„Vielleicht ist das der nächste Schritt“Felix K und Ena über das Soundsystem 4DSOUND im Berliner „Monom“

Monom - lede - alt

Felix K ist DJ, Produzent, Labelbetreiber von Hidden Hawaii und hat dort auch schon gemeinsam mit Ena veröffentlicht. Yu Asaeda stammt aus Tokio, ist DJ und hat unter anderem auf 7even Recordings veröffentlicht.

Auf dem Gelände des Berliner Funkhaus ist seit ein paar Monaten ein ungewöhnliches Soundsystem: das 4DSOUND. Hier können bis zu 400 Menschen Klang und Musik auf neue und immersive Art hören, spüren und darin abtauchen. 48 360°-Lautsprecher lassen Stereo alt aussehen. Surround-Sound war gestern. Musik wandert im Monom von vorn nach hinten, von unten nach oben und wieder zurück. Möglich wird das alles mit spezieller Software. Das Prinzip ist einfach: Musiker können ein paar Tage proben und mit dem System experimentieren, bevor dann die Komposition vor Publikum aufgeführt wird. Das ist eine Herausforderung für alle Beteiligten – Künstler wie Publikum. Aktuell haben Felix K und Ena eine der Residencies ergattert. Das Filter hat die beiden während der Vorbereitungen besucht.

Ein Konzert in 4D. Was fasziniert euch daran?
Felix K: Für mich ist es tatsächlich eine direkte Auseinandersetzung und Erforschung eines möglichen nächsten Schritts. Es gibt Mono. Es gibt Stereo. Wenn man Musik konsumiert, gibt es immer einen Gegensatz zwischen dem Produkt, also der Musik, und einem selbst. Aber eigentlich umgibt uns Sound doch, kommt von allen Seiten. Mit einem System wie hier im Monom kann ich tatsächlich Teil der Musik sein. Ich kann bestimmen, wo welche Sounds platziert werden. Ich kann auch entscheiden, wo ich stehe und so Dinge immer wieder neu hören. Als ich mit dem Musikmachen angefangen habe, hätte ich mir nie träumen lassen, dass ich dazu mal die Gelegenheit haben würde. Es geht nicht mehr ausschließlich um Sounds und Sequenzen. Plötzlich spielt der Raum eine viel größere Rolle.
Ena: Es ist doch interessant, wie wenig da in der Vergangenheit passiert ist. Beim Thema Visuals wird konsequent experimentiert, bei der Musik war das bislang eher nicht so. Felix und ich kommen ja beide vom Drum and Bass. Da haben die Sound Systeme schon immer eine große Rolle gespielt. Es geht um Bass und seine schiere Kraft. Auf einem 4D-System kann man genau diesen Frequenzen neues Leben einhauchen, sie lebendiger werden lassen. Dadurch lassen sich deutlich komplexere Figuren umsetzen, die auf zwei Kanälen einfach nicht funktionieren.

So ein System zu bespielen, ist sehr aufwendig und erfordert umfangreiche Vorbereitung. Schätzt das Publikum das wert?
Felix K: Wissen wir noch nicht! Die Vorbereitung ist aber gerechtfertigt. Neue Technologien erfordern immer eine Auseinandersetzung, der Lernprozess ist wichtig. Und war für mich auch wirklich unerlässlich. Wir proben hier schon seit ein paar Tagen, die Möglichkeiten sind so komplex, dass jede Minute zählt. Hier sind immer Techniker vor Ort, die den Musikern helfen. Ohne die würde es nicht funktionieren.

Wie funktioniert das System denn überhaupt?
Felix K: Wir arrangieren in Ableton, die Verräumlichung passiert mit anderer Software, verknüpft mit Max4Live. Das PlugIn bietet unfassbar viele Möglichkeiten. Mit den einfacheren davon kann das Panning bestimmt werden: Wo soll der Sound im Raum platziert werden. Soll er dort bleiben oder sich bewegen. Wenn ja, von wo nach wo und in welcher Geschwindigkeit. Das ist aber nur der Anfang, man kann da deutlich tiefer einsteigen, Klangwellen erzeugen, die von vorne nach hinten rollen, nach oben streben und dann wieder abwärts. Wir haben uns aber für einen eher musikalischen Ansatz entschieden. Das bedeutet, dass wir eher auf die Komposition fokussieren und dabei das System zwar nutzen, aber nicht ausreizen. Wir haben neulich darüber gesprochen, was für einen Effekt es haben muss, auf so einem System ein Computerspiel zu spielen.

