. Für OMOH ist der Ort zu groß, außerdem ist die Miete teuer, deshalb kooperieren wir mit einer anderen Crew und wollen zwei Berliner DJs einfliegen. Wir planen auch eine queeres Festival nach dem Vorbild des deutschen WHOLE-Festivals, von dem wir in diesem Jahr schwer beeindruckt waren. Dort hört die Musik niemals auf zu spielen; hierzulande ist spätestens um sechs Uhr morgens Schluss. Die queere community feiert bekanntermaßen exzessiver – deshalb wollen wir eine 36-Stunden-Party nur für uns organisieren. Es ist irre schwer, dafür Locations zu finden. Wir haben echt viele Orte kontaktiert und ihnen natürlich unseren queeren Ansatz erklärt. Sie sagen dann zum Beispiel „wegen der Nachbarn“ ab. Aber wenn es ein Paintball-Gelände ist: Von welchen Nachbarn sprechen wir?
Wie sehen die Herausforderungen der queeren Community in Budapest generell aus?
Mir fehlt es an queeren Orten in der Stadt. Es gibt einige Cafés, aber meist sind die für eine andere Generation. Ich bin aber auch überrascht, wie gut beispielsweise unsere neueste Kollaboration mit einer Sauna läuft. Mein Partner hat vor Kurzem nach einem Ort für eine Afterparty gesucht und jemand schlug ihm die Szauna 69 vor. Bei der ersten Veranstaltung Ende August kamen schon über 100 Menschen – das ist nicht die Regel für Budapest morgens um sechs Uhr. Es ging natürlich sehr wild zu. Das Beste ist, dass für die OMOH-Partys auch Frauen in die Sauna dürfen. Interessanterweise haben bei der zugehörigen Facebook-Veranstaltung lediglich 20 Leute zugesagt, 15 waren interessiert. Ein anderer Punkt ist nämlich, dass Leute uns zwar respektieren, sich nicht selten aber davor scheuen, uns auf den Sozialen Medien wie zu liken. Sie wollen nicht mit schwulen Partys in Verbindung gebracht werden. Manchen fällt es leichter, Persephone zu liken, während es ihnen bei OMOH zu deutlich um Sex geht.
Eine andere Herausforderung: Das Geschlechterverhältnis verändert sich. Bei OMOH habe ich als Frau oft die Überzahl der Männer gespürt. Selbst in Berlin sehe ich bei sehr vielen queeren Events nur Männer um mich herum. Für meine männlichen OMOH-Freunde ist es das Paradies – mir fehlt oft einfach etwas. Am 9. November machen wir zum Beispiel eine Party in Berlin, zusammen mit dem Lecken-Kollektiv. Das ist ein anderes Level, was diese Crew auf die Beine stellt. Wir sind super aufgeregt und ich denke, wir können viel von ihnen lernen. Wir sind schon ganz gut international vernetzt, vor allem in Berlin – es ist ein andauernder Prozess.
Wie viele Frauen gibt es in der Szene?
Naja, in der queeren Technoszene sind es eigentlich nur meine Partnerin Yinna (heute bei Farbwechsel), mit der ich früher als DJ-Duo ACIDWITCH unterwegs war, und ich. Deshalb wünschen wir uns schon lange einen DJ-Workshop für Frauen vor Ort, damit nicht immer dieselben spielen. Gerade können wir das alles nicht alleine stemmen.
Der Name OMOH kommt von der durch brutales Eingreifen bei Demos bekannten russischen Sonderpolizeieinheit OMOH, zu deutsch OMON). Der Name könnte nicht gewitzter gewählt sein – wie kamt ihr darauf?
Wir haben natürlich ewig nach einem Namen gesucht und darüber diskutiert. Unser dritter Partner, der mittlerweile gar nicht mehr bei OMOH dabei ist, schickte ein Meme herum, was auf diese Spiegelung anspielte. Ich habe keine Ahnung, woher er das ursprünglich hatte. Wir haben damit ein kostenloses Logo, und generell ergeben sich viele Assoziationen mit diesem Namen. So kommt auch die Militär-Thematik zustande. Wir spielen viel damit – erst hatten wir einen Flyer, nun werden wir ein Fake-Militärvideo im Lärm drehen. Wir sind da auch von der früheren Berliner Partyreihe Homopatik, heute Buttons, beeinflusst. Als wir anfingen, konnten wir das alles noch geheimhalten. Wir gaben zum Beispiel nie unsere Namen in der Presse preis. Und bei den DJs stand auch immer bloß OMOH-Crew. Der Mix, den wir zu jeder Party machen, wurde auch einfach nur unter OMOH veröffentlicht. Wir waren ja sowieso unbekannte DJs, ein Name hätte eh keinen Sinn gemacht, und ein wenig Mysterium schadet nie. Auch auf unserem letzten Poster steht neben dem Berliner Berghain-Resident Boris einfach OMOH-Crew.
