Lange Beine und Haare im Wind„Knight of Cups“: Sinnsuche in Hollywood
9.2.2015 • Film – Text: Tim SchenklTerrence Malick gilt als Meister der perfekten Bilder. Doch wo in der Vergangenheit immer eine gewisse Traurigkeit und Melancholie mitschwang, herrscht bei KoC einfach nur absolute Schönheit.
Terrence Malick hat das Schöne immer schon auch im Schrecklichen gesucht. Beginnend mit seinem ersten Film Badlands, in dem Kit (Martin Sheen) und Holly (Sissy Spacek) auf ihrem mörderischen Trip durch South Dakota Augenblicke voller Romantik und jugendlichem Freiheitsdrang verleben, über The Thin Red Line, in dem die Grausamkeit des Krieges im Kontrast zu der transzendenten Ausschließlichkeit der Natur steht, bis hin zu The New World, in dem Malick vor dem Hintergrund des grauenhaften Völkermords an den amerikanischen Ureinwohnern Momente voller Poesie, Liebe und überwältigender Schönheit findet.
In Knight of Cups begibt sich Malick nun wieder auf die Suche, diesmal in Hollywood. Der Comedy-Autor Rick (Christian Bale) steckt in einer Lebens- und Sinnkrise. Einer seiner Brüder hat vor einiger Zeit Selbstmord begangen, sein anderer Bruder Barry (Wes Bentley) gibt an, schon lange nichts mehr zu fühlen, mit ihrem Vater Joseph (Brian Dennehy) sind die Brüder zerstritten, und von seiner Frau Nancy (Cate Blanchett) lebt Rick getrennt. Zuflucht findet er bei diversen Frauen: Models, Stripperinnen und Prostituierten. Sie tauchen auf, begleiten ihn kurzzeitig, sind dann wieder verschwunden und schon bald ersetzt. Es ist eine schnelllebige und oberflächliche Welt, in der Rick sich bewegt. Es wird viel gefeiert, der Alkohol fließt in Strömen und Sex scheint allgegenwärtig.
Nie waren die Bilder nur schön
Malicks Bilder waren schon immer von den Bildkader sprengender Schönheit und erhabener Größe, doch ihnen wohnte auch eine hinterfragende, zweifelnde Schwermütigkeit bei. Nie waren sie nur schön. Das ist diesmal anders. Liegt es nur daran, dass Malick und sein Kameramann Emmanuel Lubezki, der ohne Zweifel zu den talentiertesten Bildgestaltern seiner Generation gehört, nicht mehr ausschließlich auf Film, sondern auch mit digitalen Kameras gedreht haben?
In Ricks Welt haben alle Frauen lange Beine und wehendes Haar. Figuren mit schwarzer Hautfarbe gibt es nur in Form eines Zuhälters und zwei stark körperlich beeinträchtigten Patienten in einem Krankenhaus. Doch Malicks Bilder scheint dies nicht zu stören. Dafür sind sie einfach viel zu schön. In einer Szene, die wohl Ricks innere Leere ausdrücken soll, bewegt sich der Protagonist durch eine verlassene Studiokulisse. Doch diese Leere überträgt sich auf einer affektiven Ebene eben nicht auf den Zuschauer, denn wie der gesamte Film sieht auch diese Sequenz einfach viel zu gut aus. Form und Inhalt bilden bei Knight of Cups keine Einheit. Malick affimiert Ricks Welt zwar nicht, er setzt ihr aber auch nichts entgegen. Keine Form von Widerständigkeit ist existent. Und so scheint es, als habe sich der amerikanische Regisseur bei seiner Suche nach Schönheit genau wie der Protagonist Rick in der glitzernden, oberflächlichen, rassistischen und sexistischen Welt Hollywoods verloren.
Knight of Cups, USA 2014
Regie: Terrence Malick