Wochenend-WalkmanDiesmal mit Lanterns on the Lake, Eris Drew und All Times Now Nothing

WWalkman-22022020-lede-gif

Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit: Lanterns on the Lake, Eris Drew und All Times Now Nothing

Lanterns on the Lake Spook the Herd Cover

Lanterns on the Lake – Spook The Herd

Ji-Hun: „Spook the Herd“ ist das vierte Studio-Album der englischen Band Lanterns on the Lake aus Newcastle. Die fünfköpfige Band bestehend aus Hazel Wilde, Paul Gregory, Oliver Ketteringham, Bob Allan und Angela Chan hat seit dem Debüt „Gracious Tide, Take Me Home“ von 2011 eine erstaunliche Entwicklung absolviert. Anfangs noch verhallt-verhalten, dezent, dream-poppig und Lo-Fi, wirkt „Spook The Herd“ kräftig, stolz und souverän. Es gibt ja immer wieder diesen Sweet Spot zwischen Indie- und großem Pop-Album, der aber nur selten und treffsicher gelandet wird. The National haben das eine Zeit lang sehr gut hinbekommen. Auch Coldplay zu ihren Anfangstagen. Zuletzt waren Big Thief so eine Erleuchtung. „Spook the Herd“ würde ich in diese Kategorie mit aufnehmen wollen. Ein zurückhaltendes und zugleich schönes Meisterwerk.

Eris Drew Fluis of Emotion Walkman Cover

Eris Drew – Fluids of Emotion

Benedikt: Wo Eris Drew ist, ist Octo Octa meist nicht weit. Die beiden haben sich in den letzten Jahren einen Ruf als begnadetstes DJ-Duo bzw. Couple in der Booth erspielt. Was kein Wunder ist. Ihr Esprit ist einzigartig und wenn sie spielen scheint die Innigkeit der beiden auch auf das Publikum überzuspringen. Räumliche wie zwischenmenschliche Distanzen lösen sich auf in jeder Menge Love, Schweiß und Tränen. Vielleicht gelingt das den beiden auch so gut, weil genau jene, nur in diesem Dancefloor-Kontext realwerdende Art der kollektiven Unbefangenheit eine so große Rolle für die Identitäts- und Zusammenfindung der beiden gespielt hat. Während Octo Octa letztes Jahr bereits ihr drittes Album veröffentlichte, legt Eris Drew nach einer Split EP nun ihre Debüt-EP „Fluids of Emotion“ vor. Drei Tracks, die richtig platziert, jede Tanzfläche zu Tränen rühren dürften – zu „Tears of Joy“ natürlich, wie es der Titeltrack auch konkret ausspricht. In „Transcendental Access Point“ überrascht ein Spoken-Word-Mittelteil, in dem Ethnobotanikerin Kathleen Harris 1975 auf DMT von tanzenden Tönen erzählt. Doch mein persönliches Highlight ist der Platte ist zweifellos die B-Seite „So Much Love to Give“: hölzern und schmächtig die Drum-Patterns, hochtreibend der Synth, raumfüllend die Vocal-Einlage. Es braucht manchmal nur wenig, um ganz viel zu geben. Eine selten tolle Dancefloor-EP, die bereits unzählige Runden gedreht hat und trotzdem noch lange nicht ausgefeiert ist.

All Times Now Nothing Artwork

All Times Now Nothing – Tears Voyuer

Thaddeus: Mit Musik, in der Sprach-Samples eine tragende Rolle spielen, bekommt man mich ja eigentlich immer. Bei All Times Now Nothing – das sind Alfred Brooks und Cliona Ni Laoi – ist das genauso; positiv hinzu kommt die Tatsache, dass der Begriff der Musik hier sehr breit gefasst ist und sich das Album auch als Klangkunst verkaufen ließe, deren finale Form niemals geklärt werden kann, vielleicht sogar nicht mal darf. Digital gibt es 14 Tracks. Auf Vinyl sind es zwei – zwei Kollagen, die aus den 14 Tracks zusammengesetzt sind. Wie das dann klingt, kann ich nicht überprüfen. Ist mir aber auch egal, denn das digitale Material ist kurzweilig genug, den groß angelegten Spannungsbogen braucht es gar nicht. Ich habe mich noch nicht entscheiden, ob das hier wirklich genial ist oder schlicht und einfach random genug, um mich eine Weile bei der Stange zu halten. Von TV-Werbung bis Spielfilm hat das Duo ein paar tolle Absurditäten in den Sampler geladen und lässt diese Snippets genau so stehen – und baut Tracks drumherum. Die klingen mal freundlich und eher ambient, mal vielschichtig-unentschlossen. Ahnungslose Schubladenfreunde nennen das wohl „experimental“, aber wir wissen ja alle, dass es dieses Genre gar nicht gibt. Je länger das alles so läuft, desto besser finde ich es. Es will mir nicht wehtun, aber mir auch nicht zu nahe kommen. Und mit ordentlich Abstand schimmert das herrlich bunt. Nur der letzte Track ist nicht gut.

Berlinale 2020Der tägliche Festivalblog der Filmredaktion

Leseliste 23. Februar 2020 – andere Medien, andere ThemenTonträger, Wikipedia, Kanake und Therapie per App