Monom 02
Monom 03
Monom Interface

So verteilt sich der Klang im Raum: Ein Blick auf das Software-Interface von Monom.

Mit diesem immersiven Klang wird aktuell vermehrt experimentiert. Das führt zu einer gewissen Eventisierung von Musik. Man schneidet ein Stück auf ein Soundsystem zu, führt es auf, danach lässt es sich nicht mehr reproduzieren. Es gab eine Zeit, da war es vollkommen okay, in den Club zu gehen oder sich ein Konzert anzuschauen. Heute, so ist mein Gefühl, muss es mehr sein. Was ist da los?
Ena: Ich weiß, was du meinst. Und kenne viele Musiker, die genau deshalb da nicht mitmachen. Ich denke, das hat vor allem mit dem Marketing dahinter zu tun – alles ist eine Premiere heutzutage. Ich kann darüber hinwegsehen und will das ausprobieren. Mich interessiert das.
Felix K: Dieser Überbau interessiert mich auch nicht. Mir geht es da wie Ena, ich will die technischen Möglichkeiten kennenlernen. Vielleicht ist das, was hier im Monom passiert und möglich wird, ja wirklich der nächste Schritt. Und da so früh dabei sein zu können und zu dürfen, ist eine Chance.

Die Aufführungen, die ich bislang im Monom gesehen habe, waren musikalisch zwar durchaus unterschiedlich, verband aber auch etwas sehr Ernsthaftes, Dunkles, vielleicht sogar Angestrengtes.
Ena: Das ist der Zeitgeist gerade, oder? Ich hoffe auch, dass unsere Konzerte schon anders sein werden. Dieses Intensive und ein an den Industrial anknüpfender Sound ist für viele doch einfach nur einen Flucht aus dem Techno. Mir persönlich ist das ein bisschen zu einfach gedacht.
Felix K: Ist das die alte Widerstands-Metapher? Oder nehmen sich alle einfach zu ernst? Ich bin davon überzeugt, dass die meisten Musiker mit so einem System wie Monom vor allem ganz viel Spaß haben. Vielleicht wird das vom Publikum auch einfach nur falsch wahrgenommen. Und um diese Wahrnehmung geht es ja bei der Kunst, sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung. Und wenn man dann da im Dunklen steht und sich fragend am Kopf kratzt zu Beginn, dann entwickelt sich diese Ernsthaftigkeit. Das ist ja in der Philharmonie auch nicht anders. Da ist man ruhig, es gibt Regeln, alles ist sehr ernst. Obwohl da die Musik in der Regel ja alles andere als dark ist.

Monom gif

Ihr wollt das System nicht bis an seine Grenzen bringen.
Felix K: Es soll irgendwie geheimnisvoll werden. Aber vor allem nachvollziehbar.
Ena: Ich bin in der Vergangenheit mit einer „normalen“ Stereo-PA immer wieder an meine Grenzen gestoßen. Anders gesagt: Bestimmte Details kommen einfach auf so einer Anlage nicht zur Geltung, was nicht unbedingt mit der Beschränkung auf zwei Kanäle zu tun haben muss. Hier lassen sich solche komplexen Sounds ganz einfach auf den Raum applizieren.

Also kannst du hier hoffentlich Sounds zum ersten Mal so hören, wie du sie dir vorstellst?
Ena: Vielleicht. Ich erinnere mich an einen Gig vor ein paar Jahren, bei dem keine Club-PA installiert war, sondern einfach eine extrem gute HiFi-Anlage. Das war unfassbar gut. Ich hoffe, dass es in 4D hier bei Monom noch besser wird.

Felix K und Ena spielen am 12. und 13. April, jeweils um 21 Uhr, bei Monom.

Monom 05

Gute KartenWas, wenn eine Atombombe vor deiner Haustür explodiert?

„Unsere Welt braucht eine Atempause“Goldmund – Der Mann am Klavier im Interview