Welcome To The United States Of AmericaMarion Cotillard in „The Immigrant“
6.2.2015 • Film – Text: Tim SchenklThe Immigrant wirft einen pessimistischen Blick auf das Amerika der zwanziger Jahre.
Der amerikanische Regisseur James Gray (We Own the Night, Two Lovers) ist in Deutschland leider immer noch relativ unbekannt. Sein letzter Film The Immigrant, der soeben auf DVD und Blu Ray erschienen ist, hat es hier nicht mal in die Kinos geschafft. Grays bisherige Filme könnte man als Familien-Dramen bezeichnen. Zumindest jedoch entfalten sich ihre Erzählungen vor dem Hintergrund familiärer Verstrickungen. Ewa (Marion Cotillard), die Protagonistin von The Immigrant, deren Eltern in Polen ermordet wurden, steht zu Beginn des Films im Jahre 1921 plötzlich ganz ohne Familie da. Denn ihre Schwester Magda (Angela Sarafyan) wird bei der gemeinsamen Ankunft auf Ellis Island mit Verdacht auf Tuberkulose ins Hospital eingeliefert und ihr in Amerika lebender Onkel und seine Frau wollen nichts mehr von ihr wissen, weil der jungen Katholikin vorgeworfen wird, auf der Überfahrt unmoralischen Kontakt mit Mitfahrenden gehabt zu haben. So sieht sie sich gezwungen, neue Bande zu knüpfen und gerät dabei an Bruno (Joaquin Phoenix), einen jüdischen Zuhälter und Leiter einer Varietétheater-Truppe, und dessen Cousin Emil (Jeremy Renner), der sich unter dem Pseudonym Orlando the Magican auf unterschiedlichen Kleinkunstbühnen seinen Lebensunterhalt mit Entfesselungstricks und optischen Illusionen verdient.
James Gray beginnt seinen Film mit einem Bild der Freiheitsstatue. Das Versprechen von Freiheit ist es, das Ewa die Heimat verlassen lässt. Doch Lady Liberty hält nicht, was sie verspricht. Alles ist nur Theater und Illusion. Immer wieder schaut die Protagonistin in den Spiegel, blickt insistierend durch verschmutzte Scheiben, will sich ein Bild davon machen, was mit ihr in dem fremden Land geschieht. Was sie erblickt ist nicht der amerikanische Traum, sondern ähnelt eher einer Passionsgeschichte. Sie sieht ein Land, das seine eigenen Kinder verrät und verkauft, wie Gray es in einer Szene, in der Bruno die von ihm angebotenen Damen als die Töchter großer amerikanischer Industriellen-Familien vorstellt, verdeutlicht. Auch Ewa sieht sich dazu gezwungen, sich und ihren Körper zu verkaufen, doch sie weiß auch um ihren Preis.
Keiner in der neuen Welt scheint frei von Schuld und so ist The Immigrant ein Film über das christliche Prinzip der Vergebung geworden. Gray und sein Kameramann Darius Khondji vermeiden dabei die große Geste und suchen die Wahrheit eher im Kleinen, in der Nahaufnahme, in der Verdichtung. Dabei leuchten die Bilder in Gelb- und Brauntönen, so dass Rembrandt seine wahre Freude daran gehabt hätte.
The Immigrant
USA 2013
Regie: James Gray
Drehbuch: Ric Menello und James Gray
Darsteller: Marion Cotillard, Joaquin Phoenix, Jeremy Renner, Angela Sarafyan
Kamera: Darius Khondji
Musik: Chris Spelman
jetzt auf DVD und Blu Ray