Der Berlinale Wettbewerb hat sein erstes Highlight. Jafar Panahi fährt Taxi in Teheran.
Martin Scorsese schickte Robert De Niro als Taxi Driver durchs nächtliche New York, Jim Jarmusch ließ in seinem Taxi-Episodenfilm Night on Earth gleich fünf international bekannte Schauspieler hinters Steuer, und Michael Mann machte in Collateral Jamie Foxx zum Mr. Cab Driver. In Jafar Panahis Taxi fährt der Chef noch selbst. Der iranische Regisseur, der weiterhin mit einem Ausreiseverbot belegt ist und daher seinen Film auch dieses Jahr wieder nicht persönlich in Berlin präsentieren kann, spielt also in seinem neuen Film einen Taxifahrer. Eigentlich spielt er jedoch in erster Linie sich selbst hinter dem Steuer eines Taxis, was die ganze Sache kompliziert, aber gerade interessant macht.
Der Film beginnt mit einer frontal aus der Frontscheibe gefilmten Fahrt durch die belebten Straßen Teherans, dann schwenkt die Kamera ruckelig in den hinteren Teil des Taxis. Dort wird der Zuschauer Zeuge eines Streitgesprächs über Schuld und Sühne zwischen einem weiblichen und einem männlichen Fahrgast: Der Mann fordert die Todesstrafe für Reifendiebe, während die Frau, eine Lehrerin, einen deutlich weniger blutrünstige Position bezieht. Irgendwann kommt dann auch Jafar Panahi ins Bild. Warum er das Taxi steuert, erfährt man nicht. Es wird jedoch schnell deutlich, dass er für den Beruf nicht gemacht zu sein scheint.
Everyone is a filmmaker
Taxi ist jedoch kein Film über die professionelle Personenbeförderung, sondern vor allem eine Auseinandersetzung mit dem Filmemachen. Viele von Panahis Protagonisten/Fahrgästen stehen mit dem Filmgeschäft in Kontakt: Einer handelt mit illegalen Filmen aus dem Ausland und versorgt Panahi regelmäßig mit amerikanischen Komödien und europäischen Arthouse-Filmen, ein Zweiter will an die Filmhochschule, andere sind lediglich mit dem berühmten Filmschaffenden bekannt. Panahis kleine Nichte ist auch angehende Filmemacherin. Für die Schule soll sie einen Kurzfilm drehen. Eine Liste mit Verboten und Vorschriften bereitet sie auf die Arbeitsbedingungen in der iranischen Filmbranche vor.
Irgendwie ist das alles meta: Immer wieder wechselt das Videomaterial, das Kunstblut sieht aus wie Kunstblut, und der wiederholt im Bild auftauchende Schatten der Kamera verstärkt auch nicht den Illusionseffekt. Doch das ist völlig egal, denn: Hauptsache es wird gedreht! Und so bahnt sich Panahis mobiles Filmstudio unaufhaltsam seinen Weg durch die Straßen der Metropole, während sich in seinem Inneren Szenen voller Komik, Tragik und verzweifeltem Optimismus abspielen.
Taxi, Iran 2015
Regie: Jafar Panahi
Screenings während der Berlinale:
So. 15.02., 14:30 - Haus der Berliner Festspiele