OMOH hat aber mittlerweile so eine starke Identität, das könnte überall stattfinden. Mit Persephone sind wir noch mitten im Findungsprozess. Auch mit OMOH hat es lange gedauert, ehe es so rund wurde. Im nächsten Jahr feiern wir vierten Geburtstag, und ich habe das Gefühl, wir können Dinge immer noch verbessern. Beide Reihen haben etwas Besonderes.
Es ist schon interessant, wie Berlin immer noch als die ultimative Techno-Messlatte fungiert. Dabei orientiert sich doch insbesondere der Underground längst weg davon, zum Beispiel gen Osten.
Es ist kein Geheimnis, dass Berlin einen großen Einfluss auf uns hat. Mein OMOH-Partner Peter lebt in Berlin, und ich bin mittlerweile fast monatlich dort. Als eine queere Person kenne ich keinen anderen Ort, wo ich mich so frei fühlen kann. Kein Mensch interessiert sich dafür wie ich aussehe oder herumlaufe. Es ist auch die günstigste Option, um ehrlich zu sein. Ja, es ist populär geworden, aber in den letzten zwei Jahren habe ich mich jedes Mal ein Stück selbstbewusster gefühlt, wenn ich wieder in Budapest ankam. Das Lecken Kollektiv in Berlin hat eine Förderung für internationale Kollaborationen bekommen. Sie haben uns dafür ausgewählt und uns ein Budget gegeben, um 30 Leute aus unserer Crowd einzufliegen. Wir haben darauf geachtet, vor allem Frauen eine Berlinreise zu ermöglichen. Das könnte schon ein großes Ding werden, viele unserer Gäste haben gar keine Ahnung, was in Berlin passiert. Dieser Spirit, den wir hier vor Ort vertreten, ist immer noch recht undergroundig.
Es ist zum Beispiel auch so, dass das einzige offizielle Gaymagazin in Budapest uns eigentlich ignoriert. Eine Gay-Partyreihe, die eher Elektropop spielt, spricht sich nie mit uns ab, was Daten angeht und kopiert ein wenig unser Cube-Logo, wenn sie etwas in Richtung Techno organisiert. Ich denke nicht, dass gegenseitiger Respekt herrscht. Ich habe das Gefühl, dass Leute in Berlin sich in dieser Hinsicht mehr unterstützen. Es ist sicher nicht so, dass sich alle mögen, aber die Szene fühlt sich familiärer an als hier.
Aber es gibt dennoch viel Interesse für die Szene in Ungarn und Budapest.
Ja, wir bekommen natürlich sehr viel Zuspruch. Es gibt ständig Leute, die uns schreiben und nach der nächsten OMOH-Party fragen, da sie vorhaben, nach Budapest zu fahren. Wir werden immer bekannter im globalen Netzwerk der queeren Kollektive. Ich bekomme mittlerweile sehr viele Angebote von Bookern für OMOH und Persephone – ich wünschte, es gäbe so viele Partys, wie DJs bei uns spielen wollen. Ich muss ihnen leider immer das Gleiche antworten: dass wir momentan keine Kapazitäten haben. Das Lärm ist mittlerweile fast schon zu klein geworden für die Crowd, aber momentan gibt es keine Alternativen.
Die Wahrheit ist auch, dass selbst ich persönlich kaum von den Partys und dem Auflegen leben kann. Ich habe meinen Vollzeitjob aufgegeben, um mehr Zeit für die Organisation zu haben, aber es ist sehr schwer, eine Teilzeitstelle zu finden. Ich möchte nicht über Zahlen reden – das zieht mich runter. Aber ich glaube, wir sind an dem Punkt, wo sich mit der Popularität auch etwas anderes ändern muss. Wahrscheinlich brauchen wir ein größeres Team und eine Art Büro für alle Organisation. Das Auftreten soll für die Partyreihen und auch für unser Label professionalisiert werden. Wie gesagt, das meiste macht man hier im Alleingang, und dazu sind wir noch super pedantisch, was die Details angeht, – ob es nun die Texte auf den Postern sind oder die Mixe, die vor den Veranstaltungen online gehen.
Gibt es offizielle Anlaufstellen, Beauftragte oder Ähnliches für die queere Community in der Stadt?
Ich weiß von keiner offiziellen Stelle.
Könntest du dir vorstellen, selbst in dieser Richtung aktiv zu werden, gar in die Politik zu gehen oder zumindest Lobbyarbeit zu machen?
Ich habe noch nie von einer queeren Lobby in Budapest gehört und bin mir auch nicht sicher, ob das hier so funktionieren würde. Ich bin auf jeden Fall offen dafür, andere zu motivieren und zu unterstützen. Das einzige, was ich persönlich tun kann, ist, meine Erfahrungen weiterzugeben. Die ersten Schritte hierzulande sind aber viel simpler: Einfach mehr aufeinander hören und sich gegenseitig respektieren.